Oberberg – „Das war Gänsehaut pur“, sagt Ortsbeauftragter Torsten Simon, der ehrenamtlich tätige Chef des Technischen Hilfswerks (THW), Ortsverband Gummersbach, der seinen Standort in Windhagen hat. Ein knappes Jahr nach dem Waldbrand auf dem Hömerich erinnert er sich an die Korsofahrt durch die Stadt, als die Anwohner den rund 1000 Einsatzkräften von Feuerwehr, THW, DRK, Polizei und den Versorgungsträgern als Anerkennung für ihre einwöchige Leistung rote Rosen überreichten: „Der Dank der Bevölkerung war überwältigend.“
Gleichzeitig freut er sich, dass sich die Zusammenarbeit mit der Feuerwehr seitdem deutlich verbessert habe und neue Verbindungen gewachsen seien: „In dieser Situation konnten wir die anderen Einsatzkräfte von der Leistungsfähigkeit des THW überzeugen.“ Allerdings sei dafür permanentes Üben notwendig. Doch seit einer Höhlenrettung im August und einer Baumfällung im September vorigen Jahres habe der Übungsdienst vorerst eingestellt werden müssen. Eine Ausnahme sei der Einsatz an Weihnachten zur Abstützung einer Doppelgarage in Müllenbach gewesen, die nach einer Explosion einzustürzen drohte.
Seit 1994 im THW
Der 51-Jährige ist 1994 anstelle des Wehrdienstes beim THW eingetreten. Am Anfang haben eine Grundausbildung und zwei vertiefende Basislehrgänge gestanden, bei der neben den Grundlagen von Holz- und Metallbearbeitung eine Einführung in das gesamte Portfolio des THW vermittelt wurde. Die Hilfsorganisation ist für den Katastrophenschutz da und hat viele Aufgaben – von Bergung, Ortung, Höhen- und Wasserrettung über Beleuchtung, Energieversorgung und Notversorgung der Bevölkerung bis hin zur Bewältigung von Hochwassersituationen, Brückenbau und Sprengungen. „Es gibt kaum einen Unglücksfall, auf den wir nicht vorbereitet sind“, sagt Simon.
Das Technische Hilfswerk (THW) ist eine Zivil- und Katastrophenschutzorganisation des Bundes mit ehrenamtlichen Helfern und hauptamtlichen Mitarbeitern. Sie wurde 1950 gegründet und untersteht dem Innenministerium. Der Aufgabenbereich liegt im nicht-militärischen Schutz der Zivilbevölkerung im Verteidigungsfall und bei der Gefahrenabwehr im Katastrophenfall oder bei größeren Unglücksfällen. Bundesweit engagieren sich rund 80 000 Menschen ehrenamtlich in 668 Ortsverbänden, darunter gut 16 000 Jugendliche. Mehr als 12 000 von ihnen sind Mädchen oder Frauen. Insgesamt waren sie in 2019 rund 660 000 Stunden im Einsatz. Zur Ausstattung gehören rund 10 000 Fahrzeuge und Anhänger.
Das THW ist in Oberberg an den vier Standorten Gummersbach, Bergneustadt, Waldbröl und Hückeswagen vertreten. Die eigenständigen Ortsverbände werden hinsichtlich Ausbildung und Finanzen von der Regionalstelle Olpe unterstützt, die darüber hinaus die Standorte Attendorn, Bad Berleburg, Lennestadt, Olpe, Siegen und Wermelskirchen betreut. Sie ist im Gegensatz zu den ehrenamtlich tätigen Ortsverbänden mit hauptamtlichen Mitarbeitern besetzt und sorgt für die Sicherstellung der Aufgabenerledigung und Einsatzfähigkeit der Ortsverbände. Jeder Ortsverband hat einen Stab als Verwaltungseinheit und mindestens einen Technischen Zug als Basiseinheit. Dieser besteht aus dem Zugführer mit seinem Zugtrupp als Führungseinheit und einer Bergungsgruppe sowie wenigstens einer Fachgruppe.
Die Bergungsgruppe ist nicht spezialisiert und kann vielseitig Hilfe leisten. Neben der Rettung von Menschen und Tieren sowie der Bergung von Sachgütern führt sie Sicherungsarbeiten und leichte Räumarbeiten durch. Zu ihren Aufgaben gehören die Ausleuchtung von Schadenstellen, die Herstellung von Behelfsbauten, die Objektsicherung mit Abstützsystemen und die Unterstützung der verschiedenen Fachgruppen.
Der Schwerpunkt in Gummersbach und Waldbröl liegt hierbei auf „Räumen“ mit schweren Baumaschinen in unterschiedlicher Ausstattung, um Hindernisse oder Trümmer zu beseitigen, in Bergneustadt auf „Wasserschaden/Pumpen“ zur Behebung von Gefahren durch Überflutungen und Überschwemmungen sowie in Hückeswagen auf der „Elektroversorgung“ mit einer mobilen Netzersatzanlage. (kup)
Als Basis habe jeder Ortsverband bundesweit eine Bergungsgruppe für den schnellen Einsatz sowie meist eine Fachgruppe für Notversorgung und Notinstandsetzung, die durch weitere Fachgruppen verstärkt würden. „Jeder Ortsverband ist eine eigenständige Bundesbehörde, doch im Notfall kann auf jede Fachgruppe in ganz Deutschland zurückgegriffen werden“, erklärt Simon. Wegen der bundesweit einheitlichen Ausrüstung der technischen Züge finde sich eine Einsatzkraft aus Oberberg problemlos auch in einem Fahrzeug aus Bayern zurecht. Das sei besonders beim Oder-Hochwasser 1997 oder dem Elbe-Hochwasser 2002 von enormem Vorteil gewesen.
Schon 1998 habe Simon als Schirrmeister des Ortsverbandes die Material- und Fahrzeugbeschaffung übernommen, später folgten Ausbildungen als Gefahrgutbeauftragter, für Ladungssicherung und als Sprechfunker. 2015 sei er als Ortsbeauftragter zum Behördenleiter gewählt worden. Zudem sei er im Vorstand der Landesvereinigung NRW und außerdem Vorsitzender des ortsansässigen Helfervereins, der mit Fördergeldern den Ankauf von Material unterstütze, welches das THW nicht beschaffe.
Der Ortsverband verfügt derzeit über acht Fahrzeuge, vom kleinen VW-Passat bis zum Lastwagen mit 420 PS, dazu über einen Lichtmast auf einem Anhänger mit eigenem Stromerzeuger und mehrere Planenanhängern. Ende November hat der Ortsverband einen 16-Tonnen-Caterpillar-Radlader mit 156 PS und einem Schaufelinhalt von mehr als zwei Kubikmetern neu bekommen und als Weihnachtsgeschenk einen Mannschaftstransportwagen. Jetzt wartet Simon noch auf einen Lkw mit Ladebordwand zum Transport der für verschiedene Einsatzlagen ausgerüsteten Rollcontainer, die bereits fertig bestückt in der Halle stehen: „Dann sind wir wirklich gut ausgestattet.“
Bei aller Organisation sei es wichtig, Freude daran zu haben, anderen Menschen im Notfall helfen zu können. Deshalb habe die Kameradschaftspflege einen hohen Stellenwert, erklärt er. Der Zusammenhalt zwischen den derzeit 31 Aktiven sei sehr gut. Fünf Leute sind derzeit in der Grundausbildung und zwölf Jugendliche im Alter von zehn bis 17 Jahren bereiteten sich ebenfalls auf spätere Hilfseinsätze vor.
„Ich freue mich über jeden weiteren Zulauf“, sagt der Ortsbeauftragte. Außer einer Gesundheitsprüfung gebe es außer dem Mindestalter für Aktive von 18 Jahren keine Einstiegsvoraussetzungen: „Aber auch mit 65 findet jeder einen Platz in unserem Team.“ Derzeit seien die unterschiedlichsten Berufssparten in der Mannschaft vertreten, von Handwerkern über Kaufleute bis zu IT-Spezialisten. Sämtliche Ausrüstung werde gestellt, ebenso übernehme der Bund die Kosten für die Grundimpfungen. Wenn Corona es zulasse, sei jeden zweiten und vierten Samstag im Monat Übungsdienst.
Bei Interesse an einer Mitarbeit im THW genügt eine kurze E-Mail für weitere Infos.