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„Nicht ernsthaft geprüft“Kritik an Entscheidung für Rastplätze an der A1

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Auf Höhe von Steinbüchel sollen an der A 1 Richtung Burscheid 50 Parkplätze gebaut werden. Der Bundesverkehrsminister hat die Pläne durchgewunken.

Leverkusen – Andreas Scheuer hat den Plan für die beiden Raststätten an der A 1 durchgewunken. Die Deges kann jetzt in die Vorplanungen für die Lkw-Parkplätze mit Toiletten in Steinbüchel unweit der Derr-Siedlung und im Burscheider Ortsteil Dürscheid einsteigen. Auf jeder Seite sollen 50 Lkw- sowie 20 Pkw-Stellplätze entstehen.

Bei der Initiative „Lev kontra Raststätte“ stößt die Entscheidung des Bundesverkehrsministers auf harte Kritik. „Es wurden nicht alle möglichen Standorte ernsthaft geprüft“, sagt Peter Westmeier, Sprecher der Initiative. Das Steinbücheler Grundstück passe mit den Ein- und Ausfädelspuren nicht zwischen die Brücken an der Bruchhauser und der Altenberger Straße. Mindestens eine Brücke müsse umgebaut werden. Aus Westmeiers Sicht wurde der Standort ausgesucht, der die höchsten Kosten mit sich bringt. Außerdem würde der Bau dort am längsten dauern. Laut Planung der Deges wird es wohl vor 2027 keinen Lkw-Parkplatz mit Toiletten an der A 1 geben.

OB Uwe Richrath ist empört

Oberbürgermeister Uwe Richrath zeigte sich am Freitag erbost über die Art und Weise, wie die Entscheidung mitgeteilt wurde – nämlich nur über die Internet-Präsenz der Deges. Die Rathäuser in Leverkusen und Burscheid wurden vom Ministerium nicht angeschrieben. „Dieses Vorgehen verdeutlicht ein weiteres Mal fehlendes politisches Fingerspitzengefühl im Bundesverkehrsministerium und völlige Ignoranz gegenüber lokalen Belangen“, so Richrath. Überaus harsch fällt der Brief aus, mit dem der Oberbürgermeister den Bundesverkehrsminister auffordert, Stellung zu dem „nicht nachvollziehbaren“ Vorgang zu beziehen.

Der Landtagsabgeordnete Rüdiger Scholz (CDU) hat mit der Zustimmung des Bundesverkehrsministers gerechnet. Er sagt, das Ministerium handele aber unsensibel, die Entscheidung während der Corona-Krise bekanntzugeben: Zur Zeit könnten die Kritiker weder demonstrieren noch sich versammeln. Im Übrigen sei die Alternativlösung einer Rastanlage in Köln-Niehl nicht geprüft worden. Scholz baut auch darauf, dass es einen klaren Ratsbeschluss gibt, nach dem die Stadt alle rechtlichen Mittel gegen die Rastanlage ausschöpfen wird.

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In Burscheid herrschte am Freitag gedrückte Stimmung. Viel hat die Bürgerinitiative „Keine Park- und WC-Anlage in Burscheid“ um Edwin Elias auf die Beine gestellt, gemeinsam mit den Leverkusenern demonstrierten im Sommer Tausende gegen die A-1-Parkplätze. Noch Mitte Januar erklärte Elias, in ihrem Widerstand „mit langem Atem am Ball zu bleiben.“ Sie warteten auf die Bedarfsanalyse, als sie am späten Donnerstagabend aus dem Fernsehen von der Zustimmung des Bundesverkehrsministeriums erfuhren. Das war ein Schlag ins Gesicht. „Wir fühlen uns überrumpelt“, sagt Heike Elias am Telefon.

Information zur Unzeit

Auch Burscheids Bürgermeister Stefan Caplan, der ebenso wie die Fraktionen eng mit der Bürgerinitiative im Austausch ist, zeigte sich enttäuscht. Das Landesministerium habe zugesagt, ihn rechtzeitig zu informieren. Und: „Das ist sehr unglücklich, so etwas in Corona-Zeiten zu kommunizieren.“ Lange hätten die Pläne in der Schublade gelegen. Jetzt den Beschluss zu verkünden, das habe „ein Geschmäckle“.

Die Deges weist auf ihrer Homepage auf einen aktuellen Bedarf von knapp 4000 Stellplätzen für Lkw allein in Nordrhein-Westfalen. Sowohl neue Parkplätze als auch die Einführung intelligenter Parkmanagement-Systeme seien unabdingbar für die Verkehrssicherheit. Das diene Fahrern und Wirtschaft.

„Da wird Steuergeld verbrannt“, ärgert sich Klaus Becker, Fraktionschef der Burscheider SPD. Er kommt aus der Logistikbranche: 240 000 Euro koste ein einzelner Lkw-Stellplatz in Dürscheid-Hahnensiefen. In Köln-Niehl liege derweil Industriefläche brach, dort könnten bis zu 600 Plätze untergebracht werden. Der riesige Bedarf an Lkw-Stellplätzen an den Autobahnen habe eine fragwürdige Ursache: Die Lieferung aller möglichen Vorprodukte „just in time“, also ohne Lagerhaltung. Das spare zwar Kosten bei den Unternehmen, belaste aber die Anwohner der Autobahnen.

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Früher habe der Kolbenringhersteller Goetze oder die ehemalige Armaturen- und Dichtungsfirma Schmitz und Schulte Materialhallen gehabt. Wie sinnvoll die grundsätzlich seien, zeige sich gerade in der Corona-Krise: Bei Tenneco, vormals Goetze, wurde Kurzarbeit nötig, kaum, dass die Autohersteller ihre Produktion eingestellt hatten.