Podiumsdiskussion zu LandwirtschaftBayer-Sprecher bekommt Kontra von Schülern
Leverkusen – Die Kräfteverhältnisse sind schnell klar: 250 gegen einen. Die 250 – das sind vor allem Schüler und Schülerinnen der Opladener Marienschule, plus drei Diskutanten auf der Bühne. Der eine sitzt ebenfalls vorn: Ingemar Buehler, Sprecher von Bayer CropScience, der Agrochemiesparte. Er kommt klar mit seiner Rolle als Buhmann in der Podiumsdiskussion um zukunftsfähige Landwirtschaft. Er sieht sich im Recht, was die Fakten beim Bestseller-Unkrautvernichter betrifft.
„Es gibt 160 Behörden, die die Auswirkungen von Glyphosat intensiv geprüft haben, und sie haben keine Gesundheitsgefährdung festgestellt.“ Ja, die Weltgesundheitsorganisation sei zu einem anderen Ergebnis gekommen. Aber nur, weil ihr nicht alle Fakten vorgelegen hätten. Überhaupt: Das Krebsrisiko durch Glyphosat, das die WHO ermittelt hat, gleiche dem beim Verzehr von rotem Fleisch oder Alkohol.
Engagiertes Publikum
„Ich bin nicht einverstanden mit dem, was sie sagen“, entgegnet die Ärztin Stela Benítez, die in ihrer Heimat Paraguay Studien an Schwangeren und ihren ungeborenen Kindern durchgeführt hat. Das Ergebnis: Die Zahl der Zellschäden waren bei Teilnehmerinnen und ihren Babys aus Gebieten, in den Landwirtschaft mit Glyphosat betrieben wird, doppelt so hoch wie bei nicht belasteten Frauen.
Dass die Diskussion danach wieder eine andere Richtung nimmt, gefällt einer Schülerin im Publikum nicht: „Ich würde gerne wissen, was Sie zu den Ergebnissen von Frau Benítez sagen, Herr Buehler?“ Die Schwangerschaft sei natürlich eine besonders sensible Phase, stimmt Buehler zu. „In dieser Zeit ist jede Chemikalie gefährlich, Glyphosat genau so wie Waschmittel.“ Das sei auf ihren Produkten auch so gekennzeichnet.
Lehrerinnen initiierten das Gespräch
Initiiert wurde die Gesprächsrunde von den beiden Lehrerinnen Monika Löhr und Elisabeth Mies, die vor einiger Zeit gemeinsam mit dem Bistum Speyer und Misereor nach Paraguay gereist waren. Da haben sie auch Juana Mendoza kennengelernt, eine Kleinbäuerin, die gegen die Ausbreitung von Soja-Monokulturen und den damit verbundenen Gifteinsatz kämpft. Später lädt das Bistum Mendoza und die Ärztin Benítez nach Speyer ein, um ihre Geschichte zu erzählen. „Wir wollten sie aber auch unbedingt hierher holen, um den Kontakt zu Bayer zu ermöglichen“, erklärt Löhr.
Das Interesse der Schüler ist groß, die lebhafte, zweistündige Diskussion hat nicht ausgereicht, um alle Fragen zu beantworten. Besonders die Lebensumstände der Kleinbäuerin bewegen die Schüler. „In meinem Land werden die Gesetze mit Geld durchgesetzt“, erzählt Mendoza. Und selbst wenn es Gesetze zum Umweltschutz gebe, könnten sich Unternehmen einfach freikaufen. „Die Behälter mit dem Totenkopf drauf werden einfach in die Flüsse geschmissen.“ In ihrem Ort habe ein Junge sein Augenlicht verloren, nachdem er in einem solchen Fluss geschwommen war.
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„Das ist schlicht und einfach eine Straftat“, sagt Bayer-Vertreter Buehler zu der Entsorgung von Glyphosatbehältern in Flüssen. „Aber warum schicken Sie solche Produkte noch in Länder, von denen sie wissen, dass Gesetzte nicht eingehalten werden?“, entgegnet eine Schülerin. Im Publikum brandet Applaus für die Frage auf. Buehler argumentiert, dass Bayer das durchaus tue, wenn nachweislich Missbrauch mit den Produkten getrieben werde. „Es gibt aber auch 91 Generika-Produkte, es hätte keine Auswirkung, wenn wir es vom Markt nehmen.“ Und verweist wieder auf die 160 Unbedenklichkeitsstudien. In einer emotional aufgeladenen Diskussion um Verantwortung für Mensch und Umwelt kann er damit aber kaum punkten.