Bergisch Gladbach – Norbert Blüm war nicht da. Dafür kam das Zitat des früheren Ministers und „Erfinders“ der Pflegeversicherung: „Pflege kann jeder!“ mehrfach zur Sprache beim Pflege-Aktionstag im Marien-Krankenhaus. Bei der Veranstaltung, für die als Schirmherr Dr. Ralf Brauksiepe, Staatssekretär im Arbeits- und Sozialministerium, gewonnen werden konnte, waren als Partner dabei die Barmer GEK, die Christlich-Demokratische Arbeitnehmerschaft (CDA) und das Reha-Zentrum Reuterstraße. Geboten wurden Informationen „zum Anfassen“ aus dem Pflegebereich, dazu gab es Vorträge. Und zu Beginn eine Podiumsdiskussion zu den Herausforderungen des demographischen Wandels mit immer mehr Älteren – und darunter mehr Singles – für die Pflege. Zur Debatte konnte MKH-Geschäftsführer Benedikt Merten ein gut besetztes Podium begrüßen. Die Probleme sind enorm: Die Anzahl der Jüngeren, die für den Beruf zu gewinnen wären, sinkt. Gesucht werden Fachkräfte heute auch im Ausland, im Inland wird über Anforderungen und Qualifikationen diskutiert.
Es gibt zugleich mehr ältere Pflegekräfte, die „klassische körperliche Probleme“ haben angesichts der anstrengenden Arbeit, wie es Brauksiepe formulierte. Dazu Merten: „Ältere Mitarbeiter brauchen Tragehilfen und psychologische Hilfen“, die sie auch bekämen. Gebraucht würde aber „mehr geregelte Freizeit“. Er hoffe bei der Politik auf die Erkenntnis, dass „Pflege in Zukunft mehr kosten darf“.
„Die Probleme sind uns bewusst“, sagte Brauksiepe. Es habe keinen Sinn zu sagen: „In der Pflege kann nur arbeiten, wer Abi hat.“ Klar sei auch: Man habe den Pflegebeitrag erhöht, aber es müsse „mehr Geld ins System“ – vor allem durch Wirtschaftswachstum. Bei der Debatte, moderiert von Uwe Pakendorf, Sprecher der Rhein-Berg-CDU, bekam Brauksiepe Widerspruch von Sabine Martin. Die Pflegedirektorin im MKH betonte, natürlich gelte in der häuslichen Pflege, Angehörige bräuchten „ein gutes Herz“. Das reiche aber nicht, wenn der Gepflegte ins Krankenhaus müsse. Dort gelte der Blüm-Satz nicht, hier seien ausgebildete Kräfte nötig, „die professionell damit umgehen“. Die Politik habe sich lange „nicht wirklich für die Pflege interessiert“, sagte sie. Seit der Notstand deutlicher werde, ändere sich das.
Den Trend hin zur professionellen Pflege bestätigte Stephan Scheer, Abteilungsleiter Pflege der Hauptverwaltung der Barmer GEK. Seien anfangs zwei Drittel der Menschen ambulant oder daheim gepflegt worden, so verschiebe sich das deutlich.
Das sieht auch Sabine Dräxler vom St. Josefshaus in Refrath. Man kämpfe um die „gesunde Mischung“ der Bewohner, reagiert werde etwa mit der Einrichtung von Wohngruppen. Eines stellte sie heraus: Die Probleme mit fehlendem Personal bestehen aus ihrer Sicht nicht wegen geringer Bezahlung. „Es ist kein Hungerlohn!“ Aber: Die Werte zwischen Betreuten und Pflegekräften hätten sich seit Jahren nicht verändert – zugleich gebe es heute höhere Anforderungen und „mehr Bürokratie“, etwa durch die Dokumentationspflichten. Das falle Mitarbeitern, deren Muttersprache nicht deutsch sei, oft schwer.
Der Beruf bestehe heute aus mehr als „Spritzen setzen und Waschen“. Dies sei sei bei vielen längst nicht angekommen, so Bernd Schramm aus der Leitung der Krankenpflegeschule Bergisches Land.
„Neue Konzepte“ – und zwar „quartiersbezogene“ – forderte der Landtagsabgeordnete Peter Preuß (CDU) für die immer älter werdende Bevölkerung. Pflegeheime „dürfen nicht auf die grüne Wiese.“
Und Klaus Moldenhauer, Mitglied im Verwaltungsrat der Barmer GEK, sagte, kaum jemand habe mitbekommen, dass 2011 „das Jahr der Pflege war“. Aus seiner Sicht müsse die Pflegeversicherung angegehoben werden. Dafür müsse man „Türen öffnen“.