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KarnevalThemen gibt’s in Zülpich genug – Alternative Sitzung setzt auf Lokalkolorit

Lesezeit 5 Minuten
17.10.2024 Zülpich-Niederelvenich. Vier Frauen und drei Männer stehen in bunten Hawaihemden und mit bunten Sonnenschirmen vor einer Bühne.  Isa Oestmann (v.l.), Jens Bongard,  Stephanie Schneider, Andreas Krantz,  Birte Karsten, Eva Lebertz  und Julius Esser (sitzend) proben für die Sitzungen der Liga der alternativen Karnevalisten.

In diesem Jahr entführen Isa Oestmann (v.l.), Jens Bongard, Stephanie Schneider, Andreas Krantz, Birte Karsten, Eva Lebertz und Julius Esser (sitzend) ihr Publikum in den Cluburlaub am Zülpicher Wassersportsee.

Seit neun Jahren nimmt die Liga der alternativen Karnevalisten die große und kleine Politik aufs Korn. Nicht immer gefällt das allen.

Noch versprüht die Dorfhalle Niederelvenich eher staubigen Turnhallencharme als Cluburlaub-Atmosphäre. Es ist kalt, auf dem Boden stehen einige Kisten herum und die Fenster sind mit braunen Vorhängen abgedunkelt. Doch bis Freitag soll sich das noch ändern.

Isa Oestmann nimmt einen bunten Schwimmring aus einem der Kartons und beginnt, ihn aufzupusten. „Wir müssen mal schauen, was wir damit machen“, sagt sie zu Stephanie Schneider und deutet dabei auf einen pinken und einen blauen Fransen-Sonnenschirm. Oestmann und Schneider gehören zur Liga der alternativen Karnevalisten in Zülpich. Und am kommenden Wochenende steigen in der Niederlevenicher Dorfhalle die ersten Sitzungen der Liga für dieses Jahr. Motto: Cluburlaub Tolbiacum.

Liga der Alternativen Karnevalisten nimmt Bürgermeister auf den Arm

Seit neun Jahren gibt es die Liga in Zülpich, die nur aus sieben Menschen besteht und sich dafür rühmt, den Karneval in seiner ursprünglichen Form zu zelebrieren: Politik- und Gesellschaftskritik, mal mehr und mal weniger augenzwinkernd verpackt. „Was uns im Wesentlichen von anderen unterscheidet, ist der Lokalkolorit“, sagt Oestmann. Witze über die Stadt und Bürgermeister Ulf Hürtgen gehören ebenso ins feste Programm wie Späße auf Kosten der vier Karnevalsvereine der Kernstadt: Blaue Funken, Prinzengarde, Zölleche Öllege und Hovener Jungkarnevalisten.

Stoff, da sind sich die Mitglieder der Liga einig, gibt es in der Römerstadt genug. „Wir sind ja in der glücklichen Lage, dass wir in Zülpich wohnen. Da tun sich die Themen von selbst auf“, sagt Oestmann und lacht. Nicht immer komme das bei den Vertretern der Stadt gut an. „Das ist uns dann aber auch egal“, so Oestmann.

Sitzungen der Alternativen Karnevalisten sind beliebt

Schon das eine oder andere Mal sei Bürgermeister Ulf Hürtgen nach einer Sitzung hinter die Bühne gekommen. Es sei ihm ein Anliegen, einen Sachverhalt noch einmal zu erklären, wenn in seinen Augen ein Thema im Programm nicht richtig dargestellt worden sei, berichtet Oestmann. Damit hat die Liga kein Problem. Grundsätzlich nehme Hürtgen die Scherze in seine Richtung mit Humor.

Zu den Programmnummern mit lokalpolitischem Hintergrund kommen Sketche, Poetry-Slams und Solo-Beiträge zur großen Politik und Gesellschaftskritik. Aber auch ein bisschen Klamauk dürfe nicht fehlen, so Oestmann.

Drei Frauen und zwei Männer stehen auf einer Bühne und unterhalten sich. Einer trägt Einenen Bademantel. Birte Karsten (v.l.), Julius Esser, Eva Lebertz, Jens Bongard und Isa Oestmann proben für die Sitzungen der Liga der alternativen Karnevalisten.

Auf einen Sketch über Superreiche können sich die Besucher der Sitzungen der Liga der Alternativen Karnevalisten in diesem Jahr freuen.

Sie und ihre Mitstreiter wollen die Zuschauenden nicht nur unterhalten, sondern auch zum Nachdenken anregen. Es sei schon das Ziel, mit den kritischen Nummern etwas zu verändern, berichtet Julius Esser. Ein Konzept, das ankommt. Mehrere Sitzungen spielt die Liga der alternativen Karnevalisten jedes Jahr, meistens vor ausverkaufter Halle. An einem Samstag sei zeitgleich auch immer die Mädchensitzung in Köln. Das mache sich dann bemerkbar, berichtet Jens Bongard.

Keine Karnevalsmusik und keine Kostüme

Auch der Ablauf der Sitzungen ist alternativ. Sie finden allesamt vor der Sessionseröffnung am Elften im Elften statt. Es wird so gut wie keine Karnevalsmusik gespielt. Und: „Die Leute kommen nicht im Kostüm hier hin“, fügt Andreas Krantz hinzu.

Etwa drei Stunden dauert eine Sitzung. „Wir versuchen jedes Mal, vor Mitternacht fertig zu sein“, berichtet Krantz. Mit den Vorbereitungen startet die Gruppe bereits im Frühjahr. Dann gebe es ein erstes Treffen zum Ideensammeln für Einzelauftritte und Gruppen-Sketche, so Oestmann. „Durch die Kreativität der sieben wird dann das Programm gebastelt“, beschreibt sie den Prozess. Im Sommer starten dann die Proben.

Aktuelle Ereignisse werden ins Programm eingearbeitet

Trotz der langen Vorbereitungszeit behält sich die Gruppe vor, auch auf aktuelle Geschehnisse zu reagieren. Nach den Wahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg haben sie ihr Programm laut Oestmann noch einmal abgeändert. Nummern gegen rechtes Gedankengut und für Demokratie seien ihnen immer schon wichtig gewesen, aber in diesem Jahr besonders, so Oestmann. Einmal habe jemand aus dem Publikum nach der Sitzung gefragt: „Müsst ihr immer so viel gegen rechts machen?“ Das habe sie als Bestätigung aufgefasst.

Grundsätzlich sei das Publikum an jedem Abend anders, berichtet Birte Karstens. Mal werde laut mitgesungen und geklatscht, mal sei es totenstill. Aufregend seien die Sitzungen nach wie vor, betont Krantz. „Das sind ja selbstgeschriebene Sachen. Man ist schon nervös.“ Doch das Publikum sei meistens sehr wertschätzend. „Ich finde es gelungen, wenn auf beiden Seiten der Spaß im Vordergrund steht“, sagt Eva Lebertz, die Siebte im Bunde: „Und das Sahnehäubchen wäre dann, wenn man noch etwas mitnimmt.“

Die Technik macht bei den Sitzungen viel aus

Angefangen hat die Liga der alternativen Karnevalisten mit zwei Biertischen. Daraus ist mit den Jahren eine große Bühne mit drei Leinwänden, viel Licht und Technik geworden. Seit Jahren begleitet „RKG-Event“, eine Veranstaltungstechnikfirma aus Zülpich, die Liga bei ihren Sitzungen. Jedes Jahr setzten die noch einen drauf und zauberten noch mehr, schwärmt Arentz. In diesem Jahr ist zum ersten Mal eine Kamera dabei, die an manchen Stellen das Geschehen auf der Bühne von oben filmt. Der Film soll dann auf die großen Leinwände neben und hinter der Bühne übertragen werden, damit das Publikum wirklich alles sehen kann.

Auf die Leinwand im Hintergrund der Bühne werden zudem bunte Bilder projiziert, die dem Programm ohne viel Requisite eine ansprechende Kulisse verleihen, berichtet Arentz weiter. Das soll auch dabei helfen, Cluburlaub-Stimmung zu verbreiten. Ganz auf Bühnen-Elemente verzichtet die Liga aber nicht. Eine Tiki-Bar ist schon aufgebaut und auch zwei Kunstpalmen haben schon ihren Platz gefunden. Und dann sind da noch die Schwimmringe und Luftmatratzen, die es noch aufzupusten gilt: Die sieben sind zuversichtlich, dass sie bis zur ersten Sitzung noch genügend Urlaubs-Flair in der Niederelevenicher Dorfhalle schaffen werden.


Wenige Restkarten sind noch zu haben

Zum ersten Mal einen roten Faden habe die Sitzung der Liga der alternativen Karnevalisten in diesem Jahr, sagt Julius Esser. Das Publikum kann sich unter anderem auf einen Sketch rund um Superreiche und Bürgergeldempfänger freuen, unter dem Titel „Ich bin dann mal Jeck“ wird gerappt und man erfährt, was es mit den Schildern „Ligaelvenich“ auf sich hat, die vor einiger Zeit in der Zülpicher Innenstadt aufgetaucht sind.

Die Sitzungen finden am Freitag, 25. Oktober, Samstag, 26. Oktober, Donnerstag, 31. Oktober, Freitag, 8. November und Samstag, 9. November statt. Für das erste Wochenende und die Sitzung am 9. November gibt es noch Tickets. Verkauft werden diese bei Foto Gülden in der Zülpicher Innenstadt.