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80 bis 100 Patienten in 24 StundenNeue Notaufnahme in Mechernich geht in Betrieb

Lesezeit 5 Minuten

Auf den Start der neuen Notaufnahme am Dienstag freuen sich Martin Milde (v.l.), Manfred Herrmann, Günter Briem, Dr. Marcus Münch, Florian Brenig und Markus Thur.

  1. Kürzere Wege und eine offene Raumstruktur machen die neue Notaufnahme aus.
  2. In maximal zehn Minuten sollen Patienten hier künftig eine erste Einschätzung erhalten.
  3. Die Corona-Lage im Kreiskrankenhaus sehen die Verantwortlichen derzeit vergleichsweise entspannt.

Mechernich – Belastbar müssen Ärzte und Pflegepersonal in der Notaufnahme sein, stressfest sowieso – und außerdem gut zu Fuß. Zehn bis zwölf Kilometer legen sie pro Schicht derzeit im Mechernicher Kreiskrankenhaus zurück. Das soll ab dem kommenden Dienstag deutlich weniger werden. Etwa halbieren dürften sich die Laufwege, wenn die neue Zentrale Notaufnahme ihren Betrieb aufnimmt.

Transparenz, Mobilität und Flexibilität sind die Schlagworte, die die neue Einrichtung auszeichnen sollen – was in Summe zu einer weiteren Erhöhung der Patientensicherheit führt. 500.000 Euro wurden in den vergangen fünf Monaten in das 450 Quadratmeter große Areal investiert, in dem das rund 30-köpfige Team um Chefarzt Dr. Marcus Münch tätig sein wird. Alleine die Lage verkürzt einige Wege. Labor und Röntgeninstitut etwa liegen auf der gleichen Ebene, der Zentral-OP ist direkt über der Notaufnahme.

Wie der Name schon sagt, ist die Notaufnahme nun der zentrale Anlaufpunkt für die 80 bis 100 Notfallpatienten, die im Schnitt binnen 24 Stunden in die Klinik kommen. Mit Ausnahme von Schwangeren und Kindern und sowie Patienten, für die planbare Behandlungen vorgesehen sind, ist dieser Bereich für alle die erste Station – egal, ob sie sich selbst in die Klinik begeben haben oder im Rettungswagen gebracht werden. Die bisherige Unterteilung, etwa in chirurgische und internistische Ambulanz, entfällt.

Offene Struktur in Notaufnahme

Spätestens zehn Minuten nach Ankunft wird anhand der Symptome eine erste Einschätzung vorgenommen, wie schnell der Patient behandelt werden muss. Von sofort bis in spätestens 120 Minuten reichen die fünf Stufen des europaweit einheitlichen Systems, nach dem die Einordnung vorgenommen wird. Im Behandlungsbereich dominiert nun das offene Raumkonzept. Einige Wände wurden herausgebrochen, die Behandlungsplätze im zentralen Bereich sind durch Vorhänge getrennt, Monitore sind fahrbar, viel Material ist auf Wagen untergebracht.

Isolierzimmer beispielsweise können flexibel eingerichtet werden. Die Kennzeichen am Türrahmen sind magnetisch und abnehmbar.

Fünf Plätze sind dort eingerichtet. Doch falls nötig, können die Vorhänge schnell beiseite geschoben oder entfernt werden, so dass in den Bereich bis zu zehn Tragen passen, wenn etwa nach einem Unfall zahlreiche Verletzte gleichzeitig in die Klinik gebracht werden sollten. Die geschlossenen Räume können flexibel genutzt werden, etwa für Wiederbelebungen oder – in Pandemiezeiten ein nicht unwichtiger Punkt – als Isolierzimmer. Sechs Betten stehen zudem in der angeschlossenen Beobachtungsstation für die Patienten zur Verfügung, bei denen etwa nicht ad hoc entschieden werden kann, ob sie stationär aufgenommen werden oder doch nach wenigen Stunden nach Hause dürfen.

Kommunikation wird geändert

Für beide Seiten bietet die offene Struktur Vorteile, wie Geschäftsführer Martin Milde erklärt: Die Patienten haben das Personal permanent im Blick – und umgekehrt. Um Privatsphäre und Datenschutz müsse sich niemand sorgen. Zum einen werden Gespräche bei diesem Raumkonzept ohnehin leiser geführt, zum anderen werde die Kommunikation etwas verändert – Herr Schmitz also nicht laut und vernehmlich mit seinem Namen angesprochen.

Durch die neu installierte Software entfallen auch einige Absprachen, da Ärzte und Pflegepersonal detaillierte Informationen über die Patienten und die Behandlung abrufen können. „Wir sehen sogar, ob die Angehörigen beim Patienten sind oder noch im Wartebereich“, so Münch. Zudem ist in der Software eine wichtige Schnittstelle vorgesehen. Wenn im Rettungsdienst die entsprechenden Telemedizin-Anbindungen geschaffen sind – der Kreis bereitet laut Münch die Ausschreibung dazu vor –, können Patientendaten direkt aus dem Rettungswagen an die Klinik übertragen werden. In der Notaufnahme können dann erste Vorbereitungen getroffen werden, noch bevor der Patient eingetroffen ist.

Krankenhaus Mechernich ist Traumazentrum

So kann wertvolle Zeit gewonnen werden – gerade bei vital bedrohten Patienten kann das ein großer Gewinn sein. Einen bis drei dieser Patienten behandelt das Mechernicher Team laut Münch im Schnitt binnen 24 Stunden. Bei einem Drittel der Patienten sei eine Behandlungen binnen zehn Minuten vonnöten, bei einem weiteren Drittel innerhalb einer halben Stunde. Glücklicherweise, so Münch, ist die Zahl derer, die wegen wenig bis nichts den Rettungswagen kommen und sich in die Notaufnahme fahren lassen, in Mechernich nicht sonderlich hoch.

Detaillierte Infos zu den Patienten können Dr. Marcus Münch und sein Team mithilfe der neuen Software auf einen Blick abrufen.

In der Einstufung rangiert das Kreiskrankenhaus, das erst Anfang der Woche als Traumazentrum rezertifiziert worden ist, eine Stufe unter Maximalversorgern, wie sie etwa Unikliniken sind. Mit Blick auf die Ausstattung und vor allem das Personal führt dies zum Selbstbewusstsein der Verantwortlichen. „Wir müssen uns vor keinem der großen Krankenhäuser in Köln, Aachen oder Bonn verstecken“, so Milde.

Corona Lage am Krankenhaus Mechernich

Vergleichsweise entspannt sehen die Verantwortlichen derzeit die Corona-Lage im Kreiskrankenhaus. 18 infizierte Patienten werden aktuell behandelt, davon sind zwei auf der Intensivstation. Nachdem vor zwei, drei Wochen nur sechs oder sieben Infizierte behandelt wurden, spüre man nun auch in Mechernich, dass die Zahl der Neuinfektionen deutlich steigt. Dies sei gerade auf den Normalstationen der Fall, so Geschäftsführer Martin Milde.

Von „Horrormeldungen“, wie sie zuletzt aus den Kliniken in den Ballungszentren gekommen seien, sei man in Mechernich weit entfernt. Vor wenigen Wochen habe man in Mechernich jedoch einen Intensiv-Patienten aus einer Kölner Klinik übernommen, da die Kollegen dort an ihrer Belastungsgrenze angekommen waren.

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Beim Personal gibt es derzeit keine nennenswerten Ausfälle, die auf Corona-Infektionen zurückzuführen wären. Hier zahle sich das Impfen aus. Bei etwa 75 Prozent liegt laut Geschäftsführer Manfred Herrmann die Impfquote. Alle Mitarbeiter, die eine Impfung wollen, haben die erste Dosis erhalten. Die Zweitimpfungen werden derzeit vorgenommen und sind im Juni abgeschlossen.

In den Altenpflegeeinrichtungen des Konzerns ist die Impfquote laut Herrmann höher. Dort haben alle Mitarbeiter und Bewohner beide Impfungen erhalten. Die Erfahrungen, die man in der ersten Welle der Pandemie gemacht hat, zahlen sich laut Pflegedirektor Markus Thur nun aus. Konzepte und Abläufe, die man anhand der Praxis entwickelt habe, seien inzwischen eingespielt.