Jede Pfeife nur ein TonKürtener hat besondere Hausorgel gebaut
- Ein ungewöhnlicher Auftrag für den Kürtener Orgelbauer Josef Pothoff. Denn die Orgel wird nämlich nicht, wie ihr Modell das vermuten lassen könnte, die Besucher einer Kirche beschallen, sondern zieht in ein privates Musikzimmer in Süddeutschland ein.
- Seit einem Jahr hat er mit seinen drei Mitarbeitern an der Kirchenorgel gebaut. Nun ist sie fertig.
- Was zunächst nur ein Scherz war, wurde schnell zum handfesten Plan.
Kürten – Sein „Baby“ nimmt die halbe Werkstatt ein. Laut ist es auch. „Aber nicht zu laut, oder?“, fragt Orgelbauer Josef Pothoff, als er kurz aufhört, das große Instrument zu spielen. Seit einem Jahr hat er mit seinen drei Mitarbeitern an der Kirchenorgel gebaut. Nun ist sie fertig.
Der Auftrag sei ungewöhnlich gewesen, sagt Pothoff. Die Orgel wird nämlich nicht, wie ihr Modell das vermuten lassen könnte, die Besucher einer Kirche beschallen, sondern das Musikzimmer von Susanna Müssig-Wilczek in der Nähe von Amberg in Süddeutschland. Und es ist auch keine Orgel nach klassischer Bauart, wie sie etwa in den 1960er und 70er Jahren gebaut wurde. Die Orgel in Pothoffs Werkstatt in Kürten-Dürscheid hat einen „französisch-romantischen“ Klang. „So wurden die Orgeln im 19. Jahrhundert gebaut“, sagt der Orgelbauer.
Der Kontakt zu Müssig-Wilczek sei über eine alte Studienfreundin von ihr zustande gekommen. Müssig-Wilczek ist Kirchenmusikerin und Musiklehrerin. Sie wollte eine Orgel mit dem besonderen französisch-romantischen Klang. Die Epoche der Romantik mag sie besonders gern, sagt sie am Telefon. Warum sie sich eine Orgel ins Haus stellen will? „Wir hatten noch Platz in unserem Musikzimmer“, sagt sie und lacht. Aber eigentlich habe alles vor über zehn Jahren mit einem Scherz angefangen: Ein befreundeter Orgelbauer habe das Zimmer gesehen und gesagt: „Da passt ja wohl noch gut eine Orgel rein.“
Kennt alle Pfeifen persönlich
Aus dem Scherz wurde ein Plan. Der Freund sammelte Orgelpfeifen. „Hauptsächlich aus England“, sagt Müssig-Wilczek. „Da wurden damals viele Kirchenorgeln abgebaut.“ Doch dann konnte der Freund den Bau der Orgel nicht selbst betreuen. Wie sollte es weitergehen? Müssig-Wilczek erzählt: „Bei uns Musikern läuft alles über Mundpropaganda. Ich habe ein paar alte Kommilitonen gefragt, ob sie jemanden kennen.“ Und so hörte sie erstmals von Josef Pothoff und bald darauf auch eine Orgel, die er aufbereitet hatte.
Beim persönlichen Treffen war schnell klar: „Er wollte den Auftrag machen und wir wollten, dass er diese Orgel für uns baut.“ Pothoff, der die gesammelten Pfeifen nun auch mit verbaut hat, sagt: „Wir haben uns sehr darüber gefreut und hatten viele gute Stunden beim Bauen.“ Oliver Fischer, sein Geselle, wirft einen Blick auf das Instrument. „Wenn man so viel Zeit mit der Orgel verbringt, kennt man alle Pfeifen persönlich“, sagt er. „Jede hat ihren eigenen Ton.“
Der Kasten der Orgel ist aus Holz gebaut. Manche Pfeifen ebenfalls - „die machen wir selber“, sagt Pothoff. Andere Pfeifen bestehen aus Zinn und sind sehr empfindlich. „Da sieht man jeden Fingerabdruck drauf“, sagt Fischer. Insgesamt hat die Orgel 16 sogenannte Register. Damit ist eine Reihe von Pfeifen gemeint, die alle die gleiche Klangfarbe haben. Ein Register kostet etwa 15 000 Euro.
Schon immer Musiker
Die Kirchenorgel in Pothoffs Werkstatt besteht aus einem Pedal und zwei Manualen. Pedal heißt der Teil der Orgel, der mit den Füßen bespielt wird und die tiefen Töne erzeugt. Die beiden Manuale werden per Hand über die Tasten bedient.
Lässig sitzt Pothoff, wenig Haare, Ring im Ohr, grauer Kapuzenpulli, an der Orgel und spielt die ersten Takte eines Kirchenliedes. Der 65-Jährige kam über Umwege zum Orgelbau, hat unter anderem den Beruf des Radio- und Fernsehtechnikers gelernt, schulte aber mit 24 zum Orgelbauer um. „Musiker war ich immer schon“, sagt Pothoff, der im Orchester Saxophon spielt. Er mag alles, was gut klingt, sagt er . „Aber Orgel spielen habe ich nie so richtig gelernt“, gibt er zu. „Das bringe ich mir erst seit einem Jahr selbst bei.“
Dass es der Orgelbranche wegen der sinkenden Kirchenbesucher und zunehmender Gemeindezusammenschlüsse immer schlechter geht, erlebt Pothoff nicht. „Wir kriegen Aufträge rein. Es läuft nicht schlecht.“ Der aktuelle Auftrag habe ihn aber besonders gefreut. „Das ist die erste vollständige Orgel, die ich mit meinem eigenen Betrieb gebaut habe.“
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Nun muss sie aber wieder auseinander gebaut werden. Dann kommt der LKW und nimmt die Orgel mit nach Amberg. Nach dem Aufbau bleibt das Instrument eine Zeit lang stehen. Nach zwei Wochen fährt Pothoff noch einmal hin, um die Orgel zu stimmen. „Das war es dann.“
Müssig-Wilczek freut sich auf ihr Instrument. „Wir sind schon ganz gespannt“, sagt sie. Ob sie ihren Instrumenten Namen gibt? „Nein, aber ich denke, ich werde sie als Pothoff-Orgel bezeichnen. Klingt doch gut, oder? Er hat sie ja schließlich gebaut. “
Wie es in der Werkstatt weitergeht? Pothoff und Fischer blicken sich an. „Wir werden sehen“, sagt der Orgelbauer. Es kommen genug Aufträge rein. Er will noch viele Jahre weiter arbeiten, sagt der 65-Jährige. „Aber bitte ohne Stress.“