St. MartinFrühlinghafte Temperaturen bei Zügen in Bensberg und Gladbach
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Bergisch Gladbach – Von einer Seilbahn zwischen Gladbach und Bensberg träumen Verkehrsplaner ja zuweilen. Wie es sich anfühlt, in der Schlossstraße in die Gondel zu steigen, konnten die Besucher des Martini-Markts am Wochenende schon einmal ausprobieren – mit einem Glühwein in der Hand in historischen Gondeln, die trotz bodennaher Verankerung zünftig mit Heuballen gesichert waren. Nun ist Punsch bei eher frühlingshaften 15 Grad vielleicht nicht jedermanns Sache; den Weihnachtsmann scheint es denn auch schon am Samstag aus den Latschen gehauen zu haben. Sein Schlitten stand in leichter Schräglage verlassen am Bauzaun.
Vielleicht hatte er auch mit Sankt Martin das Weite gesucht angesichts der diesmal doch recht übersichtlichen Höhepunkte auf der erkennbar geschrumpften Festmeile. Es gab Duftholz aus dem Orient, Käse aus dem Bergischen, Tee und Tasmanischen Pfeffer, Kunst und Karten, Schraubenfiguren und Schaffelle, und vor allem (gänzlich stadtfestuntypisch) reichlich freie Parkplätze am Samstagnachmittag.
Romantik am Stockbrot-Lagerfeuer
Ein großer Leuchtelch verbreitete am Ende der verkürzten Fußgängerzone immerhin deutlich mehr vorweihnachtliches Flair als die eher lieblos an den Bauzaun gehängte Lichterkette. So richtig romantisch wurde es allenfalls in den engen Gondeln oder nebenan am Stockbrot-Lagerfeuer. In der Buchhandlung Funk konnten die Autoren schon vormittags einpacken – und das im wahrsten Sinn des Wortes. Christoph Brüggentisch, Linus Geschke und Oliver Buslau signierten im Rahmen der Woche unabhängiger Buchhandlungen nicht nur ihre Werke, sondern kassierten, berieten und verpackten vier Stunden lang alles, was über den Ladentisch ging.
Die Buchhändlerinnen Pia Patt und Birgit Jongebloed konnten sich derweil ihren Blind Dates widmen: Am verkaufsoffenen Sonntag gab es die verpackten und nur mit wenigen Sätzen beschriebenen Bücher als literarische Katze im Sack zu kaufen.
St. Martin brachte Mittelalter in die Fußgängerzone
Auch in Gladbach blieb zunächst vieles im Dunkeln – was für einen Mittelalter-Markt nicht ungewöhnlich ist. Viele Aussteller waren allerdings auch eine halbe Stunde nach der Öffnung am Samstagabend noch mit dem Aufbau und dem Arrangement ihrer Auslagen beschäftigt; mit zuweilen wenig mittelalterlichen Hilfsmitteln wie Kopflampe und Akkuschrauber. Bei vegetarischen Kaninchenohren und in der Met-Taverne wurden die Ergebnisse eines spektakulären Bundesligaspieltags diskutiert – da konnte selbst Fabulix nicht mithalten, dessen Märchenzelt ebenso verwaist war wie das Kinderkarussell, das ohne Fahrgäste seine Runden drehte. Und beim „Hau den Lukas“ war ohne Beleuchtung nur schwer zu erkennen, ob man mit dem Hammer in der Hand mehr Kolibri oder mehr Kondor war.
Schellen, Schäfchenschemel und Ohrgehänge wurden feilgeboten, Windlichter aus Leder, Dufterlebnisse für Körper und Geist, römischer Gewürzwein und Hochprozentiges in Flaschen, gänzlich ablassfrei im Schatten von St. Laurentius, dazu Feengold und Koboldfeuer, Amulette und Talismane. Mehr Mittelalter gab es dann am hellichten Tag, als St. Martin gleich mehrfach auf den Platz zwischen Rat- und Gotteshaus ritt und seinen Mantel teilte, als Dudelsack und Drehleier erklangen, während die Geschäfte in der Fußgängerzone für fünf Stunden ihre Türen öffneten.