Die Durchsuchungen fanden in NRW und zwei anderen Bundesländern statt. Insgesamt werden 136 Menschen verdächtigt, sich die Taschen gefüllt zu haben.
„Verhöhnen die Flutopfer“Verdacht auf Fluthilfe-Betrug – Polizei durchsucht Häuser in Euskirchen
Im Zusammenhang mit einem gravierenden Verdacht auf Betrug bei Wiederaufbauhilfen nach der Flutkatastrophe im Juli 2021 haben 80 Polizeibeamte 18 Wohnobjekte in drei Bundesländern durchsucht. Allein in Euskirchen wurden 15 Objekte durchsucht, die übrigen waren in Mechernich sowie in Kassel und Stuttgart.
Seit Januar 2024 habe eine Ermittlungsgruppe der Polizei daran gearbeitet, teilten Polizei und Staatsanwaltschaft in Bonn mit.
Fluthilfe-Betrug: Insgesamt 136 Beschuldigte
Am frühen Mittwochmorgen, 11. Dezember, durchsuchten Einsatzkräfte der Polizei die Wohnobjekte in Euskirchen und in Mechernich. Die Ermittlungen in dem Fall dauern seit Januar 2024 an.
Es gehe um insgesamt 182 Ermittlungsverfahren und 136 Beschuldigte. Sie hätten wegen angeblicher Flutschäden eine Fördersumme von mehr als 9 Millionen Euro beantragt. „Davon wurden letztlich Mittel in Höhe von 4,6 Millionen Euro bewilligt“, teilte die Polizei mit. Im Fokus der Durchsuchungen hätten zwei deutsch-libanesische Frauen im Alter von 35 und 42 Jahren gestanden. Sie seien „Hauptbeschuldigte“ und sollen laut Polizei einen hohen sechsstelligen Betrag betrügerisch erlangt haben.
Inneniminster Herbert Reul: „Sie nutzen das System aus und verhöhnen die Flutopfer“
„Das ist unvorstellbar“, sagte NRW-Innenminister Herbert Reul. „Es ist eine der verheerendsten Naturkatastrophen in der Geschichte unseres Landes. Mehr als 180 Menschen sterben, Unzählige in den Flutgebieten kämpfen um ihre Existenzen. Und in so einer Situation denken diese Verbrecher nur daran, wie sie aus der Katastrophe Kapital schlagen können.“ Die Täter nutzten das System aus und verhöhnten damit nicht nur die Flutopfer, sondern betrögen auch das Land um Millionen Euro, die dann beim Aufbau fehlten, so Reul weiter.
Die Tatverdächtigen sollen unabhängig voneinander, aber mit vergleichbarem Vorgehen, betrügerische Anträge auf Wiederaufbauhilfen durch die Flutkatastrophe eingereicht haben. Teilweise sollen die Verdächtigen als Hinterleute agiert haben, indem sie gegen Provision Unberechtigten die zur Antragstellung nötigen Unterlagen zur Verfügung gestellt hätten. „Die Antragssteller mussten anschließend bis zu 50 Prozent der ausgezahlten Gelder an die Beschuldigten weitergeben“, erklärte die Polizei.
Dafür wurden in verschiedenen Anträgen für unterschiedliche Wohnobjekte identische Schadensbilder festgestellt. Außerdem seien Anträge auch für nicht von der Flut betroffene Objekte eingereicht worden, deren „Hausratsschäden durch die Flut faktisch nicht möglich waren“, erklärte die Polizei. So seien zum Beispiel Hilfen für Schäden in Obergeschossen beantragt worden, die aber gar nicht mit dem Höchstwasserstand zum Zeitpunkt der Flut übereingestimmt hätten.
„Sich auf diese Weise die Taschen vollzumachen, ist nicht nur perfide. Es zeigt, wie kriminelle Banden agieren. Ohne Skrupel und jegliche moralische Grenzen auf dem Rücken von uns allen“, so Reul. (at mit dpa)