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RollstuhlbasketballMechernicherin träumt von Medaille bei den Paralympics in Paris

Lesezeit 5 Minuten
Dad Bild zeigt das Team bei einer Fotosession im paralympischen Dorf.

Gruppenfoto am Logo der Paralympics in Paris: die Rollstuhlbasketball-Nationalmannschaft mit der Mechernicherin Lisa Bergenthal (mittlere Reihe, r.).

Lisa Bergenthal aus Mechernich nimmt an ihren zweiten Paralympics teil. Die Vorfreude auf die Eröffnungsfeier in Paris ist groß.

Lisa Bergenthal ist „hyped“. Also begeistert, überwältigt, voller Freude. Oder auch voller Vorfreude auf die Paralympics, die an diesem Mittwoch in Paris beginnen. Seit Samstag ist die 24-jährige Mechernicherin mit der markanten weißblonden Strähne in Paris und freut sich auf ihre zweiten Spiele. Die dürften ganz anders werden als ihre Premiere auf einer der größten Bühne des Sports vor drei Jahren in Tokio.

Damals standen die Wettkämpfe unter dem Einfluss der Corona-Pandemie und es waren keine Zuschauer bei den Wettbewerben zugelassen. Sollte die Stimmung bei den Paralympics in der französischen Hauptstadt nur ansatzweise so sein wie bis vor drei Wochen bei den Olympischen Spielen, dann werden es begeisternde Wettkämpfe. Und nicht nur Lisa Bergenthal dürfte hyped sein.

Mechernicherin von Paris und paralympischem Dorf begeistert

Die ersten Eindrücke vom Athletendorf sind großartig. „Wir haben ein superschönes Haus. Vom Team-D-Haus hat man Blick auf die Seine. Das ist einfach traumhaft“, berichtet die Rollstuhlbasketballerin, deren Beine von einer Spastischen Paraplegie betroffen sind.

Das ist eine Spastik, die genetisch bedingt ist und das Gangbild einschränkt, weil die Muskulatur eher gegeneinander als miteinander arbeitet. „Ich kann meinen Alltag ohne Hilfsmittel bewältigen, außer ich bin längere Zeit unterwegs, dann nehme ich den Rollstuhl oder den Gehstock, weil es dann eben doch zu Beschwerden kommt. Und beim Sport brauche ich natürlich meinen Rollstuhl“, erklärt die Studentin der Erziehungswissenschaften.

Das Bild zeigt die Rollstuhlbasketball-Nationalmannschaft in der Bercy Arena.

Die Mechernicherin Lisa Bergenthal (4.v.l.), hier mit dem Team in der Bercy Arena, nimmt im Rollstuhlbasketball an den Paralympics teil.

Diesmal will sie von den Spielen eine Medaille mit in die Eifel bringen. Vor drei Jahren belegten die deutschen Rollstuhlbasketballerinnen den undankbaren vierten Platz. Entsprechend wurde in Paris schon fleißig trainiert. Auch ein Testspiel gegen Spanien stand auf dem Programm.

„Wir wollen natürlich frühzeitig in den Rhythmus kommen“, erklärt die Sportlerin. Auch eine Trainingseinheit in der Bercy Arena, in der die Rollstuhlbasketball-Wettbewerbe ausgetragen werden, haben Bergenthal und ihre Mitstreiterinnen bereits hinter sich.

USA erster Gegner des deutschen Teams in Paris

Am Freitag, 30. August, steht der erste Härtetest an. Gegner ist das Team aus den USA (16 Uhr). Zudem sind die Niederlande und Japan in der deutschen Gruppe. „Mit den Niederländerinnen und den US-Amerikanerinnen haben wir zwei Topteams in der Gruppe“, so Bergenthal: „Das Niveau in Paris ist extrem gut, weil die Anzahl der Teams reduziert worden ist und die acht besten Mannschaft der Welt hier sind.“

Gespielt wird in zwei Vierergruppen. Im Viertelfinale wird überkreuz gespielt. Die Vorrunde will die Mannschaft also nutzen, um sich eine – zumindest auf dem Papier – gute Ausgangsposition für die K.o.-Spiele zu sichern.

Lisa Bergenthal freut sich auf die Eröffnungsfeier in Paris

Und darauf liegt schon jetzt der Fokus. Mehr von Paris als das paralympische Dorf hat Bergenthal nach eigenem Bekunden noch nicht gesehen. Statt Sightseeing standen Training, Kraftraum und Videoanalysen auf dem Programm der Basketballerinnen. „Ich bin sehr heiß auf die Spiele – auch, weil ich mich im Vergleich zu Tokio deutlich verbessert habe – und hoffe auf mehr Spielzeit und darauf, dem Team mehr mitgeben zu können“, sagt Bergenthal, die in der Liga für die Doneck Dolphins Trier spielt.

Am Mittwochabend ist trotz des großen sportlichen Ehrgeizes zunächst einmal Genießen angesagt. Mit dem gesamten Team geht es zur Eröffnungsfeier. „Darauf freuen wir uns alle sehr. Das ist immer ein Höhepunkt bei den Paralympics“, sagt die 24-Jährige: „Ich freue mich einfach darauf, in die volle Arena zu kommen, auf die Zuschauer, auf die anderen Nationen. Eben das, was Paralympics ausmacht.“

Und dann ist da noch die Sache mit dem Essen. „Allein das kostet viel Zeit, weil man sich gar nicht entscheiden kann“, sagt die Mechernicherin schmunzelnd. Auch die Muffins, die der norwegische Schwimmer Henrik Christiansen während der Olympischen Spiele auf seinem Social-Media-Profil groß herausbrachte, hat die Mechernicherin schon probiert: „Die sind sehr lecker, aber auch sehr mächtig.“


143 deutschen Athleten in Paris

Zur Eröffnungsfeier der Paralympics in Paris am Mittwoch werden rund 50.000 Zuschauer rund um den Place de la Concorde erwartet. Das ZDF überträgt die Feier von 20 Uhr an. Mit dabei ist auch Rollstuhlbasketballerin Lisa Bergenthal aus Mechernich.

143 deutschen Para-Athletinnen und -Athleten, die in 18 der insgesamt 22 Sportarten auf Medaillen hoffen, sind in Paris. Nur im Goalball, im Blindenfußball sowie im Taekwondo und im Gewichtheben fehlen deutsche Starter. Rollstuhlbasketball ist seit den Paralympics 1960 Teil des offiziellen Wettkampfprogramms. Genau wie im Fußgängerbasketball treten fünf Spieler pro Team gegeneinander an.

Für faire Ausgangsbedingungen wurde ein Punktesystem eingeführt. Auf der Grundlage einer funktionalen Klassifizierung mit Blick auf rollstuhlbasketballspezifische Fähigkeiten (beispielsweise Lenken des Rollstuhls oder Dribbeln und Passen des Balls) wird den Sportlern ein Punktewert zwischen 1 und 4.5 zugewiesen.

Dabei erhalten Spieler mit nur geringer Beeinträchtigung höhere Werte. Die Gesamtpunktzahl der fünf Spieler einer Mannschaft auf dem Feld darf maximal 14 Punkte betragen. Die Mechernicherin Lisa Bergenthal hat 3,5 Punkte, weil sie nicht so stark eingeschränkt ist. Spielfeldgröße und Spielzeit sind identisch mit der olympischen Variante.

Regeltechnisch gibt es wenige Anpassungen: Es gibt kein Doppeldribbling. Der Ball darf also mit beiden Händen aufgenommen oder auf dem Schoß abgelegt und im Anschluss weiter gedribbelt werden. Während Bergenthal aktuell Paralympische Geschichte schreibt, hat Rita Breuer aus Eiserfey genau das schon getan. Sie nahm zwischen 1980 und 1992 an vier Paralympics teil und gewann drei Medaillen mit der Rollstuhlbasketball-Nationalmannschaft. Bei ihrem letzten großen Turnier 1992 in Barcelona reichte es für Breuer immerhin noch für den fünften Platz.