Michael Zählers Herz schlägt seit Jahrzehnten für Drachen. Und er weiß, dass es für einen perfekten Drachen-Tag draußen nicht viel braucht.
Freude an DrachenIn Waldbröl baut der Drachenmichel kunterbunte Himmelsstürmer
Links von der Nähmaschine stapeln sich die Fledermäuse. Ist das Gerippe eingezogen, lassen sie sich brav an die Leine legen und steigen auf – wenn der Wind günstig steht und keine Böen pusten. „Die sorgen immer für Unruhe“, schimpft Michael Zähler und schiebt bunten Stoff unter die Nadel der Maschine.
Hier, in der Drachenhöhle, stellt der Waldbröler her, was so vielen Menschen Freude macht: Der 57-Jährige baut Drachen aller Art, eben von der kleinen Fledermaus für kleine Drachenfans bis hin zum Fluggerät mit meterlanger Spannweite, das sich nur mit viel Kraft, noch mehr Erfahrung und vor allem großer Leidenschaft gen Himmel schicken lässt.
Und wenn „Drachenmichel“ Zähler hört, dass stets der Herbst die beste Zeit für Drachen ist, schüttelt er prompt den Kopf über diesen alten Irrglauben: „Früher waren dann die Felder abgeerntet und eben, damit war der Platz da, den man fürs Drachenfliegen braucht.“
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Für einen perfekten Drachentag brauche es nicht viel, sagt der Waldbröler Experte
Dabei reiche doch das ganze Jahr über eine schöne Wiese – etwa die in Kalteneiche, oberhalb der Gummersbacher Ortschaft Derschlag in Richtung Bernberg gelegen und Drachenmichels liebster Platz in Oberberg: „Eine hohe Kuppe, wenig Wald, eine coole Ecke“, schwärmt der Waldbröler. Und wenn der Wind dort dann stabil mit einer Geschwindigkeit von 24 Kilometern in der Stunde weht und sich keine Luftwirbel bilden, sei doch schon alles perfekt.
21 Jahre alt ist Michael Zähler, als ihn die Faszination für die fliegenden Kunstwerke erwischt: Nach erfolglosen Flugversuchen im Rheinland steht er mit einem neuen Drachen in Norddeich und der Wind fegt mit Stärke fünf über den Nordsee-Strand: „Da hat‘s mich durch den Schlamm gezogen – einfach herrlich.“ Heute, so schätzt er, lagern etwa 1500 handgemachte Drachen aller Art im Keller. Mit rund 250 Modellen treibt er Handel, bietet sie auf Drachenfesten zum Kauf an – wie bald dem auf dem Bergneustädter Dümpel.
Auch Ortsschildern hat der Drachenmichel aus Waldbröl schon das Fliegen beigebracht
Auch Ortsschildern hat der Mann das Fliegen beigebracht, diese Idee hat er sogar schützen lassen. „Auf dem ersten Schild stand der Name meines früheren Wohnorts Birk“, erinnert sich Zähler an seine Jahre in Lohmar. Gerade arbeitet er an einer Kleinserie seines „99ers“, einem fast zwei Meter langen, komplexen und in sich verschaltetem Fluggerät, dessen Name Zähler an ein besonderes Neujahrsfliegen 1999 erinnert. „Seither ist dieser Drache niemals abgekackt.“
Mit solchen Schmuckstücken im Gepäck reist er durch die Welt, noch im Juni ist er beim größten Drachenfest der Welt auf der dänischen Insel Fanö gewesen, auf dem Dümpel geht seine persönliche Drachensaison am ersten November-Wochenende (2. und 3. November) zu Ende. Lässt er keine Drachen steigen, so schuftet er als Maschinenbauer bei einem Unternehmen in Reichshof-Wehnrath.
In Waldbröl entstehen unter der Nähmaschine immer echte Unikate
An der Nähmaschine in der Drachenhöhle entstehen immer Unikate. „Als Drachenbauer kupfert man von keinem anderen Kollegen ab“, nennt Zähler eine Goldene Regel. „Wir tauschen Drachen oder schenken sie uns gegenseitig zum Geburtstag.“ Er verarbeitet Segelstoff aus nahezu reißfestem Polyester, „Ripstop“ heißt das Material: Dieses ist mit unzähligen Mini-Karos übersät, deren dickere Quer- und Längsstreifen schützen den Drachen vor dem Zerfetztwerden. In Lenkdrachen fügt der Fachmann Stäbe aus Kohlefaser, in die klassischen Delta- und Rauten-Drachen setzt er dagegen Stäbe aus Glasfaser ein.
„Wichtig ist, dass jeder den richtigen Drachen für sich findet“, betont der Waldbröler und bedauert, dass es fast keinen Fachhandel für Drachen mehr gibt. „Daher biete ich gerne Beratungen an“, sagt er und warnt davor, Drachen im Discounter zu kaufen: „Die fliegen meist nicht und sorgen für Frust. Da geht der Spaß an dieser tollen Sache sofort verloren.“ Doch sei das Drachenfliegen ein Hobby, das nicht viel Geld kosten muss.
Und wovon träumt einer wie Michael Zähler? Lange überlegt der 57-Jährige nicht: Er möchte die Geschichte vom Regenbogenfisch inszenieren, der am Ende seine glänzenden Schuppen verschenkt (Autor: Marcus Pfister, 1992). „Jemand trägt im Dunkeln die Geschichte vor und ich lasse einen Drachen aufsteigen – nach und nach fallen dann glitzernde, leuchtende Schuppen hinunter“, verrät der Waldbröler. Das sei im Übrigen der größte Reiz am Entwerfen von Drachen, „die Kombination von Technik und Kreativität“.
Wer Beratung rund um den Drachen wünscht, der erreicht Michael Zähler unter 0160/90 32 17 40.