AboAbonnieren

UnabgesprochenBergisch Gladbachs ehemaliger Bürgermeister hält an Straße auf Bahndamm fest

Lesezeit 4 Minuten
War, ist und bleibt ein Zankapfel: Der alten Bahndamm in Bensberg.

War, ist und bleibt ein Zankapfel: Der alten Bahndamm in Bensberg.

Wie der ehemalige Bürgermeister Klaus Orth es schaffte, die Beerdigung der Straße auf dem alten Bahndamm zu verhindern.

Im Vorfeld der Ratssitzung war hinter den Kulissen viel gesprochen, viel taktiert worden. Soll die Straße auf dem alten Bahndamm, die aus dem Bedarfsplan des Landes gestrichen werden? Im Düsseldorfer Ministerium läuft sie unter der Bezeichnung „Ortsumgehung Refrath“ (L 286 n). Das Ministerium hatte eine Anfrage geschickt und damit nach jahrelanger Ruhe um das Projekt eine erneute Diskussion in Gang gebracht.

Alle möglichen Szenarien in der Ratssitzung waren in den Fraktionen durchgespielt worden: Namentliche Abstimmung, um die eigenen Fraktionsmitglieder bei der Stange zu halten. Geheime Abstimmung, um Abweichler anonym ins eigene Lager zu holen. Erwartet wurde eine Grundsatzdiskussion mit spannendem Abstimmungsverhalten. Aber dann kam Klaus Orth (SPD). Und es kam alles ganz anders.

Stadt Bergisch Gladbach sollte in Verhandlungen mit dem Land gehen

Bürgermeister Frank Stein (SPD) hatte gerade den Tagesordnungspunkt 13 (Fortschreibung des Landesstraßenbedarfsplan NRW) aufgerufen, da reckte Klaus Orth beide Hände in die Höhe. Das bedeutet ein Antrag zur Geschäftsordnung. Bürgermeister Stein erteilte dem ehemaligen Bürgermeister das Wort.

Und der legte los: „Ich kann überhaupt nicht verstehen, warum wir dem Land gegenüber auf die Möglichkeit dieser neuen Straße verzichten sollen. Ohne jede Not.“ Die Stadt solle in Verhandlungen mit dem Land gehen und nicht widerstandslos auf Perspektiven verzichten. Stein erinnerte Orth daran, „endlich“ einen Antrag zur Geschäftsordnung zu stellen und nicht in der Sache zu sprechen. „Ich stelle hiermit den Antrag, die gesamte Debatte zu vertagen.“

Darauf war Bergisch Gladbacher Rat nicht vorbereitet

Große Augen auf der Seite der Verwaltung und Raunen bei den Politikern. Was war das denn? Die SPD hatte doch im Vorfeld klipp und klar erklärt, dass sie für das endgültige Aus des Straßenprojekts votieren würde. War der Vertagungsantrag vor der eigentlichen Debatte überhautp zulässig? War es möglich zu vertagen? Welche Konsequenzen hätte die Vertagung? Auf alles war der Bergisch Gladbacher Rat vorbereitet, nur nicht auf das.

Geschäftsordnungen wurden gewälzt und entschieden, dass Orths Antrag zugelassen und jeder Fraktion das Recht auf eine Stellungnahme eingeräumt wird. Der SPD-Fraktionsvorsitzende Klaus Waldschmidt erklärte, dass der Antrag von Orth nicht mit seiner Fraktion abgesprochen war und man gegen ihn stimmen werde. Auch die Grünen und die Freie Wählergemeinschaft kündigten ihr „Nein“ an.

In alle Richtungen denken

Dann kam die FDP, die stets gegen die Straße gestimmt hatte. Alexander Engel brachte eine Anbindung ans Merheimer Kreuz ins Spiel. „Wir wollen in alle Richtungen denken können.“ Deshalb stimme seine Fraktion für den Vertagungsantrag. Orth hatte der FDP eine Möglichkeit eingeräumt , in dieser Frage nicht das Gesicht als strammer Gegner der Straße zu verlieren. Die AfD wollte für Orth stimmen, weil es einleuchte, dass die Stadt Verhandlungsmasse gegenüber dem Land aufgebe. Auch wenn man in der Sache gegen die Straße auf dem Bahndamm sei. Das leuchtete auch den anderen ein.

Der CDU-Fraktionsvorsitzende Michael Metten wollte ganz konkret wissen, ob mit einem Vertagungsantrag erreicht werde, dass die Straße im Bedarfsplan erhalten bleibe. Stein erklärte, dass dies nach seinem Verständnis der Anfrage aus Düsseldorf der Fall sei. Und dann wurde abgestimmt und der Vertagungsantrag erhielt 29 Stimmen von 57 - er war denkbar knapp angenommen. Hätte Orth mit seiner Fraktion gestimmt, dann hätte es eine Mehrheit für das Ende der Straßenplanung in Düsseldorf gegeben. Hätte, hätte, hätte.

Einen Tag nach der denkwürdigen Ratssitzung erklärte der ehemalige Bürgermeister Klaus Orth im Gespräch mit dieser Zeitung, dass er sich über die Verwaltung geärgert habe. „Wie kann man denn ohne Not auf eine mögliche Landesstraße verzichten? Mir konnte bisher keiner eine Antwort darauf geben.“ Das er mit seinem Alleingang seiner Fraktion und dem Bündnis mit den Grünen geschadet hat, räumt er ein. „Dann ist das so - aber es geht mir um die Sache und die ist mir so wichtig, dass ich diesen Ärger ertragen kann.“