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WohnungsknappheitSteigende Mieten treffen die Schwächsten im Kreis Euskirchen

Lesezeit 4 Minuten
Ein neues Mehrfamilienhaus wird gebaut.

Bauen für die, die sich keine hohen Mieten leisten können: Wie hier in Euskirchen „An der Erftbleiche“, errichtet die Euskirchener gemeinnützige Baugesellschaft Sozialwohnungen. Doch alleine kann sie den steigenden Bedarf auch nicht decken.

Günstiger Wohnraum ist auch im Kreis Euskirchen Mangelware. Steigende Baukosten und Mieten verschärfen die Lage.

Das Problem ist nicht neu, aber es verschärft sich. Vor wenigen Tagen wandte sich Gisela G. (Name geändert) an die Frauenberatungsstelle Frauen helfen Frauen. Ihr gewalttätiger Partner sei zwar für zehn Tage der Wohnung verwiesen worden, doch sie habe Angst um ihre Kinder und um sich.

Wohin also? Im Schutzhaus für Frauen und Kinder ist wie so oft kein Platz mehr frei. „Sie findet keine Wohnung, die sie bezahlen kann“, sagt Beraterin Ellen Mende, die viele solcher Fälle kennt. Seit Jahren sei das so. „Wir haben zu wenig günstigen Wohnraum – und es trifft dann immer die Schwächsten“, stellt Landrat Markus Ramers fest.

Laut Berechnung des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) stiegen die Mieten im Kreis in den vergangenen drei Jahren jeweils um 6,2 Prozent im Schnitt, NRW-weit „nur“ um 4,7 Prozent.

Nahe der Ballungsgebiete sind die Mieten höher

Je näher den Ballungsgebieten, umso höher die Miete, lautet die Faustregel. In Blankenheim lagen die mittleren Angebotsmieten laut Kreis bei bis zu 5,50 Euro je Quadratmeter, in Weilerswist bei acht Euro. Dieses Gefälle verschärft das soziale Problem, wie Ellen Mende erläutert: Menschen, die günstigen Wohnraum brauchten, hätten meist kein Auto – und wenn doch, schlügen die hohen Spritpreise besonders ins Kontor. Nahverkehr und nahe Einkaufsmöglichkeiten seien eher rar. Auch deshalb sind ja die Mietpreise relativ niedrig.

Die SPD-Kreistagsfraktion ruft nun zu einer gemeinsamen Kraftanstrengung auf – wie schon 2020. Die Lage sei noch brisanter geworden, sagt Fraktionschef Thilo Waasem und verweist auf Flutschäden, gestiegene Zinsen und Baukosten sowie überlastete Bauämter.

Im Kreis Euskirchen wird mehr gebaut als im Landesschnitt

Dabei wird relativ rege gebaut im Kreis, mehr als im Landesschnitt. Das sei auch gut so, sagt CDU-Fraktionschefin Ute Stolz, auch wenn darunter zu wenig Sozialer Wohnungsbau sei. Wo aber Gutverdiener in teurere Wohnungen umzögen, würden oft günstigere frei. „Es ist also besser, teurere Wohnungen zu bauen als gar keine“, so Stolz. Das alleine reiche aber nicht. Denn die Wohnungen, in die Menschen mit geringen Einkommen ziehen könnten, seien ja oft deshalb günstig, weil sie energetisch rückständig seien.

Dann mag die erste Miete noch bezahlbar sein, die „zweite“, also Nebenkosten, schon nicht mehr. Aus Gesprächen mit privaten Bauträgern wisse sie, sagt Stolz, dass der Bau geförderten Wohnraums für Unternehmen nicht rentabel sei. Das dürfte ein Grund dafür sein, dass der Bestand geförderter Mietwohnungen laut NRW.Bank im Kreis von 2010 bis 2020 um 15 Prozent gesunken ist. Ute Stolz schlägt daher vor, mit dem Land nochmal über die Bedingungen im Sozialen Wohnungsbau zu reden.

Die Eugebau kämpft gegen den Trend und stößt an Grenzen

Wer eisern gegen den Trend ankämpft, ist die Euskirchener gemeinnützige Baugesellschaft (Eugebau), an der Kreis und Stadt Euskirchen, Zülpich, Mechernich und Weilerswist beteiligt sind. Ihr Selbstverständnis ist nicht die Profitmaximierung, sondern die Schaffung preisgünstigen Wohnraums. „Die Eugebau macht einen guten Job“, sagt SPD-Fraktionschef Thilo Waasem.

Aber auch sie stoße an Grenzen, was Personal angeht – und Grundstücke, auf denen sie bauen könnte. Waasem sieht die Städte und Gemeinden in der Pflicht, in deren Planungshoheit der Kreis nicht reinreden kann. „In der Vergangenheit wurden Baugebiete oft an den Meistbietenden verkauft“, sagt er. Es sollte mehr im Fokus stehen, was gesellschaftlich erforderlich sei, fordert der Sozialdemokrat.

Steigende Baukosten verschärfen die Lage

Doch wer soll Sozialwohnungen bauen? Die steigenden Baukosten beträfen vor allem Mehrfamilienhäuser, sagt Georg Schmiedel, Geschäftsführer des Projektierers F&S concept.

Die Höhe der Miete, die im sozialen Wohnungsbau erhoben werden darf, müsse angepasst werden. „Es kann nicht sein, dass Zinsen steigen, Baukosten explodieren und die Mieten immer gleich bleiben“, so Schmiedel. Sein Unternehmen plane weiterhin einen Teil der Wohnungen im Zülpicher Baugebiet Seeterrassen als Sozialwohnungen. Er kenne aber Bauträger, die nur wenige hundert Meter weiter für mehr als zwölf Euro pro Quadratmeter vermieteten.

Im geförderten Wohnungsbau gibt es 5,90 Euro. „Die Wohnungen müssen dann barrierefrei sein. Das allein macht den Bau schon teurer“, erklärt Schmiedel: „Da bekomme ich doch keinen rein wirtschaftlich motiviert, geförderten Wohnraum zu machen.“ Es gebe natürlich Idealisten. Das sei auch gut so. „Die größte Gefahr ist, dass der Wohnungsbau weiter stockt“, sagt der Unternehmer: „Wir brauchen Wohnungen.“

In der Tat. Die Nachfrage nach Wohnberechtigungsscheinen (WBS) steigt laut Kreis stetig an. Und immer mehr Betroffene stellten einen neuen Antrag, nachdem die Gültigkeit des WBS nach einem Jahr abgelaufen sei. Der Grund: Sie haben noch keine Sozialwohnung gefunden.