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RazzienMutmaßlicher Fluthilfe-Betrug: So reagieren Politiker und Helfer im Kreis Euskirchen

Lesezeit 3 Minuten
Straßensteine, die durch die Flut aus der Erde gehoben wurden, liegen in der Euskirchener Fußgängerzone. (Archivfoto)

Große Zerstörung richtete die Flutkatastrophe im Juli 2021 auch in Euskirchen an.

In Euskirchen wurden 15 Wohnobjekte durchsucht, in Mechernich eines. Die Gründe sorgen im Kreis Euskirchen für Entsetzen.

18 Wohnobjekte, davon 15 in Euskirchen und eines in Mechernich, wurden am Mittwoch von der Polizei durchsucht. Dabei handelt es sich um Ermittlungen wegen betrügerisch erlangter Wiederaufbauhilfe nach der Flutkatastrophe vom 14./15. Juli 2021.

Wie die Bonner Polizei berichtete, war die Ermittlungsgruppe „Camillo“ im Januar eingerichtet worden. Nun schlugen die Beamten zu. Bei der Razzia waren zwei deutsch-libanesische Frauen im Alter von 35 und 42 Jahren und 20 weitere Beschuldigte, die in einer familiären Beziehung stehen, im Visier der Fahnder.

Nicht nur NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) verurteilt Fluthilfe-Betrug aus Schärfste

Nicht nur Innenminister Herbert Reul verurteilte den mutmaßlich organisierten Fluthilfebetrug auf Schärfste: „Sie verhöhnen damit nicht nur die Flutopfer, die das Geld wirklich brauchen, sondern betrügen auch das Land um Millionen, die dann beim Aufbau fehlen.“

Euskirchener Bürgermeister Sacha Reichelt begrüßt Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Bonn

Vor Ort sorgte die Nachricht für Entsetzen. Euskirchens Bürgermeister Sacha Reichelt ist nach eigenem Bekunden betroffen und traurig: „Das ist eine solche Sauerei.“ Was ihn besonders ärgert: „Etwa 0,1 Prozent der Menschen, die auch noch aus einem solchen Leid für so viele Betroffene Kapital für sich schlagen wollen, verhindern genau das, was wir immer fordern: unbürokratische Hilfe.“ Denn wegen solchen Betrugs müssten die Anträge so ausführlich geprüft werden, sagt Reichelt. Er begrüße es, dass die Staatsanwaltschaft entsprechende Maßnahmen ergreife.

Auch Hans Mießeler machen solchen Meldungen „ziemlich sauer“, wie er sagt. Seine Frau Sabine und er helfen seit Juli 2021 Menschen vor allem im südlichen Teil des Kreises beim Wiederaufbau. Dort werden sie von vielen schon „Team Mießeler“ genannt.

Fluthelfer denken an die Menschen, die lange auf Hilfe warten mussten

„Betrug gab es schon immer“, sagt Mießeler: „Das fing schon in den Versorgungszelten kurz nach der Flut an.“ Damit müsse man leben, deshalb könne man ja nicht die Hilfe einstellen. Wenn er aber von Betrug bei der Fluthilfe höre, denke er an viele Menschen, die lange auf Hilfe hätten warten oder sogar immer noch warten müssen.

„Viele Menschen sind mit den Anträgen überfordert“, so Mießeler. Oftmals führten kleinere Fehler dazu, dass die Hilfen vermindert oder spät bei den Betroffenen ankämen. Dass die zuständigen Mitarbeiter der Bezirksregierung Köln die Anträge genau prüfen, sei verständlich, so Mießeler: „Die müssen ja so genau hinsehen, sonst bekommen sie Ärger.“

Umso schlimmer sei es aber, dass Betrüger das Antrags- und Bewilligungsverfahren durch ihre Taten letztlich noch schwieriger machten. Abgesehen davon, dass mit deren Beute schon vielen Flutopfern hätte geholfen werden können.

Es ist nicht hinnehmbar, dass einzelne Betrüger sich auf dem Rücken der Flutopfer die Taschen vollgemacht haben.
Markus Ramers, Landrat des Kreises Euskirchen

Die Euskirchener Kreisverwaltung hat nach eigenen Angaben seit der Flut mehr als 9000 Beratungen durchgeführt, um Flutopfer dabei zu unterstützen, einen Antrag zur Wiederaufbauhilfe des Landes zu stellen. „Unsere Beraterinnen und Berater sind dabei mehrfach darauf hingewiesen worden, bei Betrugsverdacht die zuständige Bezirksregierung zu informieren. In Einzelfällen hat es auch anonyme Anzeigen gegeben, die wir sofort zur Prüfung weitergegeben haben“, sagt Wolfgang Andres, Pressesprecher des Kreises.

Landrat Markus Ramers erklärte: „Die jetzt bekannt gewordenen Vorgänge sind schockierend. Wir und andere haben Beratungen angeboten, um Menschen in größter Not zu helfen und sie dabei zu unterstützen, ihr Haus oder ihre Wohnung wieder aufzubauen. Es ist nicht hinnehmbar, dass einzelne Betrüger sich auf dem Rücken der Flutopfer die Taschen vollgemacht haben.“