Rhein-Bergs künftig einzige Bundestagsabgeordnete Caroline Bosbach (CDU) über Ziele, Sorgen und den ihr nicht unbekannten Bundestag.
Rhein-BergCaroline Bosbach: „In Berlin stehen uns anstrengende Zeiten bevor“

Für Berlin hat sie im Wahlkampf „Klartext“ angekündigt: Caroline Bosbach am Tag nach der Bundestagswahl im Gespräch mit der Redaktion.
Copyright: Guido Wagner
Am Tag nach dem Wahlabend, bei dem sie zur künftig einzigen rheinisch-bergischen Bundestagsabgeordneten gewählt wurde, hatte Caroline Bosbach (35) eigentlich ausschlafen wollen. Doch sie war schon um halb sechs wieder wach. „Gewohnheit der vergangenen Wochen“, sagt die Bergisch Gladbacherin und spricht im Interview mit Guido Wagner über ihre künftige Rolle, einen möglichen neuen Wohnort und das, was sie ab Dienstag in Berlin erwarten wird.
Bislang gab es vier Bundestagsabgeordnete aus Rhein-Berg. Künftig ausschließlich noch Sie. Ist das eine besondere Herausforderung?
Das ist auch Ansporn zugleich. Ich möchte für die 287.000 Menschen im Kreis da sein, sie repräsentieren und mich ihrer Sorgen und Themen annehmen. Wir haben im Kreis große Projekte vor, die es gilt, gemeinsam umzusetzen.
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. . . als Bundestagsabgeordnete ist man aber ja auch Ansprechpartner. Und das in Ihrem Fall nun gleich für mehr als 280.000 Menschen in Rhein-Berg.
Auf den Kontakt und die Gespräche mit den Menschen im Kreis freue ich mich am meisten.

Caroline Bosbach am Abend der Bundestagswahl, bei der sie das rheinisch-bergische Direktmandat geholt hat, mit ihrem Vater Wolfgang Bosbach (links) und NRW-Innenminister Herbert Reul.
Copyright: Anton Luhr
Aber Sie sind künftig ja nicht nur die einzige Bundestagsabgeordnete aus Rhein-Berg, sondern auch neu in Berlin. Wird das nicht ein doppelte Herausforderung?
Ich habe das Glück, dass ich den parlamentarischen Betrieb von innen heraus schon kenne. Das bringt natürlich Vorteile.
Durch . . .
Nein, nicht durch meinen Papa. Ich habe selbst schon für zwei verschiedene Bundestagsabgeordnete gearbeitet. Zuletzt für den Vorsitzenden des Parlamentskreises Mittelstand (PKM) der CDU-CSU-Bundestagsfraktion, Christian von Stetten. Da habe ich die Sitzungen mit vorbereitet und kenne dementsprechend nicht nur die parlamentarischen Abläufe, sondern auch schon viele Köpfe. Das erleichtert die Arbeit natürlich enorm. Und: Ich habe lange Jahre in Berlin gelebt. Berlin ist viele Jahre mein Zuhause gewesen. Insofern kann ich umgehend in die Arbeit einsteigen, ohne mich dann noch organisatorisch oder strukturell groß finden zu müssen.
Wie ist es Ihnen gelungen, im Wahlkampf die CDU Rhein-Berg geschlossen hinter sich zu bringen? Bei Ihrer Bewerbung um die Kandidatur waren ja doch einige CDU-Mitglieder skeptisch gewesen, hatten zunächst einen anderen Bewerber unterstützt . . .
Überzeugungsarbeit gehört zur Politik dazu. Umso schöner war, dass wir eine solche Geschlossenheit gezeigt haben.

Wahlkampf war bei den Bosbachs schon immer „Familiensache“.
Copyright: Bosbach
Was haben Sie gemacht, um diese Welle der Unterstützung zu erzeugen?
Das können Außenstehende sicherlich besser beantworten als ich selbst. Ich habe nur gemerkt, dass Menschen – ob jetzt Bürger oder auch die Mitstreiter innerhalb der Partei – ein gutes Gespür dafür haben, ob jemand etwas ernst meint oder nur eine Show macht. Von Anfang an stand für mich die Ernsthaftigkeit der Sache an oberster Stelle.
Erste Bundestagsabgeordnete aus Rhein-Berg seit Gründung der Bundesrepublik
Was bedeutet es für Sie, dass Sie seit Gründung der Bundesrepublik die erste Frau sind, die Rhein-Berg im Bundestag vertritt?
Erst einmal ist das schön und ich nehme das in Demut an. Das bedeutet für mich aber auch, dass wir jetzt hart arbeiten müssen. Sicherlich musste ich da als Frau Überzeugungsarbeit leisten und auch Fragen beantworten, weil ich ja noch jung bin.
War das für Sie nachvollziehbar?
Die Fragen konnte ich von Anfang an nachvollziehen, aber die Bedenken nicht teilen. Die Menschen merken schnell: Wenn jemand etwas kann und für die Sache brennt – dann haben die Leute auch Lust mitzumachen. Das ist wie so eine kleine Flamme, die immer weitergetragen wird.

Caroline Bosbach am Wahlabend mit ihrer Familie im Kreishaus in Bergisch Gladbach.
Copyright: Anton Luhr
Ist mit dem Wahlergebnis am Sonntagabend etwas für Sie abgefallen?
Sicherlich. Das ist nach jedem Wahlkampf der Fall. Dennoch beginnt die eigentliche Arbeit erst jetzt.
Caroline Bosbach (35) kennt den Deutschen Bundestags bereits gut
Inwiefern? Weil Sie das erste Mal bei einem Wahlkampf selbst auf den Plakaten zu sehen waren?
Nein, ich habe schon mal für ein kommunalpolitisches Amt im Rheingau-Taunus-Kreis kandidiert, aber Bundestagswahl ist schon eine ganz andere Reichweite. Dadurch, ob der Kürze der Zeit, ob vielleicht auch der Temperaturen. Und ja, da bin ich sehr froh und dankbar, dass wir das trotz allem so stark durchgezogen haben.
Aber Sie sind doch seit frühester Jugend mit bei Bundespressebällen gewesen, im Fernsehen, auch allein . . .
Ja, aber das war Unterhaltung, da geht es um nichts. Und hier geht es um viel ... „Um viel“ heißt dann es geht um „viel Verantwortung“. Denn im Fernsehen haben sie ja durchaus vor einem größeren Millionenpublikum gestanden ...
Ja, aber Unterhaltung hat nichts mit dem zu tun, was ein Mandat ausmacht. Wenn man für ein öffentliches Amt kandidiert, dann muss man auch wissen, worauf man sich einlässt. Da war der Druck einfach enorm. Nichts, was ich in meinem Leben bis jetzt gemacht habe, war damit vergleichbar.
Wie Caroline Bosbach (35) in Berlin arbeiten und aktiv werden möchte
Ich kann mich nicht daran erinnern, wann es zuletzt einen solch präsenten Wahlkampf gegeben hätte.
Das kann sein. Mir war das aber aus zweierlei Gründen sehr wichtig, einen starken und präsenten Wahlkampf zu machen. Einerseits, um direkt vorab zu signalisieren: Ich mache keine halben Sachen. Bei einer Wahl ist jede Stimme ein Vertrauensvorschuss, dem ich später auch gerecht werden will. Andererseits ist es wichtig - gerade bei einer jungen Kandidatin wie bei mir - vorab zu sagen und zu zeigen, wie ich arbeite und wie ich sein möchte.
Wie möchten Sie arbeiten?
So wie ich mein Leben lang schon gearbeitet habe: Mit Engagement, Fleiß, Zuverlässigkeit.
Wie geht es dann am Dienstag los in Berlin?
Ich fliege morgens mit der ersten Maschine hin. Wir starten den Tag mit einem Jour fixe der Bundestagsabgeordneten aus dem gesamten Bergischen Land. Danach gibt es die konstituierende Landesgruppensitzung. Darauf folgt das Treffen der erstmals gewählten Mitglieder der Landesgruppe aus Nordrhein-Westfalen. Im Anschluss findet die erste Fraktionssitzung um 15 Uhr statt. Der Tag ist gut gefüllt.
Welche größte Herausforderung wartet aus Ihrer Sich in Berlin vor allem auf Sie?
Bosbach: Die Politik hat einen Vertrauensverlust erlitten, es fehlt an politischer Stabilität. Dies war auch der Hauptgrund, mein zweites Buch zu schreiben, und der Hauptgrund dafür, mir vorstellen zu können, Berufspolitikerin zu werden.

Berlin ist der ersten Bundestagsabgeordneten aus Rhein-Berg, Caroline Bosbach (35), nicht unbekannt.
Copyright: Guido Wagner
Das Thema Instabilität haben Sie ja auch schon am Wahlabend in Ihrer ersten Rede angesprochen.
Es stehen uns sehr anstrengende und herausfordernde Zeiten bevor. Wir müssen zügig zu einer stabilen Koalition zusammenfinden. Wir können uns die Verhältnisse, die wir mit der Restampel und auch davor mit der Ampel erlebt haben, nicht mehr leisten.
Was ist Ihre Wunschkonstellation?
Das wäre Schwarz-Gelb gewesen. Die FDP wäre eine Partei gewesen, die weiß, dass Wirtschaften vor Verteilen kommt.
Und was ist bei den möglichen Koalitionen die, die Ihnen am meisten zusagen würde?
Hauptsache keine Dreierkonstellation mehr!
Also Große Koalition?
Er wäre mir jetzt lieber als Schwarz-Grün, aber das ist ja auch rechnerisch gar nicht mehr möglich.
Sie haben am Wahlabend schon gesagt, Sie wollen sich auch das Vertrauen derer erarbeiten, die Ihnen Ihr Vertrauen jetzt noch nicht haben schenken können. Wie wollen Sie das machen?
Das mag vielleicht noch ein Stück mehr Arbeit bedeuten, aber das ist es mir wert. Es wäre schön, wenn die Menschen in vier Jahren zurückblicken und sagen könnten: Unsere Abgeordnete hat auch diejenigen vertreten, die ihr die Stimme nicht gegeben haben. Ich lade alle Menschen im Kreis ein, dass wir uns gemeinsam für ein besseres Leben in unserer Heimat engagieren.
Ziehen Sie jetzt wieder nach Berlin um?
Nein, meinen Lebensmittelpunkt werde ich definitiv hier in Bergisch Gladbach behalten.
Und hier wohnen Sie weiter in Asselborn, also im Elternhaus?
Ja, in einer eigenen Wohnung. Aber jetzt suche ich mir wieder etwas Eigenes. Aber ich will in Bergisch Gladbach bleiben, denn das ist meine Heimatstadt, wo ich auch sehr gerne bleiben möchte.