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„Muss Absicht sein“Pfarrer nach Rücknahme des „Modellprojekts“ Bergisch Gladbach besorgt

Lesezeit 4 Minuten
Pfarrer Winfried Kissel spricht in ein Mikrofon.

„Es kann bei der Vorgehensweise des Bistums nicht alles mit schlechter Kommunikation erklärt werden“, sagt Refraths Pfarrer Winfried Kissel nach Rücknahme des „Modellprojekts“ einer Pastoralen Einheit Bergisch Glabach durch das Erzbistum.

Refraths Pfarrer Winfried Kissel will Pastorale Einheit Bergisch Gladbach jetzt gerne aktiv begleiten, fordert aber Mitbestimmung der Gemeinden bei Leitendem Pfarrer.

Mit Freude, aber auch Sorge hat der katholische Pfarrer Winfried Kissel aus Refrath/Frankenforst auf die Ankündigung des Erzbistums reagiert, die Einführung des „Modellprojekts“ zur Einführung einer Pastoralen Einheit Bergisch Gladbach zum 1. März zurückzunehmen.

Es ist aber erschreckend und traurig, dass dazu das öffentliche Aufsehen nötig war.
Winfried Kissel, Leitender Pfarrer von Refrath/Frankenforst

Es sei „vor allem der Verdienst von Weihbischof Ansgar Puff, der wesentlich zu diesem Entscheid des Erzbistums beigetragen habe“, schreibt Kissel in einer Stellungnahme. „Es ist aber erschreckend und traurig, dass dazu das öffentliche Aufsehen nötig war“, so Kissel weiter.

Wie Pfarrer Wilhelm Darscheid, der nach den „Modellprojekt“-Plänen des Erzbistums zum 1. März seinen Amtsverzicht hätte erklären sollen, habe auch Kissel bereits am 29. November und 9. Dezember vergangenen Jahres den Personalchef des Erzbistums, Pfarrer Mike Kolb, auf die Fehler hingewiesen, so Kissel. „In diesen Gesprächen erfuhren wir erstmals on der Entscheidung der Bistumsleitung, dass das Modellprojekt Bergisch Gladbach unter einem Leitenden Pfarrer Hörter ab dem 1. März 2023 starten soll.“

Erzbischof hat mit Kissel persönlich über Fall Bergisch Glabach gesprochen

Wie berichtet waren die beiden Seelsorger zu Stillschweigen über das Modellprojekt verpflichtet worden, das dann am 14./15. Januar per Proklamandum (Verlautbarung) in den Gottesdiensten der insgesamt fünf Bergisch Gladbacher Seelsorgebereiche vom Erzbistum bekannt gemacht wurde.

Nach Informationen dieser Zeitung hat Kissel vergangene Woche ein Gespräch mit Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki gehabt: „Ich habe von unserem Erzbischof die Zusicherung erhalten, dass er nicht mit Verweis auf den Gehorsam einen kanonischen Pfarrer zum Rücktritt drängen will. Diese Aussage gilt nicht nur für mich, sondern auch für alle kanonischen Pfarrer unseres Bistums“, so Kissel am Wochenende. Die entsprechende Sorge, aufgrund seines bei der Priesterweihe abgelegten Gehorsamsversprechens zum Rücktritt gezwungen werden zu können, hatte Kissel nach dem Proklamandum Mitte Januar geäußert.

Kardinal Woelki hatte sich am Sonntagnachmittag ebenfalls zur Rücknahme des Modellprojekts Bergisch Gladbach geäußert.

Was mich betrifft, so will ich heute nur versprechen, dass ich bis Sommer 2023 als Pfarrer in Refrath bin.
Winfried Kissel, Leitender Pfarrer von Refrath/Frankenforst

Wie er nun seine Zukunft als Pfarrer von St. Johann Baptist in Refrath/Frankenforst sieht? „Was mich betrifft, so will ich heute nur versprechen, dass ich bis Sommer 2023 als Pfarrer in Refrath bin. Wie es danach weitergeht, werde ich in den nächsten Wochen und Monaten für mich entscheiden, auch hinsichtlich meiner eigenen Gesundheit.“

In der Rücknahme des „Modellprojekts“ zum 1. März hat der zuständige Hauptabteilungsleiter Monsignore Markus Bosbach unterdessen auch davon gesprochen, dass alle Bergisch Gladbacher Gemeinden bis zu den Sommerferien ein Votum zu einer möglichen Teilnahme an einem neuen „Modellprojekt“ zu einem späteren Zeitpunkt abstimmen könnten.

Neues „Modellprojekt“ soll es nur geben, wenn alle Seelsorgebereiche zustimmen

Ein solches neues „Modellprojekt“ werde „nur noch durchgeführt, wenn alle Gremien der Stadt damit einverstanden sind“, zitiert Kissel aus einem Gespräch der Seelsorger mit Weihbischof Ansgar Puff und dem Stabsstellenleiter Entwicklung Pastorale Einheiten, Daniel Weisser. Sobald ein Gremium (Pfarrgemeinderat, Kirchenvorstand, Runder Tisch etc.) nicht zustimme, solle das neue „Modellprojekt“ nicht stattfinden, so Kissel.

Wichtig aus seiner Sicht sei ein „Mitbestimmungsrecht der Gremien bei der Personalie des neuen Leitenden Pfarrers“, so Kissel. Ein solches sollte allen Gremien der 65 geplanten pastoralen Einheiten im Bistum gegeben werden, „damit zerstörtes Vertrauen wieder wachsen kann“, fordert der Refrather Pfarrer.

Zusamenarbeit mit Pfarrer Norbert Hörter, „wenn bestimmte Sachen aufgearbeitet sind“

Im Übrigen weist Kissel wie auch bereits die frühere Berichterstattung an dieser Stelle darauf hin, dass Kreisdechant Norbert Hörter lediglich erklärt habe, dass er nicht mehr „zum 1. März 2023 für das Modellprojekt Bergisch Gladbach als Leitender Pfarrer der Pastoralen Einheit Bergisch Gladbach zur Verfügung“ stehe. Kissel: „Er hat damit aber nicht gesagt, dass er zu einem späteren Zeitpunkt nicht dazu bereit wäre.“

Auf die Nachfrage, ob er selbst sich eine weitere Zusammenarbeit mit Hörter vorstellen könne, sagt Kissel am späten Sonntagabend im Gespräch mit dieser Zeitung: „Wenn bestimmte Sachen aufgearbeitet sind, kann ich mir vieles vorstellen“, so Kissel.

Es kann bei der Vorgehensweise des Bistums nicht alles mit schlechter Kommunikation erklärt werden. Da muss Absicht dahinter stecken.
Winfried Kissel, Leitender Pfarrer von Refrath/Frankenforst

„Ehrlich gesagt, verspüre ich mittlerweile auch Lust, den Prozess weiter aktiv mit zu gestalten“, bekennt Kissel. Wichtig sei, dass nun eine „Aufarbeitung der Verletzungen“ erfolge. Dabei müsse auch geklärt werden, „wer diese desaströse Handlungsweise des Bistums geplant und veranlasst hat und wann“.

Zudem müsse auch dem designierten Pfarrer Norbert Hörter die Frage gestellt werden, „warum er nicht gegen die geplante Vorgehensweise der Bistumsleitung interveniert hat“. Offen sei schließlich die Frage, warum nicht auch er auf den Wortbruch der Verantwortlichen im Erzbistum hingewiesen habe, als mit dem Proklamandum zum bis dahin nicht öffentlich kommunizierten „Modellprojekt“ Zusagen an die Gemeinden und Mitarbeitenden gebrochen worden seien.

Kissel: „Es kann bei der Vorgehensweise des Bistums nicht alles mit schlechter Kommunikation erklärt werden. Da muss Absicht dahinter stecken, zumal ich auf die Wortbrüchigkeit gegenüber den Gemeinden und Gremien in den Gesprächen mit dem Personalchef hingewiesen habe.“