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OberbergAuch nach Impfungen bleiben Leitungen der Altenheime vorsichtig

Lesezeit 4 Minuten

Desinfektionsspender gehören in den Altenheimen von Oberberg nach wie vor zur Grundausstattung.

Oberberg – Die Lage hat sich entspannt in Oberbergs Senioreneinrichtungen: keine neuen Corona-Kranken, kein Vergleich mit der dramatischen Situation im Winter mit zahlreichen Ausbrüchen. Bewohner und Bewohnerinnen, Pflegende und Angehörige sind erleichtert. „Aber ein normaler Alltag ist das noch nicht“, sagt die Leiterin vom CBT-Wohnhaus St. Michael in Waldbröl, Elke Schuster, obwohl NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann strahlend Lockerungen für die Bewohner von Senioreneinrichtungen verkündete.

Immerhin dürfen die 70 Bewohnerinnen und Bewohner im CBT-Haus sich jetzt wieder am Büffet bedienen und gemeinsam die Mahlzeiten einnehmen, „auch ohne Plexiglasscheiben auf den Tischen“. Lange war das undenkbar.

Aber auf Abstand wird weiterhin geachtet, und auf Osternester und Hasen als Tischdeko müssen alle in diesem Jahr verzichten. „Das Wohnliche, die Atmosphäre fehlt immer noch. Aber die Pandemie ist ja keineswegs vorbei“, warnt Schuster. Auch wenn die meisten Bewohner und viele Mitarbeitende jetzt geimpft seien.

Enorm anstrengendes Jahr

Aber eben nicht alle: „Ein Restrisiko bleibt.“ Und eine Situation wie im Dezember 2020, als das ganze Haus unter Quarantäne stand, möchte niemand mehr erleben. Die Leiterin mag sich gar nicht erinnern an die genaue Zahl der Erkrankten. „Um die 40 Bewohner und 25 Mitarbeiter“, schätzt sie. Zwei Bewohner verstarben an oder mit dem Virus. „Das war sehr hart, so etwas hätte ich mir niemals vorstellen können.“

Seit 27 Jahren ist Elke Schuster im Beruf. „Während des Besuchsverbots haben wir alles versucht, um den Kontakt mit Angehörigen zu ermöglichen: über Face-Time, von den Fenstern aus, Mitarbeiter haben ihre privaten Handys zur Verfügung gestellt. Dieses ganze Jahr war enorm anstrengend.“

Auch die Organisation der Impftermine im Haus: Räume vorbereiten, Einverständniserklärungen gegebenenfalls auch von Betreuern einholen. Zudem musste dafür gesorgt werden, dass nirgends Gedränge entstand und Abstände eingehalten wurden. Zeitversetzte Termine mussten organisiert werden, weil jeder Geimpfte eine halbe Stunde lang beaufsichtigt werden musste.

Erleichterung nach Impfungen groß

„Da waren wir jeweils einen ganzen Tag lang gut beschäftigt“, seufzt Astrid Rauschmeier, Leiterin des Waldbröler Awo-Seniorenzentrums am Königsbornpark. Hier gab es noch im Januar Erkrankte, deshalb mussten die Termine des mobilen Impfteams verschoben werden. Erst vergangenen Donnerstag wurden hier die letzten Bewohner geimpft. Wer eine Infektion überstanden habe, werde wegen der vermuteten Teilimmunität erst in einem halben Jahr geimpft, erklärt Rauschmeier und setzt darauf, dass dann auch die Hausärzte impfen dürfen. „Aber egal, wie viel Arbeit es ist – wir waren froh, als es endlich los ging! Man darf das Virus auf keinen Fall unterschätzen.“

Das sieht Georg Huber, Leiter des Evangelischen Altenheims und des Dietrich-Bonhoeffer-Hauses in Bergneustadt , genauso. Hier kehrte Weihnachten eine Person mit einem negativen Testergebnis aus dem Krankenhaus zurück. Der zweite Test war dann aber positiv – und das Virus im Dietrich-Bonhoeffer-Haus. Zehn Bewohner und zehn Mitarbeitende erkrankten, zwei Menschen starben.

Auch wenn 90 Prozent der Bewohner und 60 Prozent der Mitarbeiter inzwischen geimpft seien: „Die Bewohner und die Angehörigen sind weiterhin in Sorge und froh, dass wir es mit den Lockerungen schön langsam angehen“, weiß Huber. Wer könne schon sagen, ob Geimpfte nicht doch das Virus verbreiten und wie hoch der Schutz angesichts der Mutationen wirklich sei. Auch neue Bewohner sind beim Einzug nicht unbedingt geimpft. In die Einrichtung kommt ein Impfteam aber erst wieder, wenn es dort sechs Impfwillige gibt.

Bundeswehr hilft mit

So versucht man in Bergneustadt auch weiterhin, die Wohnebenen strikt zu trennen und verlangt das Tragen von FFP-2-Masken von Mitarbeitenden und Besuchern. Die werden auch alle getestet, seit dem 18. Februar mit Hilfe der Bundeswehr. „Das sind schon mal 100 Tests am Tag“, rechnet Huber vor. Er hofft wie die Leitungen anderer Einrichtungen, dass die Soldaten über den anvisierten Termin Ende März hinaus bleiben dürfen.

Bauchschmerzen macht den Heimleitungen die neue Besuchsregelung: Jeder Bewohner darf jeweils fünf Personen aus zwei Haushalten plus Kinder empfangen. Huber klagt: „Da hat Herr Laumann die Situation im privaten Haushalt vor Augen gehabt. Manchmal zweifle ich da am gesunden Menschenverstand.“ Er ärgert sich, dass er sich strafbar mache, wenn er sich nicht an die verordneten Lockerungen halte. Da bleibe nur, die Besuchszeiträume so zu verlängern, „dass möglichst nicht zu viele Personen auf einmal im Haus sind.“

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Auch Schuster hofft, dass die Besucherzahl nur zu besonderen Anlässen wie Geburtstagen ausgeschöpft wird. Weiterhin Vorsicht walten lassen, das Stückchen zurückgewonnene Normalität keinesfalls aufs Spiel setzen – da sind sich die Heimleitungen einig. Feste werden weiterhin ausfallen, auch das Singen, von vielen Bewohnern schmerzlich vermisst, will noch niemand riskieren. Immerhin: Eine Gruppe im Evangelischen Altenheim in Bergneustadt durfte am Mittwoch zum ersten Mal seit über einem Jahr wieder kegeln.