AboAbonnieren

Große PläneSolidarische Landwirtschaft in Wipperfeld will nachhaltig wirtschaften

Lesezeit 4 Minuten
Das Foto zeigt zwei Männer mit Kürbissen in der Hand.

Michael Rethwisch (l.) und Patrick Beyer von der Solawi Kremeshof.

Eine andere Form des Wirtschaftens, das ist Ziel der Solidarischen Landwirtschaft Kremershof in Wipperfürth. Die „Solawis" haben rund 350 Mitglieder.

Nachhaltige, ökologische und solidarische Landwirtschaft: Mit diesem Ziel wurde das solidarische Hofkollektiv Gut Kremershof in Heid bei Wipperfeld vor zweieinhalb Jahren gegründet. Mittlerweile hat die Genossenschaft, die in der gemeinnützigen Gärtnerei auf der früheren Weidefläche Gemüse anbaut, gut 350 Mitglieder.

„Die Gründungsphase ist vorbei“, sagt Patrick Beyer, der mit Freya Krüske und Michael Rethwisch dem aktuellen Vorstand der Genossenschaft angehört. Er rechnet damit, dass die „Solawi Hofkollektiv eG“, so der offizielle Name, in diesem Jahr eine schwarze Null erreichen wird.

Für 2024 rechnet die Solawi in Wipperfürth mit einer schwarzen Null

Nicht nur was die Finanzen angeht, ist der Vorstand trotz vieler Herausforderungen zufrieden. Im Gespräch mit dieser Zeitung ziehte er Bilanz und gibt einen Ausblick auf die nächsten Projekte. „Wir hätten nicht damit gerechnet, dass wir so schnell mit der Startphase durch sind“, sagt Michael Rethwisch. Und wenn die Investition in die Bewässerungsanlage nicht erforderlich gewesen wäre, weil die erhofften Fördermittel nicht bewilligt wurden, hätte die Solawi schon im vorigen Jahr einen ausgeglichen Haushalt erzielt, berichtet Beyer.

Bei der Vergabe der Ernteanteile sei man jetzt zurückhaltender, da man immer noch Erfahrungen mit dem Gemüseanbau mache und nicht alle Pflanzen auf dem vorhandenen Boden auch entsprechend gedeihen würden. Ernteanteile werden vergeben. Manches habe nicht so funktioniert, wie erhofft, und so seien die 200 Ernteanteile zu Beginn auch nicht immer üppig ausgefallen.

Die Rahmenbedingungen werden schwieriger

Da die Solawi Oberberg 30 Anteile eingekauft habe, sei es aber gelungen, alle Anteile zu vergeben. In diesem Jahr werde es nur 180 Anteile geben, einmal ein Single-Portion, einmal für etwa zwei bis drei Personen. Das Vergabeverfahren ist gerade gestartet. Wer noch daran teilnehmen wolle, müsse sich beeilen.

Insgesamt seien die Rahmenbedingungen im ökologischen Bereich durch die überall gestiegenen Kosten schwierig. Etliche Bio- und Unverpacktläden hätten geschlossen, da die Menschen weniger Geld zur Verfügung hätten und sparen würden, sagt Beyer. Das sei sicher auch ein Grund dafür, dass es in diesem Jahr schwierig gewesen sei, alle Ernteanteile vergeben zu können. Ganz positiv sei die Entwicklung der Mitglieder, die mittlerweile 350 betrage.

Pilzzucht ist ein neuer Versuch

Neben dem Gemüseanbau für 180 Ernteteiler, habe man die automatische Bewässerungsanlage gebaut und eine Streuobstwiese mit 33 Bäumen mit alten bergischen Sorten gepflanzt, informiert der Vorstand. Zudem haben die Gärtner in diesem Jahr eine erste, experimentelle Speisepilzzucht mit Shiitake, Austernseitlingen Hericium und Taubenblauem Seitling gestartet, die weiter ausgebaut werden soll. Ganz wichtig ist den Solawisti auch die Bildungsarbeit.

Mit Fördermitteln seien eine Jurte sowie Mikroskope für kleine Forscher angeschafft worden. Mit der Hermann-Voss-Realschule Wipperfürth in Wipperfürth gebe es Bildungsprojekt, das von der Hans-Hermann-Voss-Stiftung gefördert werde. „Mit unserem Partnerbetrieb Gut Kremershof haben wir den Agroforst als Pilotprojekt auf sechs Hektar gepflanzt, und viele Ehrenamtliche und freiwillige Helfer packen schon mit an und besuchen unsere Mitmachangebote“, zieht Michael Rethwisch weiter Bilanz.

Viele Ehrenamtliche und freiwillige Helfer packen schon mit an und besuchen unsere Mitmachangebote
Michael Rethwisch, Solawi Kremershof

Die Planungen für das nächste Jahr laufen schon. Vor allem will der Vorstand in weitere Ackergeräte wie Pflanzstuhl und Unkrauthacke investieren, um den Anbau von Herbst- und Wintergemüse zu vereinfachen und die Gesamterträge zu steigern, betont Rethwisch. Die aktuell erforderliche Handarbeit binde viele Kapazitäten, auch wenn man sich sehr über die Unterstützung der Ehrenamtler freue.

Ausgebaut werden soll auch der Solawi-Platz. Naturgarten-Elemente und Aufenthaltsmöglichkeiten sind geplant, die Solawi soll noch mehr zum Begegnungs – und Lernort werden, so der Vorstand, der weitere Praktikums- und Freiwilligenstellen schaffen will. Nachdem weitere Wipperfürther Schulen ihr Interesse an einer langfristigen Kooperation bekundet hätten, soll auch hier das Bildungsangebot ausgebaut werden.

Eine Begegnungs- und Lernort

Weitere Projekte sind ein Biotop-Teich und mehr Speichermöglichkeiten für Regenwasser. Eine Multifunktionshalle, in das Gemüse gewaschen und verteilt werden kann, steht ebenfalls auf dem Wunschzettel. Ein Ziel sind zudem weitere Genossen, damit auch das erforderliche Kapital für die Anschaffungen zur Verfügung steht.

Neue Projekte plant auch der Partnerbetrieb Gut Kremershof, wo Rahel und Thorsten Kremershof den Umbau von einem konventionellen Milchviehbetrieb zu einem Biohof vorantreiben. Neben Bio-Rindfleisch gibt es dort mittlerweile auch Eier der eigenen Hühner sowie Weidehähnchen. Der Agroforst soll mit Obst- und Wertgehölzen erweitert werden. Aber vor allem die Energiewende ist ein wichtiges Projekt für Thorsten Kremershof. Der ganze Hof soll mit erneuerbarer Energie möglichst autark werden. Daran werde in Zusammenarbeit mit der TH Köln gerade gearbeitet, berichtet der Landwirt.


Die Solawi Hofkollektiv gemeinnützige Genossenschaft auf Gut Kremershof, so die vollständige Bezeichnung, ging im Juni 2021 an den Start und wurde 2022 als Genossenschaft eingetragen. Das Ziel: regenerative und solidarische Landwirtschaft. Es gibt aktuell rund 350 Genossenschaftsmitglieder. Um Mitglied zu werden, müssen mindestens zwei Anteile zu je 100 Euro gezeichnet werden. Auf rund 1,6 Hektar Anbaufläche wird auf dem Kremershof Gemüse angebaut. Aktuell können 180 Anteile daran erworben werden, das Vergabeverfahren läuft. Die Arbeit läuft in Kooperation mit dem Gut Kremershof, der von einem ehemaligen Milchviehbetrieb in einen zukunftsträchtigen Biohof mit Agroforst, Rinder- und Weidehennenhaltung umgewandelt wird. www.hofkollektiv.bio