Gleich zu Beginn des vergangenen Jahres hat die Marktstadt ein klares Zeichen für die Toleranz und die Vielfalt gesetzt, sogar bundesweit.
Bilanz und AusblickIn Waldbröl sind im Jahr 2024 viele Vorhaben endlich konkret geworden
Erste, symbolisch gemeinte Spatenstiche sind eine durchaus kuriose Disziplin: Eine Gruppe von Menschen, die einen solchen Spaten wohl nur im Privaten in die Hand nehmen würde, greift zum oftmals noch baumarktfrischen Arbeitsgerät, um ein bisschen Erde zu bewegen. Aber: Diese Geste zeigt auch, dass die Arbeit auf dem Papier getan ist, dass nun konkret wird, was Planerinnen und Planer, Rathauskräfte und auch die Politik zuvor ausgeheckt haben.
Doch kann zwischen dem Ende der Arbeit am Schreibtisch und dem Beginn der Arbeit auf der Baustelle viel Zeit vergehen. So dauert es fast fünf Jahre, bis Waldbröls Bürgermeisterin Larissa Weber im vergangenen Dezember den Spaten im Erdreich an der Niederhofer Klus versenken kann, um den Startschuss für den Bau und die professionelle Gestaltung des mehr als 2200 Quadratmeter großen Rollsportparks zu geben. Seinen Ursprung hat der etwa 962.000 Euro teure Parcours für Menschen jeden Alters übrigens in einem von Dillon Weber (UWG) im August 2020 formulierten Antrag an den Stadtrat.
Seit Juli wächst in Waldbröls Mitte der neue Grünzug-Ost
Bereits im Juli darf Rathauschefin Weber ebenso Hand anlegen an einen Spaten: Mit dem symbolischen Akt nimmt auch der Grünzug-Ost auf dem früheren Merkur-Gelände seinen Anfang, rund 4,9 Millionen Euro kostet dieses erste Projekt in der Stadtmitte. Mehr Grün, mehr Wasser: Im Grünzug trifft der Waldbrölbach auf den Wiedenhofbach, nachdem der den neugestalteten, oberhalb der Stadtmitte gelegenen und im September eingeweihten Wiedenhofpark hinter sich gelassen hat und die Mitte plätschert.
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Mit dem Unternehmer Mirdi Roci und seinem Neffen Bleron bekommen dann im Oktober zwei Investoren aus der Politik grünes Licht, auf der Merkur-Brache und entlang der Bahnhofstraße einen Wohnkomplex, die „Merkur-Zeile“, zu errichten. Die beiden Waldbröler verzichten auf Handel und Gewerbe, weil dafür neuer Parkraum benötigt würde und weil auf dem übrigen, insgesamt etwa 12.000 Quadratmeter großen Gelände ohnehin Geschäfte entstehen sollen. Das ist also clever und beugt möglichem Leerstand vor. Allerdings sucht die Stadt noch immer nach Investoren für die anderen, weitaus größeren Flächen. Hoffnung macht da aber die Aussage von Larissa Weber, es gebe einige Interessenten – und auch Interessenten, die sich erstmals in der Marktstadt engagieren wollen und deren Ideen vielleicht sogar überraschen.
Plötzlich gerät Waldbröls neue Markthalle erneut in die Diskussion
Eiskalt überrascht wird Weber indes von der Politik im November, als im Haupt- und Finanzausschuss der Neubau einer vielfältig nutzbaren Markthalle und die Gestaltung des Marktplatzes ob der Kosten plötzlich (wieder) in Frage gestellt werden. Doch wer „Grünzug-Ost“ sagt, der muss auch „Markthalle“ sagen, denn beide Projekte sind untrennbar zusammengeschweißt im neuen Integrierten Handlungs- und Entwicklungskonzept „Innenstadt Waldbröl 2030“. Und das soll üppige Fördersummen in die Stadtkasse spülen – ohne das eine funktioniert eben auch das andere Vorhaben nicht.
Im selben Monat, jedoch ohne den symbolischen Spatenstich, beginnen im Stadtteil Eichen unterdessen die Arbeiten für das ebenfalls vor Jahren geplante Kleinspielfeld, das verschiedenen Sportarten einen Boden bietet. Schaufeln ist zudem in der Ortschaft Rossenbach angesagt: Am Hillesberg bauen sich die Dorfgemeinschaft und der Gemeinnützige Verein mit Geld aus dem Leader-Programm einen Dorfanger – einen Platz mit Boulebahn und Feuerschale, einem Rondell aus Bänken und viel Platz für künftige Feste. Im August ist der schließlich fertig, losgelegt haben die fleißigen Rossenbacherinnen und Rossenbacher bereits im Sommer des Jahres zuvor.
Die Forstbetriebsgemeinschaft Waldbröl-Schnörringen darf sich am Ende doch noch über eine Förderung freuen
Während sie mit kleinem Gerät zügig vorankommen, freut sich die Forstbetriebsgemeinschaft Waldbröl-Schnörringen derweil über das ganz große Gerät: 22,5 Tonnen wiegt der Grader – eines der Spezialfahrzeuge, die zum Jahresende Waldwege mit einer Gesamtlänge von fast elf Kilometern auf Vordermann bringen, nachdem die Abfuhr wuchtiger Holzmengen diesen immensen Schaden zugefügt hat. Fast 400.000 Euro kostet die Sanierung, die Gemeinschaft darf sich aber über eine Förderung in Höhe von 360.000 Euro aus der Landeskasse freuen – Geld, mit dem sie nicht mehr gerechnet hat, nachdem das Land im Sommer plötzlich verkündet, doch lieber in neue Bäume als in alte Wege zu investieren.
Apropos „alte Wege“: Vorbei ist die Zeit, als Radtouren durch das Hermesdorfer Industrie- und Gewerbegebiet Boxberg zu Mutproben geraten. Längst ist der erste Spatenstich getan, Anfang November reicht Bürgermeisterin Weber eine Schere, um die komfortable und rund 780.000 Euro teure Fahrradspur entlang der stark befahrenen Lise-Meitner-Straße zwischen dem Kreisverkehr an der Industriestraße und dem Kreisel vor Biebelshof an der Landesstraße 324 symbolisch ihrer Bestimmung zu übergeben – wer dort den Arbeitsplatz hat, kann diesen nun umweltfreundlich, vor allem aber bequem und sicher erreichen.
Name von mutmaßlichem Missbrauchstäter soll aus Waldbröl verschwinden
Und auch das ist ein Waldbröler Vorhaben, das etwas länger gedauert hat: Erste Pläne für diesen Radweg sind schon im Juni 2020 der Politik vorgestellt worden – und zwar vom städtischen Tiefbau-Ingenieur Hartmut Schröder, der sich im selben Jahr und bis zu seinem Tod im April 2022 auch für den Rollsportpark an der Klus einsetzt.
Waldbröls 2024 ist also ein Jahr der Veränderung, des Aufbruchs, des Aufschlagens neuer Kapitel. Und eines, in dem die Stadt endlich auch mit hässlicher Vergangenheit abschließen kann: Das wollen im März etwa Christina Simon (58) und Stefan Monreal (56). Im Namen der mutmaßlichen Missbrauchsopfer katholischer Geistlicher schreiben sie einen Antrag an die Stadtpolitik, dass der Name der Dechant-Wolter-Straße aus ihrer Heimatstadt verschwinden soll, wird Emmerich Wolter, in den Jahren von 1945 bis 1973 Dechant und Seelsorger in der Pfarrei St. Michael, doch zum Kreis mutmaßlicher Täter gezählt, die sich einst in Waldbröl an jungen Menschen vergangen haben sollen.
Erstmals bestätigt das Kölner Erzbistum auf Anfrage dieser Zeitung einen solchen Vorwurf auch mit einem Namen: „Im juristischen Sinne ist hier (im Fall Wolter, d. Red.) von einem mutmaßlichen Täter zu sprechen“, heißt es aus der Domstadt. Der Antrag von Simon und Monreal hat Erfolg, seit Dezember machen sich die Anwohnerinnen und Anwohner Gedanken darüber, ob ihre Straße künftig Sankt-Michael-Weg und „Zum Klösterchen“ heißen soll. Und die Stadt hat zugesichert, die Kosten fürs Ändern der Ausweise zu tragen.
Flagge hat Waldbröl schon zu Beginn des Jahres gezeigt: „Karneval in bunt, nicht braun!“ steht auf dem Rücken der knallgelben Westen für Wagenengel, die Peter Koch in Altehufen fertigt und die bundesweit reißenden Absatz finden als Zeichen für die Toleranz und die Vielfalt. Dafür und für das bunte Leben demonstrieren 800 Waldbrölerinnen und Waldbröler dann auch im Februar auf dem Marktplatz. Und auch bei den kommenden Karnevalszügen sind jene Westen sicher wieder zu entdecken.