Es war die erste politische Partei im besetzten deutschen Westen: die Deutsche Demokratische Bewegung.
Gegründet wurde sie von dem Gummersbacher Otto Schumacher-Hellmold 1941.
Aber wer und was ist diese DDB? Und was entstand aus ihr?
Gummersbach – Als die drei westlichen Besatzungszonen zur Bundesrepublik Deutschland wurden und das mit Bonn als Hauptstadt, war Otto Schumacher-Hellmold mittendrin. Dem Bonner Journalisten und späteren Bürgermeister wird sogar nachgesagt, an der Seite des späteren Kanzlers Konrad Adenauer maßgeblich dafür gesorgt zu haben, dass seine Heimat zur Hauptstadt wurde.
Die Anfänge der westlichen Demokratie reichen jedoch zurück bis vor das offizielle Kriegsende – und die Spur führt mitten hinein ins Oberbergische, nach Gummersbach. Mittendrin auch dabei: Otto Schumacher-Hellmold. Im November 1941 war er als Wehrmachtsangehöriger nach Gummersbach gekommen und blieb dort bis zum Kriegsende. Und genau dort gründete er dann auch die erste Organisation überhaupt, der eine politische Betätigung im besetzten deutschen Westen erlaubt wurde: die Deutsche Demokratische Bewegung.
Aber wer und was ist diese DDB?
In einem Schreiben an den damaligen Bonner FDP-Kreisvorsitzenden Dr. Heiner Doppler aus dem Jahr 1992, das sich im Original in Schumacher-Hellmolds Nachlass im Archiv des Liberalismus in Niederseßmar befindet, schreibt er über diese seit dem Dritten Reich bestehende „politische Tarnvereinigung von Katholiken“ : „Ihr Tarnname in der NS-Zeit war,Die Dauernden Bekannten’ (DDB). Ich gründete die DDB ab 1937 in Bonn. Die meisten Mitglieder kamen aus Bonn. (...) Ab November 1941 (...) baute ich die DDB nicht nur in meiner Einheit, sondern auch in der örtlichen Bevölkerung aus. Von meiner Einheit gehörten 16 Angehörige bei Kriegsende der DDB an, außerdem zahlreiche Bürger des Oberbergischen Kreises, unter anderem auch der katholische Dechant Hurz.“
Nicht nur der: Auch der schon von den Amerikanern eingesetzte erste Landrat August Dresbach bekannte sich zur Mitgliedschaft. In einem Brief vom 23. Juli 1945 an den späteren OVZ-Herausgeber Hans Reifferscheidt, damals als Bevollmächtigter der Militärregierung für die Abwicklung des NS-Blattes Westdeutscher Beobachter in Gummersbach, schreibt Dresbach: „Ich habe bisher mit keiner politischen Bewegung eine Tuchfühlung gehalten, lediglich bin ich der deutschdemokratischen Bewegung beigetreten, weil ich ihre Ideen für gut hielt und weiterhin für gut halte.“
Ab 1945 politische Auftritte erlaubt
Ein späterer Liberaler wie Schumacher-Hellmold, ein späterer CDU-Bundestagsabgeordneter wie Dresbach – und auch ein früherer Sozialdemokrat waren bei der DDB in Gummersbach aktiv: Bruno Kuske, Wirtschaftsprofessor in Köln und dort bis 1933 auch Leiter des Rheinisch-Westfälischen Wirtschaftsarchivs, war 1944 als Evakuierter ins Oberbergische gekommen. Er war auch mit dabei, als Schumacher-Hellmold am 24. April 1945 – und damit noch vor dem offiziellen Kriegsende – bei einem Gespräch mit den Amerikanern die Erlaubnis erhielt, dass die DDB politisch auftreten dürfe und zu diesem Zweck eine Fahr- und Reiseerlaubnis erhielt.
Auch zu den damals in Gründung befindlichen Gewerkschaften unterhielt der DDB, der seine Treffen in Schumacher-Hellmolds Wohnung am Gummersbacher Wehrenbeul abhielt, enge Verbindungen. Kein Wunder also, dass ausgerechnet Rainer Engelberth im Zuge seiner Studien über die Anfänge der Gewerkschaften im Oberbergischen schon in den 1980er Jahren auf die DDB stieß.
Bewegung galt eher als Netzwerk
„Ich würde sie noch nicht als Partei bezeichnen, sondern eher als Sammlungsbewegung“, sagt Engelberth, heute Lehrer am Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasium. Ende 1983 studierte er aber noch, als er den erst 2006 verstorbenen Schumacher-Hellmold persönlich traf und eine ganze Reihe von Tagesberichten aus der Zeit der DDB für seine Staatsexamensarbeit auswerten durfte. Die Frage, was genau die DDB antrieb, kann Engelberth heute auch nicht mehr beantworten. Er schmunzelt: „Mehr als 36 Jahre sind seit den Gesprächen vergangen, das ist sehr lange her.“ Letztlich scheint die Bewegung vor allem auch ein Netzwerk gewesen zu sein, auf das die Amerikaner bei der Besetzung wichtiger Posten gerne zurückgriffen.
Das sorgte für eine „Privilegierung, durch die sich die DDB zu einer der ersten politischen Organisationen im Nachkriegsdeutschland entwickeln konnte“, wie Engelberth in einer Anmerkung zu seinem Buch „Gewerkschaften auf dem Lande“ schreibt. Die Briten, die nach den Amerikanern nach Gummersbach kamen, sahen das offenbar anders. Sie untersagten zunächst jede weitere politische Betätigung, im Oktober 1945 soll Schumacher-Hellmold sogar festgenommen worden sein. Das Ende eines Weges: Engelberth schreibt, dass die DDB „unter der britischen Besatzung an einer Entfaltung zu einer Volkspartei gehindert wurde“.
Dazu wurden andere Parteien – und die Gummersbacher DDBler gingen ihre Wege: Dresbach zur CDU, Kuske zur SPD und Schumacher-Hellmold, der nach Bonn zurückkehrte und Mitglied Nummer eins der NRW-FDP wurde (verbunden aber mit dem Vermerk DDB auf der Mitgliedskarte), zog es zu den Liberalen. 1992 schrieb er: „Die Bonner FDP ist die lediglich umbenannte ,Deutsche Demokratische Bewegung’.“ Wer aus der Ferne die DDB-Geschichte betrachtet, könnte aber auf die Idee kommen, dass sie fast sogar noch mehr geworden wäre.