Mit einem ordentlichen Griff in die Pensionskasse will der Oberbergische Kreis seinen fast 93 Millionen Euro teuren Kreishausanbau finanzieren.
SPD will MoratoriumKreishaus in Oberberg: Kleiner aber teurer

So präsentiert sich der Erweiterungsbau des Kreishauses von der Moltkestraße aus. Im Hintergrund das alte Kreishaus.
Copyright: OBK/Hascher Jehle Architektur, Berlin“
Erst sollte der Erweiterungsbau des Kreishauses 62 Millionen Euro kosten, jetzt sind es fast 93 Millionen geworden, die der Kreis am Mittwoch im Bauausschuss als aktuelle Kostenschätzung der beauftragten Architekten Hascher & Jehle aus Berlin präsentierte. Allerdings gilt diese Summe nur für den ersten von drei Bauabschnitten und damit auch nur für 60 Prozent der als erforderlich erachteten Flächen. Rechnet man die Bauabschnitte zwei und drei hinzu, müssten für 100 Prozent Kreishausneubau 143 Millionen Euro berappt werden.
Dabei sollten im Jahr 2017 besagte 62 Millionen doch schon der „Worst Case“ sein, also der schlimmste aller anzunehmenden Fälle. Und wann sollen besagte Bauabschnitte zwei und drei folgen, die im vergangenen Jahr mit Blick auf eine schwächelnde Wirtschaft und den anhaltenden Krieg in der Ukraine von der Agenda genommen worden waren? Erst nach mehrfacher Nachfrage dieser Zeitung im Hintergrundgespräch zum Kreishaus II sagte Kreisdirektor Klaus Grootens, dass „kurz- und mittelfristig daran nicht zu denken“ sei. Und somit auch nicht an die bisweilen hitzig diskutierte und vom Kreis als alternativlos bezeichnete Verlagerung der Kreisleitstelle von Kotthausen in die Innenstadt.
Jugendamt würde vor allem von einem Neubau profitieren
Vor allem das Jugendamt würde von einem Neubau profitieren, das aktuell in Gummersbach an fünf Standorten anzutreffen ist. Mehr als 20 Standorte sind es insgesamt, auf die sich die Kreisverwaltung im Stadtgebiet verteilt, so dass die Gemeindeprüfungsanstalt schon vor 15 Jahren mit Hinblick auf eine bessere Wirtschaftlichkeit eine bauliche Zentralisierung als zwingend angesehen hatte. Während die Baupreise am Mittwoch im Bauausschuss durch das Büro BMP Baumanagement erläutert wurden, kam die in der Sitzungsvorlage erläuterte Finanzierung nicht mit einer Silbe zur Sprache mit Verweis auf den Finanzausschuss in der kommenden Woche.
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Allerdings berichteten Grootens und Amman in besagtem Hintergrundgespräch. Wie berichtet will sich der Kreis quasi selbst einen Kredit geben und für einen befristeten Zeitraum auf Zuführungen zur Pensionsrücklage verzichten und fällig werdende Wertpapiere als liquide Mittel einsetzen. Kämmerer Grootens sieht darin den großen Vorteil, dass die Kommunen über die Kreisumlage nicht zusätzlich belastet würden. Und nach seiner Darstellung auch im Nachhinein die Bürger nicht. Die Frage, wie hoch die Zinsausfälle durch den Griff in die Pensionskasse sein werden, konnte der Kreisdirektor jedoch nicht beantworten.
„Das darf kein Abschiedsgeschenk für Landrat Jochen Hagt werden“
Bereits am Morgen hatte die SPD in einem Pressegespräch klar dagegen Stellung bezogen, bereits am 27. März einen Baubeschluss zu fassen, wie der Fraktionsvorsitzende Sven Lichtmann sagte. Aus seiner Sicht sei bis dato auf Basis einer ganz anderen Grundlage diskutiert worden. Lichtmann vermutet aber auch, dass die aktuelle Mehrheit im Kreistag von CDU, FDP, UWG und FWO/DU dazu genutzt werden soll, den Baubeschluss wenige Monate vor der Kommunalwahl noch durchzubekommen. „Das darf kein Abschiedsgeschenk für Landrat Jochen Hagt werden“, sagte er. Vielmehr forderte er ein Moratorium. Verwaltung, Politik und die Bürgermeister gehörten an einen Tisch. Es gehe darum, was der Kreis unbedingt an neuer Fläche brauche.
Von der Höhe der angenommenen Baukosten schien allerdings auch Ina Albowitz-Freytag (FDP) überrollt worden zu sein und sagte, dass 92,8 Millionen Euro „schon eine Hausnummer“ seien. Allerdings denkt sie, dass das Verfahren inzwischen so weit vorangeschritten ist, dass man nicht mehr zurück könne. Mit Blick auf Beratungsbedarf in den Fraktionen gab es im Bauausschuss noch keine Abstimmung. Der Baustart ist aktuell für Herbst 2027 avisiert, die Fertigstellung soll dann drei Jahre später erfolgen.