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Prozess vor Bonner LandgerichtWar der Axthieb in Zülpich frei erfunden?

Lesezeit 3 Minuten
Das Eingangsportal des Landgerichts Bonn, mit dem Wort „Landgericht“ in Stein gemeißelt.

Mit einem handfesten Streit in Zülpich befasst sich nun das Landgericht Bonn.

Nachdem sie vom Amtsgericht Euskirchen zu einer Haftstrafe verurteilt worden war, ist eine Zülpicherin in Berufung gegangen. Vor dem Landgericht Bonn haben die Zeugen nun ihre Aussagen geändert.

In Zülpich hat sich unter Kleinkriminellen ein Kleinkrieg entzündet, der auch unter den Augen Justitias ausgetragen wird. Der Fall, bei dem womöglich eine Tatwaffe hinzugedichtet wurde, hat jetzt das Bonner Landgericht erreicht.

Auf der Anklagebank sitzt eine 41-jährige Zülpicherin. Im Zorn soll sie eine 40-Jährige nicht nur körperlich angegriffen, sondern ihr sogar mit einer Kleinaxt auf den Kopf geschlagen haben. Das Amtsgericht Euskirchen hat im Mai 2022 die vielfach vorbestrafte Angeklagte wegen gefährlicher Körperverletzung zu acht Monaten Haft ohne Bewährung verurteilt.

„Trinklustige Runde“ eskalierte

Alle Zeugen hatten in diesem Verfahren beteuert, dass in dem Streit eine Axt im Spiel war. Justitia hat ihnen geglaubt. Nun will die Angeklagte das „ungerechte Urteil“ kippen und ist in Berufung gegangen. „Eine Axt hat es nicht gegeben“, beteuerte sie jetzt erneut vor der 6. Kleinen Strafkammer. Es sei richtig, dass sie sich über die Kontrahentin geärgert habe, weil die in „einer trinklustigen Runde“ behauptet habe, dass sie am Tod ihres Kindes schuld sei.

Über mehrere Kanäle, so die 41-Jährige, habe sie davon erfahren – und als die beiden Frauen am 24. Oktober 2021 aufeinander getroffen seien, habe sie auf die Falschrednerin eingeschlagen. Bei dem Gerangel sei man im Badezimmer der Tatwohnung gelandet, dabei habe sich die 40-Jährige eine blutende Platzwunde zugezogen.

Zeugen haben gelogen

Der Berufungsrichter rollte das Verfahren noch mal auf und staunte nicht schlecht: Alle Tatzeugen – bis auf die Geschädigte – behaupteten diesmal, es habe keine Axt gegeben. Eine 39-Jährige beteuerte, dass sie und ihr 18-jähriger Sohn im ersten Prozess gelogen hätten, da sie massiv bedroht worden seien. Jetzt droht ihnen ein Strafverfahren wegen Falschaussage. Die Pointe lieferte ein weiterer Zeuge, von dem behauptet worden war, dass er der Angeklagten die Kleinaxt abgenommen hätte. Der 44-Jährige, der zum ersten Mal als Zeuge gehört wurde, erklärte: Eine Axt sei nicht im Spiel gewesen.

Der Angeklagten, der wegen eines möglichen versuchten Tötungsdelikts ein Schwurgerichtsverfahren droht, fiel ein Stein vom Herzen. Der Verdacht, die Tatwaffe erfunden zu haben, lag nun mehr auf die Opferzeugin, die den Vorfall erst nach zwei Wochen bei der Polizei angezeigt hatte. Keine Frage, dass die 40-Jährige nun umgekehrt vermutet, dass die umgefallenen Zeugen vom Feindeslager bedroht worden sein könnten.

Nachdem sämtliche Zeugen, allesamt aus dem Drogenmilieu und vorbestraft, mindestens einmal gelogen haben, hat der Richter angeordnet, dass ein angebliches Foto mit blutender Kopfwunde von einem Rechtsmediziner begutachtet und geklärt wird, auf welche Weise diese Verletzung entstanden sein könnte. In zehn Tagen geht es weiter, in die nächste Runde.