Pläne für MorsbroichSo will der neue Direktor das Museum wieder nach vorn bringen
Leverkusen – Den kleinsten gemeinsamen Nenner findet OB Uwe Richrath gleich zu Beginn dieser offiziellen wie virtuellen Vorstellungsrunde: „Sie sind in Duisburg geboren – und ich war immer schon Fan von Schimanski.“ Besagter „Tatort“-Kommissar, gespielt vom verstorbenen Götz George, ist ja bis heute Kult. Und irgendwie hat auch das, was Jörg van den Berg in Leverkusen schaffen soll, mit Kult zu tun: Er wird schließlich ab dem 1. August neuer Direktor des Museums und soll das zwar international renommierte, jedoch seit Jahren darbende Haus wieder auf Vordermann bringen – salopp gesagt.
Oder noch salopper: Er soll Morsbroich – angeschlagen und quasi zum finanziellen Abschuss freigegeben durch das 2016 veröffentlichte Gutachten der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG – wieder zum Kultur-Kult machen.
Eine „lustbetriebene“ Bewerbung habe er jedenfalls für diese seit 2018 und dem Von-jetzt-auf-gleich-Abgang seines Vorgängers Markus Heinzelmann vakante Stelle abgegeben. Lustbetrieben aufgrund des Reizes der Aufgabe, der wiederum in folgendem Sachverhalt begründet liege: Wie könne es passieren, dass ein Haus wie das in Morsbroich sämtliche Anerkennung und Auszeichnungen von Belang einsammele – und dann derart in die Bredouille gerate? „Das ist eine Diskrepanz, die für einen Außenstehenden wie mich Fragen aufwirft.“
Die Antwort meint van den Berg gefunden zu haben: Er selber habe bereits viele Ausstellungen in Morsbroich besucht, habe sich seinerzeit auch an der Petition gegen eine mögliche Schließung des Hauses aus Kostengründen beteiligt – und festgestellt, dass „es keine Verbindung des Hauses zur Stadt gebe“. Und das sei nun sein vorrangiges Ziel, noch vor allen irgendwann einmal vielleicht möglichen Ausstellungen von sagenhafter zeitgenössischer Kunst, der sich Morsbroich ja seit Anbeginn verschrieben hat: „Ich will eine substanzielle Verbindung des Hauses zur Stadt und zur Stadtgesellschaft.“ Dabei gehe es ihm nicht darum, einen Ort zu schaffen, an dem nur ein hohes und für viele vielleicht nicht greifbares Niveau herrsche. „Es geht um einladende Gesten.“ Um das Nahebringen von Kultur, denn das falle gerade in der Pandemie auf: „Die Verrohung der Gesellschaft bekommen wir nicht über einen wachsenden Polizeistaat hin. Die bekommen wir nur hin über die Begegnung mit Kultur. Und somit: über Bildung.“
Menschen ans Museum binden
Für Leverkusen bedeute das: Die Menschen müssten wieder an das Museum gebunden werden. Nicht zuvorderst über große Namen. Sondern über – nur auf den ersten Blick – gänzlich profane Dinge wie den Schlosspark, den van den Berg gerne explizit mit einbeziehen möchte. Sowohl durch eine Bespielung mit Kunst, als auch durch Dinge wie etwa eine Schaukel. „Ich will da eine Schaukel haben. Die gehört dazu“, sagt er – und verweist auf das Rokoko-Gemälde eines schaukelnden Mädchens von Edouard Bisson, das diese Hingabe, Lebenslust und Wonne in Kunstform zeige. Rund um das Schloss sollen die Menschen dem Alltag entfliehen und eine Auszeit haben können. Und sie sollen dabei eben auch das Museum wahrnehmen, wenn sie denn schonmal vor dessen Haustüre stünden. Zum van den Berg’schen Konzept gehören ferner die Schulen der Stadt, weil: „In der Kunstvermittlung sind wir noch schlecht besetzt.“ Und das müsse sich ändern. Generell, sagt er, sei es so: „Morsbroich – das ist kein Sprint. Das ist ein Marathon.“
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Natürlich weiß dieser neue Chef eines Hauses, das eng verbunden ist mit Namen wie Gerhard Richter oder Wolf Vostell, dass er sehr wohl auch genau solche Namen wird liefern müssen. Große. Und er sagt: „Es ist selbstverständlich toll, wenn bei uns ein Richter an der Wand hängt. Oder mehrere.“ Aber: Dies habe keine Priorität. Zudem wolle er sich da nicht in die Karten schauen lassen. Das bespreche er dann mit den Kuratierenden seines Teams: Fritz Emslander als dem kommissarischen Vorgänger und Thekla Zell. „Diesbezüglich werde ich noch nichts sagen.“ Sprich: Kein Blick in die Karten gestattet. Aber die müssen ja auch nach einer ersten Kennenlernrunde erstmal verteilt werden. Klar sei nur: „Bei mir ist alles möglich. Und das meine ich so radikal, wie es sich anhört.“
Und dann zieht van den Berg am Ende seiner Vorstellung noch einen Vergleich zu sich und Morsbroich, der mindestens so charmant ist, wie der von Richrath mit Schimanski: „Ich habe vor einiger Zeit einen Zeitungsartikel gelesen, dessen Überschrift lautete: „Er findet Lösungen, wo andere nur Probleme sehen“. Wissen Sie, von wem ich spreche?“
Natürlich: von Florian Wirtz, dem 17-jährigen Wunderkicker der Werkself, der gerade die Fußballgemeinde hierzulande auf links dreht und an einem Opladener Gymnasium das Abitur baut. Und das soll bedeuten: Jörg van den Berg ist zwar kein Florian Wirtz des Kunstbetriebes – allein aufgrund seines Geburtsjahres 1965 und, ganz nebenbei, seinem Faible für den Heimatverein MSV Duisburg geht das ja schon nicht. Aber: Wenn nur „ein Viertel“ Florian Wirtz in ihm steckt, dann sieht es ganz gut aus für Morsbroich.