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StäänedanzDas sind die Bilder und Geschichten vom Lichterzug in Eiserfey

Lesezeit 7 Minuten
Eine Karnevalistin mit einer roten Perücke und einem silbernen Stern im Haar wirft den Jecken beim Lichterzug in Eiserfey eine Kusshand zu.

Bunt. Bunter. Lichterzug. Die Jecken in Eiserfey verwandelten den Ort in ein Lichtermeer.

Er ist eine der Attraktionen im Fastelovend im Kreis Euskirchen: der Lichterzug in Eiserfey. Der Stäänedanz büßt nichts von seiner Faszination ein.

Was kann der Karneval doch für Geschichten schreiben: die wunderschönen, die urkomischen, die berührenden, manchmal auch die traurigen. Eins vorneweg: Wenn irgendwas beim Lichterzug in die Kategorie traurig fallen könnte, wäre das der Regenschauer am Ende. Also ist diese Rubrik schnell abgehakt.

In der Tat ist es wieder der Rausch aus Licht und Farben, aus Musik und Tanz, aus schillernden Seifenblasen und waberndem Rauch. Es ist das, wofür Beate Heimersheim den Begriff Karnevalsmagie geprägt hat. Die Ohs und Ahs am Wegesrand, die unzähligen geknipsten Fotos und gedrehten Videos, das Staunen über das, was die Wagenbauer und Lichttüftler sich immer wieder einfallen lassen, sind der beste Beleg, dass die Feytaler Jecken mit dem Zoch im Dunkeln verdammt viel richtig machen.

Die Geschichten schreiben vor allem die Jecken, die zu Hunderten beim Lichterzoch mitmachen, die zu Tausenden den Stäänedanz am Straßenrand verfolgen. Was das für Geschichten sind? Es geht um einen Prinzen, der mit Geld und Gold nicht zu bezahlen ist. Es geht um Familientraditionen. Um das Glück an sich. Logisch, in diesen Wochen natürlich auch irgendwie um die Bauernproteste. Es geht um einen Bürgermeister, der fast eine ganz spezielle Aufgabe bekommen hätte. Es geht um feurige Drachen, die zu schillernden Meerjungfrauen mutieren. Und eine Kuppelei spielt am Ende auch noch eine Rolle.

Der Trecker des Bürgermeister-Wagens steckt im Verkehr fest

Vieles hängt beim Stäänedanz irgendwie zusammen. Beispiel Trecker und Co.: Da steht Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick mit Peter Kronenberg, einigen CDU-Leuten und Mitgliedern der Hilfsgruppe Eifel als vereinigte Eifeler Jecke hoch oben auf dem Burg-Wagen. Doch weg kommen sie nicht – ist halt schwierig ohne Trecker. Dass Björn Wassong, bekannt als „Jeck em Rähn“ gleich den jeck-pragmatischen Lösungsvorschlag parat hat, verwundert nicht: „Kann der Bürgermeister doch den Wagen ziehen.“

Auch wenn der am Weiberdonnerstag ein Ründchen mit dem Tret-Trecker vorm Rathaus gedreht hat, scheut er das Ziehen des Wagens auf dem gut zwei Kilometer langen Zugweg doch. Und die Sorgen sind unbegründet: Trecker-Pilot Andreas Schmitz muss schlicht warten, bis die anderen aus Richtung Kallmuth kommenden Gespanne losgefahren sind und er die Burg anhängen kann.

Auf ein paar Wagen sind auch die Bauernproteste Thema

Dass Trecker zum Zoch gehören wie Kamelle und Strüßjer ist eigentlich eine Steilvorlage, um sich den Themen der Bauernproteste zu widmen. Tatsächlich greifen das nur wenige Gruppen am Wagen auf. Die Katholische Landjugendbewegung (KLJB) Zülpicher Börde, seit dem ersten Lichterzoch in Eiserfey dabei und wie immer mit Kartoffeln und Zwiebeln als naturnahe „Kamelle“ ausgerüstet, verweist am Kneipenwagen darauf, dass Biertrinken der Landwirtschaft hilft.

Ohne Bauern müssten wir diesen Wagen schieben.
Aufschrift am Karnevalswagen

Und die Vlattener sind zwar als Star-Wars-Helden eher spacig unterwegs und haben die Meisterleistung vollbracht, ihren Martin zum Junggesellenabschied mit Wagen und Lichterzug zu überraschen – weisen aber klar darauf hin, wer die jecke Reise möglich macht: „Ohne Bauern müssten wir diesen Wagen schieben.“

Der Wagen der wunderschönen Meerjungfrauen wird abgeschleppt

Womit wir schon beim Schieben sind. Es erwischt den VW-Kombi, der den Wasserwelten-Anhänger der Feytaler KG-Ladys um Beate Heimersheim zieht. Schon das kleine Knippchen den Alten Weg hoch ist schwierig, ein paar kräftige Schubser lösen das Problem aber. Bis zur Kirchenkurve. Da mag das Auto nicht mehr. „Die Kupplung ist kaputt“, wird flott diagnostiziert. Rollenlassen geht bedingt, schieben wird die ganze Hauserbachstraße runter doch anstrengend.

Aber die Eiserfeyer sind vorbereitet. Ein starkes Quad steht bereit, schlängelt sich durch den Zochweg, nimmt den VW ins Schlepptau, dahinter die Wasserwelten – und alles ist gut. Denn direkt danach folgen sie: die strahlend schönen Meerjungfrauen mit ihren blau-glitzernden Kostümen, mit den leuchtenden Muscheln, den funkelnden Krönchen und den knatschroten Perücken. Was für ein Hingucker! Und erst der Farbenwechsel! Das Feuer der giftgrünen Drachen vom Vorjahr ist offenbar so intensiv gelöscht worden, dass es die Mädels glatt ins Meer verschlagen hat – schon jetzt dürfen die Jecken gespannt sein, was diese Truppe im nächsten Jahr zaubert.

In Eiserfey wird friedlich und ohne Krawall gefeiert

Klar: Die Wagen sind in Eiserfey allesamt Hingucker. „Es ist so faszinierend, was die alle an den Start gebracht haben. Wie viel Mühe sich alle geben“, bringt es Heimersheim auf den Punkt. Doch die schönsten im Stääne-Land sind dann doch eher die Fußgruppen – so klein sie auch sein mögen. Zu dritt sind die Neddeschemer Quallen endlich mal im Lichterzug dabei. Beatrix Neuendorf und ihre Töchter Michaela Werres und Esther Janster pflegen mit der Leidenschaft des Kostümbastelns eine Art Familientradition, ebenso fast schon traditionell gewinnen sie mit ihren Kreationen beim Kostümball daheim. Nun haben sie ihre „private Sauna“ – kalt ist's unter den wallenden Kostümen wahrlich nicht.

Am Ende ist's der wohl längste Lichterzoch. Gegen 22.30 Uhr sind die letzten Gruppen am Ziel – und das, obwohl Zugleiter Heinz Heimersheim die ersten schon vor 19 Uhr auf die Reise geschickt hat. Heimersheim ist rundum zufrieden. Alle feiern friedlich, es gibt keinen Krawall. Auch die Helfer des Deutschen Roten Kreuzes haben angesichts der Menschenmengen nicht wirklich viel zu tun. Drei Jecke haben es mit dem Alkohol übertrieben, dazu stehen ein halbes Dutzend kleinere Verletzungen wie eine ausgerenkte Schulter oder umgeknickte Füße zu Buche.

Beim Stäänedanz gibt's eben das große Karnevalsglück. Und wenn das nicht reicht? Dann kommt die Lösung aus Weyer. Blömsche sind die Jecken dort sowieso, und als funkelnde Kleeblätter bringen die 14 Mädels um Jenny Höller das Glück in die ganze Welt – die kann es schließlich gebrauchen.


Alt Oeskerche lässt die Lichter fliegen

Fliegende Lichter sind neu im Stäänedanz – und fügen ihm schon wieder eine ganz andere faszinierende Note hinzu. Dafür sorgen die Fahnenschwenker der KG AÖ von Alt Oeskerche also. Seit 20 Jahren sind die Jungs und Mädels mit den weißen Stoffbahnen am Stab bereits aktiv, nun waren sie zum ersten Mal im Lichterzoch dabei.

Zwei Fahnenschwenker der KG Alt Oeskerche sind mit ihren mit Lichtern geschmückten Fahnen in Aktion.

Die Fahnenschwenker der KG Alt Oeskerche lieferten beim Lichterzug in Eiserfey eine tolle Show.

Aus dem Schützenwesen kommt das Fahnenschwenken ja eigentlich, doch Frank Harth hat es vor 20 Jahren zu AÖ in den Fastelovend gebracht. Die Sache mit den blauen Lämpchen an den Fahnen ist für die Schwenker nochmal eine Herausforderung, sagt Harth. Haben sie also extra dafür trainiert? Nee, sagt Harth und lacht: Die meisten haben 20 Jahre Erfahrung – ein paar Lämpchen bringen die nicht aus der Ruhe.

Im Lichterzoch sind die AÖ-Fahnenschwenker und die Garde in einer jecken Euskirchener Vereinigung mit der KG Erfttal um Präsident Winfried Flimm unterwegs. Der ist für alles gerüstet, geht vorm stattlichen Wagen und spricht kurz vor der Kirchenkurve in sein Funkmikro: „Hier ist richtig was los, alle Bereitmachen zum Kamellewerfen.“


Prinz Kalli lebt seinen Traum

Eimol Prinz ze sin – davon träumen viele Jecke. Wenn der Traum in Erfüllung geht, leben sie ihn mit jedem Herzschlag. Wie Prinz Kalli (Karl-Heinz Ponsen) aus Holzheim. Den hält im Lichterzoch nun gar nichts auf seinem Wagen. Da gehört ein Prinz seiner Meinung nach auch gar nicht hin: „Prinz zu sein, das ist doch nicht für die eigene Eitelkeit, sondern fürs Volk.“

Tänzer des Männerballetts tragen den Karnevalsprinzen aus Holzheim auf Händen.

Du bes Fastelovend: Prinz Kalli wird vom Männerballett auf Händen getragen und lebt seinen Karnevalstraum.

Mit den Jecken schunkelt er, schnappt sich das Mikro vom Wagen und singt e Leedche, tanzt mit dem Männerballett. Ein Mittfünfziger im Karnevalsrausch, beseelt, voll kindlicher Freude. Er dreht sich immer wieder, nimmt alles in sich auf: „Es gibt doch nix Schöneres.“ Dreht sich nochmal, schaut in die Gesichter. Besinnt sich seiner Vergangenheit, als Informatiker war er 15 Jahre in aller Welt unterwegs. Und fasst dann all das in drei Worten zusammen: „Dat es Heimat!“

Wetten dürfen nun noch abgeschlossen werden: Wie viel Stimme ist bei Prinz Kalli am Aschermittwoch übrig? Wird das Kabel vom Mikrofon am Wagen halten? Unsere Tipps: Gar nix. Und... nein.


Die Lichterzoch-Droge wirkt perfekt

„Die Droge wirkt. Gott sei Dank.“ Aber nein, ein Fall für die wenige Meter entfernt stehenden Polizisten ist diese Aussage von Beate Heimersheim wirklich nicht. Die Droge, das ist der ganz spezielle Lichterzug-Adrenalinkick. Der ist unbedingt nötig gewesen, hatte die Geschäftsführerin der Feytaler Jecke doch seit Dienstag flachgelegen. Doch einen Stäänedanz verpassen? Undenkbar. Es fluppt, sie kann sich mit den anderen Meerjungfrauen ins Funkeln stürzen.

Die Meerjungfrauen der KG Feytaler Jecken aus Eiserfey waren der ultimative Blickfang.

Gott sei Dank: Beate Heimersheim ist rechtzeitig zum Lichterzug fit geworden.

Für eine Vollblutkarnevalistin – zum 60. Geburtstag im Sommer hat der Bund Deutscher Karneval ihr seine höchste Auszeichnung verliehen – gehört sich das auch so. Da macht es auch nichts, dass der Schlaf sich nach der Stäänedanz-Party im Saal der Römerstube auf „eine Stunde die Beine hochgelegt“ beschränkt, bevor der nächste Zoch startet: Dann sind die Eiserfeyer hinter der Kehrmaschine unterwegs, um die Spuren der rauschenden Lichternacht zu beseitigen.