Corona im Rheinisch-Bergischen KreisAmtsärztin hütet sich vor Entwarnung
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Rheinisch-Bergischer Kreis – Mit Inzidenzwerten von zuletzt zwischen 20 und 30 kann sich der Rheinisch-Bergische Kreis im bundesweiten Vergleich sehen lassen. Noch weniger wäre wünschenswert. Aber die Leiterin des bergischen Gesundheitsamtes, Dr. Sabine Kieth, geht nicht davon aus: „Dass die Zahlen dauerhaft zurückgehen, ist nicht zu erwarten“, sagte sie in einer Einschätzung der Pandemie-Entwicklung in der Region.
Dass die Quote der Neuerkrankungen zurzeit relativ niedrig ist, liegt ihrer Beurteilung nach möglicherweise auch daran, dass die Welle der eingeschleppten Infektionen nach dem Ende der Sommerferien inzwischen abgeebbt ist. Zudem werde laufend, wenn auch noch nicht genug, weiter geimpft. Dies bremse die Zahl der Neuansteckungen.
Prognosen sind sehr schwer
Kieth blickt aber vorsichtig in die kältere Jahreszeit und auf die Ferien: „Das Leben wird sich mit sinkenden Außentemperaturen in Innenräume verlagern, Kontakte werden enger werden und damit die Infektionszahlen steigen. Zudem müssen wir uns auf neue Eintragungen durch Urlaubsrückkehrende nach den Herbstferien einstellen.“
Meldungen über Menschen, die sich trotz Impfung mit dem Coronavirus anstecken, sollten keineswegs zum Verzicht auf den Impfschutz verleiten, appelliert sie: „Nicht alle Infizierten erkranken auch an Covid-19. Der Unterschied zwischen Infektion und Erkrankung ist aber gerade mit Blick auf die Impfungen wichtig: Wer geimpft ist, hat einen guten Schutz gegen eine Ansteckung mit dem Coronavirus – und einen noch höheren gegen eine schwere Erkrankung.“
100-prozentiger Schutz ist Illusion
Auch in Pflegeheimen und anderen Einrichtungen habe sich gezeigt, dass Geimpfte meistens nur leichte oder gar keine Symptome aufweisen. Einen 100-prozentigen Schutz gebe es im übrigen aber nie, auch nicht bei der Impfung gegen Masern. Statistisch sei es zudem normal, dass mit steigender Impfquote auch die Zahl der infizierten Geimpften wachse: „Vereinfacht gesagt: Wären alle geimpft, betrüge der Anteil der Impfdurchbrüche an den Erkrankten 100 Prozent.“
Weil alle Infizierten jedoch potenzielle Ansteckungsherde sind, bleiben Quarantäne-Vorkehrungen und flächendeckende Tests für die bergische Gesundheitsbehörde weiterhin wichtige Instrumente der Pandemie-Bekämpfung. „Gefährdet sind vor allem die Ungeimpften“, so Kieth.
Inzidenz bleibt wichtig
Obwohl die Quote der Klinik-Patienten und die Auslastung der Intensivbetten als Indikatoren zur Lage-Bewertung hinzu gekommen seien, bleibe der Index der Sieben-Tage-Inzidenz wichtig, weil er als Frühwarnsystem ansteige, wenn „das Virus schneller und weiter in der Bevölkerung zirkuliert“. Steigt die Sieben-Tage-Hospitalisierung (also die Zahl der Infizierten pro 100.000 Einwohner, die innerhalb einer Woche in einem Krankenhaus aufgenommen wurden), sei das ein Hinweis auf eine drohende Überlastung des Gesundheitssystems.
Schwellenwerte gibt es nicht mehr, „das Gesamtbild zählt“, erläutert Kieth die Lage: „Die neue Corona-Schutzverordnung gilt bis zum 29. Oktober 2021. Dann soll das Infektionsgeschehen landesweit neu bewertet werden.“ Sorgen mache ihr die weiterhin grassierende und aggressivere Delta-Variante des Virus’: „Sie ist viel ansteckender als der Urtyp. In der aktuellen Situation, mit einer völlig unterschiedlichen Entwicklung bei Geimpften und Ungeimpften, mit geöffneten Kitas, Schulen und Freizeitangeboten unter 3G-Regelung wissen wir schlicht noch zu wenig darüber, wie sich die vierte Welle in diesem Herbst und Winter weiter entwickeln wird.“