Zwischen begeistert und ablehnend schwanken zurzeit die Reaktionen aus Arztpraxen und Apotheken in Oberberg zum elektronischen Rezept.
MedizinIn Oberberg läuft das E-Rezept noch nicht fehlerfrei
Aus der Arztpraxis gleich in die Apotheke, das Rezept auf den Tresen gelegt und sofort das verschriebene Medikament gekauft: So war‘s gestern. Heute aber müssen Ärztin und Arzt jedes Rezept signieren, wie es seit Beginn des Jahres heißt: Verschreibungen sollen nämlich nicht mehr auf Papier erfolgen, sondern digital – jedes elektronische Rezept verlangt dann aber eine Freigabe, eben eine Signatur, damit Apothekerin und Apotheker das Arzneimittel abgeben können.
„Fehlt aber die Freigabe, wird uns das Rezept nicht mal angezeigt“, erklärt Sebastian Gissinger, Inhaber der Hirsch-Apotheke in Engelskirchen-Ründeroth, und räumt mit einem Missverständnis auf: „Das Rezept wird nicht auf dem Chip der Gesundheitskarte gespeichert – es liegt in einer Cloud, einer Datenbank.“ Die Gesundheitskarte sei nur der Schlüssel dafür. „Daher brauchen wir sie immer, ohne die Karte geht nichts.“
Bis zu 50 E-Rezepte am Tag sind an Spitzentagen in Ründerother Apotheke angekommen
Während die Ärzte erst jetzt dazu verpflichtet sind, vorzugsweise ein E-Rezept auszustellen, arbeiten die Apotheken bereits seit fast zwei Jahren mit diesem System. „Schon vor dem Jahreswechsel hatten wir an Spitzentagen bis zu 50 E-Rezepte“, blickt Gissinger zurück. „Allerdings gehörten auch Lieferungen, etwa für Seniorenheime, dazu.“
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Die langen Übertragungszeiten zwischen den Datenbanken hält der Apotheker zurzeit für das größte und Problem: „Es dauert bis zu zwei Minuten, bis ein eingelöstes Rezept von unserem Server zur Abrechnungsstelle geschickt ist, das nervt gewaltig.“ Dabei soll das neue Rezept gerade das: Zeit sparen und Wege in die Praxis und zum Arzt. In Waldbröl aber schüttelt der Landarzt Dirk Feuerstein den Kopf: „Es ist doch zehnmal schneller, wenn ich ein Rezept im Vorbeigehen gleich am Drucker unterschreibe, als es auf dem Bildschirm zu signiere.“
Landarzt Dirk Feuerstein sieht ältere Patientinnen und Patienten klar benachteiligt
Er findet, dass das E-Rezept den Patientinnen und Patienten derzeit noch viele Unannehmlichkeiten beschere: „Da mir etwa im Praxisalltag die Zeit fehlt, kann ich sämtliche Rezepte erst nach Ende einer Sprechstunde freigeben“, sagt Feuerstein. „Bis dahin muss man sich also in Geduld üben, bis dahin können keine Medikamente gekauft werden.“
In dringenden Fällen aber sollen Mediziner dann doch zu einem Blatt Papier greifen und einen QR-Code, einen Token, ausdrucken, der in der Apotheke ebenso eingelöst werden kann. „Bei Hausbesuchen funktioniert das leider nicht“, klagt Feuerstein. „Dafür müsste ich einen Drucker in meinen Kleinwagen oder auf den Gepäckträger packen, wenn ich meine Touren im Sommer mit dem Fahrrad erledige.“
Zudem sieht der Waldbröler ältere Menschen benachteiligt, die nicht mit einem Smartphone klarkämen: Auch mithilfe des Mobiltelefons, einer App und dann einer Identifikationsnummer können solche Rezepte ab sofort eingelöst werden, das ist der dritte Weg, um an Medikamente zu kommen.
Arzt aus Waldbröl ist mit dem E-Rezept bisher sehr zufrieden
„Bei allem ist natürlich vorausgesetzt, dass das Internet läuft“, betont Martina Dammüller, Apothekerin in Wipperfürth und Sprecherin für Oberberg in der Apothekerkammer Nordrhein. Zuletzt seien im Dezember immer wieder die Server der Krankenkassen ausgefallen. „Bei solchen Pannen sorgen wir dann gemeinsam mit der Arztpraxis für eine schnelle Versorgung mit dem benötigten Arzneimittel“, versichert Dammüller. Und bei größeren Pannen gelte auch weiterhin das rosafarbene Papierrezept.
Auch kritisiert die Wipperfürtherin, dass Verordnungen für medizinische Hilfsmittel noch vom E-Rezept ausgeschlossen sind: „Ein Diabetiker bekommt damit das Insulin, nicht aber die Nadel für die Spritze.“
Das hält auch Dr. Nils Achilles von der Waldbröler „Hausarztpraxis am Brölbach“ für ein großes Manko. „Zudem können wir keine Verordnungen für eine Physiotherapie etwa ausstellen“, fügt er hinzu. Ansonsten sei er mit dem E-Rezept zufrieden: „Es spart viel Aufwand, Zeit und auch Geld für Rezeptblöcke“, zählt Achilles auf. Er und seine Kollegen signierten diese Rezepte immer stündlich und stets in einem Schwung. „Den Patienten sagen wir, dass das Rezept am Nachmittag oder spätestens am Folgetag fertig ist.“ Das habe bisher gut funktioniert.
Von einem recht holprigen Start spricht dagegen Oliver Dubben, er unterhält zwei Apotheken in Nümbrecht und eine in Waldbröl. „Wir müssen zurzeit leider viel nacharbeiten, weil die Ärzte die Rezepte nicht immer wie vorgesehen ausfüllen.“ Die größten Probleme bereite die Belieferung von Patienten, die nicht mobil sind. „Da müssen wir oft einen Weg mehr in Kauf nehmen, um an die Gesundheitskarte zu kommen, damit das Rezept eingelöst werden kann“, führt Dubben aus. Er wundere sich, „dass nach einer so langen Zeit der Entwicklung nichts Ausgereifteres entstanden ist“.