Drei Brüder und ein vierter Angeklagter sollten in Bensberg wegen eines Überfalls in Köln-Kalk vor Gericht. Doch einer kam nicht.
Überfall in KalkBensberger Raubprozess gegen Quartett platzt wegen Kopfschmerzen

Polizei-Razzia im Brennpunkt: In Köln-Kalk sollen vier Gladbacher einen Passanten beraubt haben.
Copyright: Martina Goyert
Die Kalker Hauptstraße im rechtsrheinischen Köln hat sich zu einem heißen Pflaster entwickelt – meint jedenfalls die Polizei in der Domstadt. Und weil sie das nicht im Sinne von „angesagt“ meint, hat sie im März 2022 mehr als zwei Dutzend Videokameras in Betrieb genommen. Dagegen haben die meisten Rhein-Berger mit dem großstädtischen Viertel nicht sehr viele Berührungspunkte.
Sofern sie nicht an den Haltestellen Kalk Post der Stadtbahnlinie 1 und Trimbornstraße der S-Bahn-Haltestelle das Verkehrsmittel wechseln oder dort in einem Einkaufszentrum shoppen – oder Passanten ausrauben, wie dies vier jungen Bergisch Gladbachern vorgeworfen wird, die seit Montag vor dem Bensberger Jugendschöffengericht stehen.
Ältester Bruder meldet sich wegen Kopfschmerzen am Sonntag krank
Den Männern, drei Brüdern im Alter von 27, 25 und 21 Jahren sowie einem 24-jährigem mutmaßlichen Komplizen, wird vorgeworfen, einen Monat nach der Kamera-Installation, am Abend des 11. April, einen Kölner angegriffen und ihm die Tasche mit 200 Euro Bargeld, Handy und Ohrhörern geraubt zu haben.
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Jedoch wird sich das Verfahren noch ein paar Monate hinziehen: Weil sich der älteste Bruder am Sonntagabend wegen Kopfschmerzen krankmeldete, ist der Prozess zunächst geplatzt.
Verteidiger: „Ich stand im Stau auf der A4.“
Die Begeisterung hielt sich am Montagmorgen um kurz nach 8 Uhr ob dieser Nachricht in engen Grenzen. Die Vorsitzende des Jugendschöffengerichts, Milena Zippelius-Rönz, hatte den Termin in Absprache mit allen Beteiligten extra auf 8 Uhr in der Früh’ vorverlegt, um am Vormittag genügend Zeit zu haben.
Die Richterin hat eine längere Berufspause vor sich, und offenbar wollte sie die Akten nicht ihrer Vertretung hinterlassen. Schöffen, Staatsanwalt, die anderen drei Angeklagten und drei der vier Verteidiger waren pünktlich um acht Uhr da, der vierte Verteidiger kam ein paar Minuten zu spät: „Ich stand im Stau auf der A4.“ Aber dafür konnte ihm keiner böse sein, hatte er doch angesichts der frühen Terminstunde seinen Kurzurlaub in Holland schon am Sonntagabend beendet.
Wegen „Clusterkopfschmerzen“ beim Arzt
Der Kölner Jurist, der sich als „Konfliktverteidiger“ einen Namen gemacht hat, war der erste gewesen, der von der Unpässlichkeit des 27-jährigen Abdul E. (Name geändert) erfuhr: Dieser hatte ihm als langjährig bekanntem Familienanwalt am Sonntag um 21.40 Uhr eine E-Mail geschickt, und das, obwohl der Jurist gar nicht ihn verteidigen sollte.
Die Richterin fragte noch einmal in die Runde, was mit Abdul los sei. Die beiden jüngeren Brüder, dem Vernehmen nach keine so alten Bekannten der Justiz wie Abdul, konnten zunächst nicht helfen. Die neue Handy-Nummer des großen Bruders habe er nicht, weil sie inzwischen zerstritten seien, sagte einer. Über den Vater wurden dann doch ein paar Informationen mehr herbei telefoniert: Abdul sei mit „Clusterkopfschmerzen“, besonders heftigen, stechenden Schmerzattacken, beim Arzt.
Eine polizeiliche Vorführung des Patienten mache aus zeitlichen Gründen an diesem Morgen keinen Sinn, sagte die Richterin schließlich. Abtrennen wolle sie das Verfahren gegen den ältesten Angeklagten aber auch nicht. Da die Auftragsbücher der Justiz momentan gut gefüllt sind, wird es daher wohl erst in einigen Monaten einen neuen Prozesstermin bei einem neuen Schöffenrichter geben.