Multiple SkleroseTrotz Krankheit ist Dirk Marenbach als Bäcker erfolgreich
Oberberg – Diese Aussage kommt unerwartet: „Meine Arbeit hat mir noch nie so viel Spaß gemacht wie jetzt.“ Das sagt Dirk Marenbach, 58 Jahre alt, seit 1977 Bäcker von Beruf, seit 1985 Meister, seit Oktober 2018 wieder mit eigener Backstube und eigenem Geschäft.
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Was die Aussage so ungewöhnlich macht, das ist nicht die Begründung, beim Backen auf Qualität und nicht auf Masse achten zu müssen. Es ist vielmehr der gesundheitliche Hintergrund, der dem Bladersbacher seit seinem 44. Lebensjahr zu schaffen macht.
Dirk Marenbach erkrankte 2005 an MS
Dirk Marenbach hat MS – Multiple Sklerose. Jene teuflische MS, für die es keine Heilung gibt, eine chronische Krankheit mit sogenannten Schüben, die den daran Leidenden jeweils eine weitere Verschlechterung ihres gesundheitlichen Zustandes bescheren, eine Krankheit, deren Verlauf nicht aufgehalten, sondern allenfalls gelindert oder verzögert werden kann.
„Ich sah plötzlich alles doppelt“, erinnert sich Dirk Marenbach an jenen denkwürdigen Tag im Jahr 2005, als sich erste Anzeichen bei ihm bemerkbar machten. Eine genetische Disposition habe es in seiner Familie nicht gegeben, sagt Marenbach, niemand seiner ihm bekannten Verwandten war bis dahin an MS erkrankt.
Tiefschläge gab es genügend, nicht nur wegen der Krankheit
Die Diagnose im Alter von 44 Jahren zu bekommen, war ein schwerer Schlag für die gesamte Familie. Erfolgreich führte er damals die bereits von seinem Großvater Friedrich Marenbach 1933 in Bladersbach gegründete Landbäckerei. Gelernt hatte Dirk Marenbach das Handwerk bei Bäcker Ulbrich in Waldbröl, kurioserweise in der Bäckerei, die er – nachdem sie drei Jahre lang leer gestanden hatte – 2018 neu eröffnen sollte.
Wie es ist, insolvent zu werden und von einem auf den anderen Tag vor einem Scherbenhaufen zu stehen, das weiß Dirk Marenbach nur zu gut. Trotz MS führte er die Bäckerei in Bladersbach bis 2010 weiter, bis er den Standort nach Streitereien mit Nachbarn und nicht mehr zu finanzierenden Auflagen aufgeben musste. Um die Schübe seiner Erkrankung zu verzögern, musste er sich jeden Tag selbst Spritzen setzen, bevor neue und auch verträglichere Medikamente auf den Markt kamen, die er seither in Tablettenform einnimmt.
Die Familie unterstützt ihn, wo sie kann
Aufgeben kam für ihn allerdings nie in Frage, dafür lag ihm sein Handwerk zu sehr am Herzen. Andere Bäckermeister sahen das allerdings anders: „Zwischen 2010 und 2013 hatte ich neun verschiedene Arbeitsstellen, die ich wegen meiner Erkrankung aber immer wieder mehr oder weniger schnell verlor.“ Mit jedem Schub, den die heimtückische Krankheit den Patienten aufbürdet, geht auch ein weiteres Stück Autonomie verloren. Das Reiten zum Beispiel, das Ehefrau Annegret Marenbach und er als gemeinsame Leidenschaft hatten, geht nicht mehr... dafür aber Anderes.
Als Dirk Marenbach im Herbst 2018 nach reiflicher Überlegung den Schritt zurück zur Selbstständigkeit wagte, da hielten ihn nicht wenige für verrückt. Doch seine Frau unterstützt ihn, begleitet ihn, hilft auch mal beim Kneten der Teige oder kocht kiloweise Pudding für den Bienenstich, eine der Spezialitäten des Hauses. Marenbach hat die Abläufe des Brotbackens seiner Krankheit angepasst: Bereits nachmittags bereitet er die Teige vor, nimmt weniger Hefe, damit die Laibe vor dem Backen am nächsten Morgen länger reifen können sowie dreistufigen Sauerteig.
Die erwachsenen Kinder des Ehepaares haben allesamt andere Berufswege eingeschlagen als der Vater, Großvater und Urgroßvater. Aber sie helfen mit, wie auch seine Mutter, zum Beispiel an den Ständen auf Wochenmärkten, bei denen die Marktbrote weggehen, wie die sprichwörtlichen warmen Semmeln.