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Gladbacher CDU-Fraktion im Interview„Handreichung war nur die Spitze des Eisbergs“

Lesezeit 4 Minuten
E-Mails dpa

Rund 180 interne E-Mails der Verwaltung haben Michael Metten und Christian Buchen durchforstet.

Bergisch GladbachDie exklusive „Handreichung“ der Verwaltung für das Ampelbündnis (Grüne, SPD, FDP) hat die CDU extrem verärgert – ein Gutachten wurde in Auftrag gegeben, das zu dem Schluss kam, dass die Verwaltung, der Bürgermeister Frank Stein (SPD), die parteipolitische Neutralität verletzt habe. Die CDU schaltete daraufhin die Kommunalaufsicht des Kreises ein. Und die kam zu dem eindeutigen Ergebnis, dass das Verhalten der Verwaltung und des Bürgermeisters nicht zu beanstanden sei. Matthias Niewels sprach mit dem CDU-Fraktionsvorsitzenden Michael Metten und seinem Stellvertreter Christian Buchen.

Herr Metten, Herr Buchen, wie groß war ihre Enttäuschung, als sie die Stellungnahme der Kommunalaufsicht gelesen haben?

Metten: Ich würde da nicht von Enttäuschung reden. Wir waren überrascht. Denn das von uns in Auftrag gegebene Rechtsgutachten einer renommierten Kanzlei kommt zu einer ganz anderen Rechtseinschätzung.

Buchen: Vor allem in dem wesentlichen Punkt, ob ein Verstoß gegen die persönlichen Rechte der Ratsmitglieder durch die Informationspolitik vorliegt, erklärt sich die Kommunalaufsicht für nicht zuständig. Es wird, vereinfacht gesagt, festgestellt, dass am Ende ja dann doch alle gleich informiert worden sind.

Bürgermeister Stein hatte nach Bekanntwerden der Handreichung sie an alle Fraktionen nachgereicht.

Buchen: Ja, nachdem Ihre Zeitung darüber berichtet hat. Infolgedessen haben wir dann unser Recht zur Akteneinsicht wahrgenommen und rund 180 E-Mails durchgearbeitet. Uns wurde sehr schnell klar, dass die exklusive Handreichung nur die Spitze des Eisberges war. Die Mails zeigen aus unserer Sicht, dass Verwaltung und Ampel extrem eng zusammenarbeiten. Vorlagen werden intern abgesprochen und abgestimmt. Die Entscheidungen sind schon lange vor den Sitzungen getroffen.

Die Ampel spricht von einem „Theaterdonner“ und davon, dass zu Zeiten der CDU-geführten Mehrheiten im Stadtrat mit Bürgermeister Lutz Urbach (CDU) alles noch viel schlimmer gewesen sei.

Buchen: Ja, das wird geradezu reflexhaft behauptet. Aber das stimmt einfach nicht. Nur ein Beispiel: Bei der Diskussion zum Flächennutzungsplan haben wir die Verwaltungs-Fachleute in die Fraktion eingeholt. Die haben ihren Vortrag gehalten und sind anschließend gegangen. Diskutiert haben wir dann intern und in langen Listen Flächen bewertet und priorisiert.

Aber es gab doch Jour fixe von Ihnen, Herr Metten, und dem CDU-Parteivorsitzenden Thomas Hartmann mit Bürgermeister Lutz Urbach (CDU). Da gab es doch sicher auch Informationen nur für Sie, also exklusiv.

Metten: Wir haben uns intensiv und manches Mal auch kontrovers zu Themen ausgetauscht. Das wäre auch in Bezug auf Gespräche mit Bürgermeister Stein und den Ampelfraktionsvorsitzenden keinesfalls zu kritisieren. Auch ich führe regelmäßig Gespräche mit Herrn Stein. Äußerst kritikwürdig ist hingegen, wenn die Verwaltung für Fraktionen exklusiv mit Steuergeldern Konzepte ausarbeitet und in diesem besonderen Fall quasi als „Schiedsrichter“ zwischen den widerstreitenden Positionen der Ampel-Fraktionen. Politische Abstimmungen zwischen Fraktionen, auch wenn es noch so schwer ist, müssen in der Politik erfolgen.

Ist das nicht ein wenig hoch gehangen?

Buchen: Nein. Denn hier geht es um ein grundlegendes Demokratieverständnis mit den unterschiedlichen Rollen von gewählten Ratsmitgliedern, dem Bürgermeister in seiner Doppelfunktion als Erster Bürger der Stadt und Verwaltungschef und der Stadtverwaltung.

Ihre Kritiker werfen der CDU vor, doch nur über ihre eigene Bedeutungslosigkeit verärgert zu sein.

Metten: Zweifelsohne war es für uns direkt nach der Wahl eine Umstellung. Zwischenzeitlich haben wir uns aber längst in der Oppositionsrolle zurecht gefunden. Nach wie vor macht uns Kommunalpolitik Freude, denn in der Kommunalpolitik suchen wir oft gemeinsam nach der besten Lösung für die Bürgerinnen und Bürger. Wie dem Abstimmungsverhalten zu entnehmen ist, üben wir auch keine Fundamentalopposition, sondern versuchen unsere Rolle konstruktiv auszulegen. In Situationen wie bei den Handreichungen ist es aber auch unsere Aufgabe dies aufzudecken und klar zu benennen. Leider hat die SPD durch einen Geschäftsordnungstrick – nach nur einer Wortmeldung die Diskussion im Rat für beendet zu erklären – den nachfolgend von uns geplanten konstruktiven Austausch abgewürgt.

Inzwischen hat es wieder Gespräche mit Bürgermeister Frank Stein gegeben. Das hört sich doch so an, als sei der Streit beigelegt.

Buchen: Es ist, wie Michael Metten gerade sagte. Wir sind nicht an einer Totalopposition interessiert. Zumal derzeit mit der Energiekrise und der Flüchtlingssituation für die Stadt sehr bedeutsame Themen auf der Tagesordnung stehen, bei denen wir selbstverständlich an konstruktiven Lösungen mitwirken.

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Werden Sie ein Gericht gegen die Praxis der „Handreichung“ anrufen?

Metten: Nein, das werden wir nicht tun. Wir konzentrieren uns jetzt neben den genannten großen Themenfelder auf die anstehenden Projekte: Im Bereich der Schulen warten wir noch immer auf sichtbare Ergebnisse bei Instandsetzungen und Neubauten, weitere dringend benötigte Kitas, die Sanierung maroder Straßen und Radwege, die längst starten sollten etc. Da liegt vieles noch in der Warteschleife.