Auf der Jahreshauptversammlung in der Herkenrather Tennishalle ging es entsprechend hoch her. Der Gesamtvorstand um den Vorsitzenden Uwe Tillmann konnte keine geprüften Zahlen aus der Fußballabteilung vorlegen und berichtete von einer offenen Kassenprüfung. Rededuelle zwischen Ex-Mäzen Manfred Faber und dem Gesamtvorstand befeuerten die Versammlung, und am Ende nahmen die beiden potenziellen Fußball-Abteilungsleiter Thomas Klimmeck und Bastian Schauer zunächst Abstand vom neuen Amt. So etwas nennt man wohl eine Chaos-Versammlung.
Gedacht war die Versammlung, um Ruhe in die Fußballabteilung zu bekommen. Dazu kam es nicht. „Wir haben die Zahlen der Fußballabteilung erst am Tag vor der Versammlung bekommen“, sagt Tillmann. Eine Prüfung der Zahlen für 2018 sei dann nicht mehr möglich gewesen. „Eine Entlastung auch des leitenden Vorstandes hat es deshalb nicht geben können.“ Auf einer außerordentlichen Mitgliederversammlung in den nächsten Wochen soll das nachgeholt werden. Der Termin ist noch nicht bekannt. Die Versammlung betrifft die Fußballer und den Gesamtverein. Die Vorstände von Tennis- sowie Turn- und Spielabteilung wurden hingegen entlastet.
Mit dem Aufstieg in die Regionalliga West im vergangenen Sommer gelang den Fußballern des TV Herkenrath der größte Erfolg der Vereinsgeschichte. Kurz danach kam es zum Bruch zwischen Hauptsponsor Manfred Faber und dem Gesamtvorsitzenden Uwe Tillmann. Der Streit um Verantwortlichkeiten und um die Besetzung der Position des Sportlichen Leiters endete im Rückzug des Mäzens.
Von den Mitgliedern habe sich der Gesamtvorstand einen sogenannten Vorratsbeschluss geben lassen, sagt Tillmann: Bis zu einer Summe von 200.000 Euro soll das Defizit durch einen aufzunehmenden Kredit gedeckt werden. Alles was darüber hinaus gehen sollte, nicht. „Die 200.000 Euro sind der schlimmstmögliche Fall. Aktuell sind es 69.000 Euro.“
Zu wenig Zuschauer bei Spielen des TV Herkenrath
Tillmann betont, dass der Gesamtverein handlungsfähig bleiben müsse. Das sei gegeben, auch weil 2019 Kreditverpflichtungen aus dem Bau des Kunstrasenplatzes vor zehn Jahren ausliefen. Hier steht schon die Frage der Platzerneuerung im Raum, die der Vorsitzende auf Nachfrage offen ließ. Die Versammlung habe nahezu einstimmig für diese Kreditaufnahme gestimmt. Nur eine Gegenstimme habe es gegeben, die des Ex-Mäzens. „Ohne Kreditierung könnte der Verein nicht überleben“, sagt Tillmann.
Dass der Fußballabteilung Gelder fehlen, liegt laut Gesamtvorstand an fehlenden Sponsoreneinnahmen, zu hoch angesetzten Zuschauerzahlen und Strafen des Fußballverbands. „Ich bin kein Fußballfachmann“, erklärt Tillmann. Er habe die Kalkulation vor Saisonbeginn gesehen und akzeptiert. Akzeptiert hatte sie auch der Westdeutsche Fußballverband, der dem Klub daraufhin die Lizenz für die Regionalliga erteilt hatte.
Zuletzt kamen aber nur 100, manchmal noch weniger Zuschauer zu den Spielen. Auch bei den Sponsoren habe es sich nicht so entwickelt wie erhofft, räumt Tillmann ein. Weil beim Auswärtsspiel in Essen ein Böller aus dem kleinen Fanblock der Herkenrather gekommen sein soll, müsse der Klub 2000 Euro Strafe zahlen.
TV Herkenrath könnte in Kreisliga abrutschen
Wie aber geht es weiter: „Alles kommt jetzt auf den Prüfstand“, kündigt der Vorsitzende an. Sollte das Finanzergebnis sich als „doch nicht so schlimm“ herausstellen, wäre ein Antritt in einer oberen Spielklasse möglich. Tillmann will aber auch den gegenteiligen Fall nicht ausschließen, was wohl Kreisliga bedeuten könnte. „An den Spielern geht das alles nicht spurlos vorbei“, sagt der Vorsitzende.
Als Gesamtvorstand sei er mit seinem Kollegen Karl Wermelskirchen aus der Tennisabteilung für die Fußballer verantwortlich. „Im Grunde haben wir beide aber nichts mit Fußball zu tun.“ Hier müsse die Satzung zeitgemäßer werden. Die kommissarische Verantwortung für die Abteilung liege aktuell bei Klimmeck und Schauer. Trotz aller Turbulenzen seien die drei Abteilungen weiter ein gemeinsamer Verein. Forderungen, die Fußballer auszuschließen, gebe es nicht. Es sei auch abwegig, dass Klimmeck und Schauer für das Defizit einzustehen hätten. „Damit haben sie nichts zu tun.“