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Waldbröler TraditionBald ist die gute Butter aus Hermesdorf ein Stück Geschichte

Lesezeit 5 Minuten
Sabine Greb schüttet Schmand in das Rührwerk, das diesen dann zu „guter Butter“ verarbeitet. Dieses Handwerk ist auf dem Hof von Sabine und Jürgen Greb in Waldbröl-Hermesdorf eine Familientradition. Deren Tage aber sind gezählt.

Sabine Greb schüttet Schmand in das Rührwerk, das diesen dann zu „guter Butter“ verarbeitet. Dieses Handwerk ist auf dem Hof von Sabine und Jürgen Greb in Waldbröl-Hermesdorf eine Familientradition. Deren Tage aber sind gezählt.

Noch bis zum Ende dieses Jahres wollen Sabine und Jürgen Greb Streichware für den Verkauf herstellen. Die Arbeit ist hart, der Ertrag gering.

Macht die Maschine plötzlich dumpfe Geräusche, zückt Sabine Greb prompt den breiten Holzlöffel. Das ist der Klang der fertigen Butter, die 51-Jährige hört das genau. Dann hebt sie den Deckel beiseite, taucht den Löffel tief in das stählerne Rührwerk und streicht exakt ein Pfund fertige Butter in quadratische Holzformen – die eine gibt der Butter ein Blumenmuster mit auf den Weg, die andere Form ziert eine Kuh.

Seit 1994 stellen Sabine Greb und Ehemann Jürgen auf ihrem Hof in der Waldbröler Ortschaft Hermesdorf gemeinsam „gute Butter“ her – aber nicht mehr lange: Ende dieses Jahres wollen Oberbergs wohl letzte Butterbauern das Familien-Handwerk aufgeben. Mit der dritten Generation geht an der Allensteiner Straße also eine Tradition zu Ende. „Wir müssen kürzer treten, es geht einfach nicht mehr – und einen Nachfolger haben wir leider nicht“, erklärt Jürgen Greb. Im Beruf arbeitet der 56-Jährige im Rathaus von Waldbröls Nachbargemeinde Reichshof, die Landwirtschaft seiner Großeltern und Eltern führt er als Nebenerwerb.

Man merkt inzwischen deutlich, dass sich die Menschen heute gesünder, vor allem aber regional ernähren wollen.
Jürgen Greb, Landwirt aus Waldbröl-Hermesdorf

Dorthin und zu seiner Bertha ist in den 1930er Jahren Jürgen Grebs Opa Wilhelm aus dem Heimatort Wies gezogen, 1961 verkauft das Paar die erste Butter aus eigener Herstellung. 1968 übernehmen das die Kinder Elisabeth und Wolfgang. Steht Sabine Greb heute in der Butterküche und schwingt den mindestens 50 Jahre alten Löffel ihrer Vorgängerin, dann hat ihr Mann zwischen vier und halb fünf bereits die zwölf Kühe gemolken, sie gefüttert, den Stall ausgemistet, schließlich die Tiere auf eine der grünen Weiden am Rand des Ortes getrieben. Dort stehen sie nun, fröhlich in den Tag muhend.

Landwirt Jürgen Greb mit seiner Mitarbeiterin Zebra auf einer der Weiden in Waldbröl-Hermesdorf. Insgesamt verarbeitet der 56-Jährige die Milch von zwölf Kühen.

Landwirt Jürgen Greb mit seiner Mitarbeiterin Zebra auf einer der Weiden in Waldbröl-Hermesdorf. Insgesamt verarbeitet der 56-Jährige die Milch von zwölf Kühen.

Gute drei, manchmal vier Stunden dauert es nun, bis die frühere Lageristin auch die letzte Portion Butter in weißes Pergamentersatzpapier – früher hieß das „Butterbrotpapier“ – eingeschlagen, in eine Papiertüte geschoben und für den Verkauf etikettiert hat. Jetzt liegt die Ware, naturbelassen oder mit einer Prise Meersalz gewürzt, im Kühlschrank. Zwölf Tage ist ein solcher Brocken mindestens haltbar – gekühlt, versteht sich.

Kehrt Jürgen Greb zurück aus Reichshof, geht’s in Hermesdorf erneut zu den Kühen und in den Stall – bis etwa 22 Uhr. „Letzte Nacht ist etwas kaputtgegangen, da bin ich erst kurz vor Mitternacht ins Bett gekommen“, verrät der Landwirt aus Leidenschaft und reibt sich die Augen. Künftig möchte er vor allem mit Fleischwaren und der Haltung von Mutterkühen Geld verdienen, dafür baut das Paar gerade den Hof um.

Mit 14 Jahren ist Jürgen Greb auf erste Verkaufstour gegangen durch die Ortschaft Hermesdorf

Butter soll es dann nur noch für den eigenen Haushalt und allenfalls in kleinen Portionen im Hofladen geben, Eier kommen auch weiterhin in die Einkaufstasche. „Ich war etwa 14, als ich das erste Mal raus musste auf eine Buttertour durch den Ort“, erinnert sich Jürgen Greb an erste Verkaufstouren. Drei D-Mark kostet damals das halbe, sechs Mark das ganze Pfund. „Und schon in diese Zeit merkte man oft, dass mancher mal knapp bei Kasse war und darum bat, später bezahlen zu dürfen“, blickt der umtriebige Hermesdorfer zurück.

Weil zuletzt nahezu alle Lebensmittel teurer geworden sind, musste auch er die Preise um 50 Cent anheben: Ein halbes Pfund Butter kostet – auf dem Hof – 2,50 Euro, ein ganzes 4,50. „Eigentlich müssten wir noch höher gehen“, sagt Greb. „Würde ich allein unsere Milch verkaufen, bekäme ich wohl mehr Geld dafür, vielleicht 45 bis 50 Cent pro Liter.“ Doch habe er zuletzt sogar mehr Butter verkauft als früher. „Das liegt wohl daran, dass sich die Menschen heute gesünder, vor allem aber auch regional ernähren wollen.“

Die noch weiche Butter streicht Sabine Greb in hölzerne Formen mit Blumen- und Kuh-Dekor. Dabei wird die Masse gewogen und für den Verkauf als halbes oder ganzes Pfund vorbereitet.

Die noch weiche Butter streicht Sabine Greb in hölzerne Formen mit Blumen- und Kuh-Dekor. Dabei wird die Masse gewogen und für den Verkauf als halbes oder ganzes Pfund vorbereitet.

Zehn bis zwölf Liter Milch braucht das Paar für ein Pfund, etwa 20 Liter gibt jede Kuh täglich, „je nach Tagesform natürlich“. Den Fettgehalt der Milch beziffert Jürgen Greb vor der Zentrifuge auf drei bis dreieinhalb Prozent. „Dieser Wert steigt und fällt natürlich mit dem Futter“, schildert er. „Und das Futter verändert auch den Geschmack, vor allem im Winter.“ Die Herstellung von Klatschkäse – das ist grober, körniger Quark – hat er wegen des immensen Aufwands bereits vor Jahren aufgegeben. „Diese Arbeit möchte heute leider keiner mehr bezahlen“, bedauert Greb.

Was einst harte Handarbeit war, das erledigt in Waldbröl-Hermesdorf eine Zentrifuge

Aus der Melkanlage fließt die Milch am Morgen in eine Zentrifuge aus Edelstahl, bei einer Temperatur von 30 Grad Celsius tritt sie eine rasante Rundreise an: Weil das Fett schwerer ist, rinnt der Schmand in den einen Eimer, die deutlich leichtere und jetzt magere Milch fließt in einen anderen – einst war das harte Handarbeit. „Mit der Magermilch füttern wir vor allem unsere Jungtiere in den ersten acht Wochen ihres Lebens, einige von den älteren Tieren und auch die Schweine“, schildert der Landwirt. Den Schmand erhitzt er auf 60 bis 63 Grad, um Keime und Pilze abzutöten – so darf die Ware in den Handel.

Immer montags, mittwochs und freitags macht Sabine Greb dann Butter. Inzwischen ist der Schmand – manche nennen diesen auch Rahm oder Sahne – leicht sauer geworden. Wollten die Grebs Süßrahm-Butter produzieren, müsste die Rohmasse noch an der Zentrifuge verarbeitet werden, damit keine Säuerung eintritt. Während die Buttermaschine noch ihre Arbeit verrichtet, strömt die restliche Milch, die Buttermilch, in ein Gefäß.

„Gerade den etwas sauren, typisch alten Buttergeschmack, den lieben die Leute noch immer“, sagt Jürgen Greb, dem keine Butter aus dem Supermarkt aufs Brot kommt. „Einmal mussten wir welche kaufen“, verrät der 56-Jährige und schüttelt sich prompt und raunt: „Lieber nicht noch mal.“


Wo die gute Butter vom Hermesdorfer Hof noch zu haben ist

Zu haben ist die Butter von Sabine und Jürgen Greb zurzeit noch im Waldbröler Raiffeisen-Markt, Bahnhofstraße 28, bei der Landmetzgerei Gerlach in Nümbrecht-Winterborn, Brückenweg 2, und in Morsbach bei der Metzgerei Rosenbaum, Waldbröler Straße 33. Dort gelten dann die Ladenpreise.