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17.500 RebstöckeDer späte Frost war ein Problem für den Wein aus der Eifel

Lesezeit 6 Minuten
Markus Schäfer steht in einem Raum in einem alten Gebäude. Er reicht an einer roten Flüssigkeit in einem Weinglas.

Die roten Trauben sind gerade erst geerntet. Markus Schäfer wird sie zu einem Roséwein ausbauen.

Aus Trauben von 17.500 Rebstöcken wollen Lisa und Markus Schäfer bei Heimbach bis zu 35.000 Liter Wein keltern. Noch stehen sie am Anfang.

Das Platzen von Blütenträumen ist eine bekannte Redewendung. Doch nicht für Lisa und Markus Schäfer. Ihre Blütenträume sind, zumindest in diesem Jahr, erfroren. Denn die Spätfröste Ende April machten nicht nur den Obstbauern in der Region zu schaffen, sondern auch den Winzern. Auch den Schäfers, obwohl sie eigentlich noch ganz am Anfang des großen Abenteuers „Weinbau“ stehen.

Wenn Markus Schäfer über Wein, Weinstöcke, Keltern und Gärung redet, dann ist die Leidenschaft unverkennbar, mit der er seinen Weinberg bei Berg bearbeitet. Natürlich ist auch der finanzielle Aspekt nicht zu vernachlässigen, doch beim Gespräch im Weinkeller in Vlatten ist nicht zu übersehen, wie sehr der Landwirt für das Thema brennt.

In Vlatten stehen Tanks für rund 10.000 Liter Wein bereit

„Im Keller ist die Arbeit leichter, da kann nicht mehr viel passieren“, sagt er in der Halle in dem Vlattener Gutshof, den er zu einem Weinkeller umgebaut hat. An der Wand stehen Tanks aus Edelstahl für rund 10.000 Liter Wein, auf der anderen Seite läuft die Weinpresse, in der die bescheidene Ernte an roten Trauben verarbeitet wird. Draußen, auf dem Acker, da gebe es das Wetter, das einem einen Strich durch die Rechnung machen könne.

Mehrere hohe Edelstahlfässer stehen in einem mit Bruchsteinen gemauerten Raum.

10.000 Liter Fassungsvermögen haben die Edelstahlfässer, die für den Wein bereitstehen, auch wenn sie in diesem Jahr noch nicht alle gebraucht werden.

Markus Schäfer hockt vor einem silberfarbenen Edelstahltank und füllt eine helle, trübe Flüssigkeit in ein Weinglas.

Noch gärt der junge Wein, den Markus Schäfer zur Verkostung aus dem Edelstahlfass holt.

Wie im Frühjahr, als es in Februar und März so warm war, dass die Weinstöcke der frühblühenden Sorten im Schäferschen Weinberg auszutreiben begannen und Blüten entwickelten. Doch der Frost Ende April machte ihnen den Garaus. Und die verbliebenen Pflanzen hatten mit dem Regenwetter zu kämpfen, dass die Entwicklung der Trauben beeinträchtigte. In der Eifel gehe es noch, sagt Schäfer. Andere Weinbaugebiete, zum Beispiel in Ostdeutschland, habe es noch heftiger getroffen. „Die schauen mit dem Ofenrohr ins Gebirge“, beschreibt es Heinz Berchtold, Helfer und Berater der jungen Weinbauern, bajuwarisch-deftig.

In diesem Jahr war die Ernte bescheiden, aber die Qualität stimmt

So konnte der Vlattener Landwirt dieses Jahr nur eine bescheidene Ernte einfahren. Rund 1000 Liter Weißwein sind in zwei Tanks, 200 Liter Most aus roten Trauben tröpfeln aus der Presse in die Auffangwanne. Die anderen Tanks warten auf bessere Zeiten. Doch es gibt auch Grund zur Freude. „Die Qualität stimmt, die Mengen kommen von alleine“, so Schäfer. 90 Grad Oechsle, so der Zuckergehalt beim Weißwein. Bei dem Most aus den roten Trauben zeigt die Oechslewaage sogar 95 Grad an. Für Saft fast zu süß, die Lippen kleben ein wenig nach dem Kosten, doch für Wein eine gute Grundlage.

Einen Rotwein auszubauen plant Schäfer jedoch nicht. „Wenn er direkt ins Fass abgefüllt wird, wie wir das jetzt machen, wird es ein Rosé“, erklärt er. Für einen Rotwein müsste der Most noch auf der Maische bleiben, um Aromastoffe aus den Traubenschalen zu gewinnen. Hier ist das nicht gewollt. Und so kontrolliert Schäfer immer wieder den Luftdruck, mit dem die Trauben ausgepresst werden. Mehr als 1,5 bar sollen es nicht werden, denn sonst könnten die Kerne zerquetscht werden und Bitterstoffe abgeben.

Heinz Bechtold hält sich ein silber-schwarzes Gerät vor das rechte Auge. Er schaut durch das Refraktometer, um den Zuckergehalt zu messen.

95 Grad Oechsle Zuckergehalt: Das misst Heinz Bechtold mit dem Refraktometer.

Auf einem Holztisch stehen eine geöffnete Weinflasche und zwei Gläser.

Auch im vergangenen Jahr gab es Wein, der aber noch nicht vermarktet wurde.

Auf den Edelstahltanks, in denen der Weißwein gärt, sitzen kleine Glasröhrchen, aus denen es fröhlich blubbert. Kohlendioxid ist es, das anzeigt, wie aktiv die Hefepilze den Zucker in Alkohol umwandeln. Im linken Tank ist ein Sauvignac, im rechten ein Souvignier Gris. Der Jungwein, den Schäfer aus dem Tank holt, ist noch trüb. Und sauer. Doch das werde nicht so bleiben, sagt Schäfer: „Im Frühjahr setzt die zweite Gärung ein, der biologische Säureabbau.“ Dann werde Äpfelsäure in Milchsäure umgewandelt, es bilde sich Weinstein, der Wein komme kristallklar aus dem Tank.

Die Rebstöcke müssen zuerst erwachsen werden

Trauben für 500 Liter Wein konnte Schäfer im vergangenen Jahr ernten. In diesem Jahr habe er eigentlich auf mehr gehofft. Denn im Grunde genommen ist sein Weinberg so etwas wie ein Rebstockkindergarten. Große Teile sind erst im vergangenen Jahr gesetzt worden und erst ab dem dritten Lebensjahr beginnen die Weinstöcke zu tragen. Mit zunehmendem Alter steige die Menge, erläutert Berchtold, der in Portugal 25 Jahre lang Wein angebaut hat.

„Von 35 älteren roten Weinstöcken haben wir heute etwa 35 Kilogramm geerntet, von den 150 jungen Stöcken vielleicht acht Kilo“, macht er die Dimension deutlich. Ein erwachsener Weinstock könne rund zwei Kilo Trauben bringen. Bei den 17.500 Rebstöcken, die mittlerweile auf dem 3,8 Hektar großen Weinberg stehen, könnten also am Ende 30.000 bis 35.000 Liter Ertrag stehen, die die Schäfers selbst weiterverarbeiten, abfüllen und vermarkten wollen.

Das Projekt ist viel mehr als die Spinnerei eines Eifeler Bauern

Also viel mehr als eine Spinnerei eines Eifeler Bauern. „Das soll ein zweites Standbein werden“, betont Schäfer, der einen Ackerbaubetrieb hat. Wenn die Getreideernte schlecht ausfalle, könne er mit dem Ertrag aus dem Wein den Verlust ausgleichen. „In den letzten drei Jahren hat der Weizen den Weinbau unterstützt, vielleicht ist es bald andersrum“, sagt er.

Eines hat er aber schon festgestellt: Weinbau sei eigentlich auch nur Landwirtschaft, dennoch habe er ein viel höheres Prestige als Ackerbau. „Der hat oft einen schlechten Ruf“, sagt Schäfer. Wein sei dagegen ein Wohlfühlprodukt: „Die Leute sehen anders auf einen Weinberg als auf ein Getreidefeld.“

Für ihren Traum haben die Schäfers viel investiert. Mit den digital gesteuerten Edelstahltanks kann der Jungwein genauso gekühlt wie erwärmt werden. Jetzt, wo die Gärung läuft, liegt die Temperatur bei 15,3 Grad. Nichts, was ein Hefepilz wirklich mag, der geht dann eigentlich recht lustlos zu Werke. Gezügelte Gärung nennt das der Winzer, statt drei Tage gärt der Wein deshalb 14 Tage. „Das erhält die Aromen im Wein“, weiß Schäfer. „So einen Wein habe ich in Portugal nie hinbekommen, da war es immer viel zu warm“, ergänzt Berchtold respektvoll. Mittlerweile wisse sein Freund Schäfer, der mit seiner Frau eine Ausbildung im Weinbau gemacht habe, viel mehr als er.

So hat Schäfer viele Ideen, was möglich ist – wenn die Ernte denn mal stimmt. Dann könne experimentiert werden, um besondere Weine zu erzeugen. Etwa einen Pet Nat, eine natürliche Flaschengärung, bei der ein frisch perlender Schaumwein zu erwarten wäre. Natürlich könne das auch in die Hose gehen, so dass alles weggeschüttet werden müsse. Doch: „Am Abgrund ist die Aussicht am schönsten“, sagt Schäfer und lächelt.


Historie des Weinbaus in der Eifel

Ein Alleinstellungsmerkmal in der Region hat Markus Schäfer aktuell mit seinem Weinberg bei Berg. Doch das war nicht immer so. Im Eifeljahrbuch 1958 widmete Oberstudienrat Wilhelm Günther einen Beitrag dem Weinbau in der Eifel während des Mittelalters. Die Anfänge reichen demnach bis ins 11. Jahrhundert zurück.

Dabei habe es zwei Schwerpunkte gegeben: der Südteil der Zülpicher Börde zwischen Bürvenich und Schwerfen und das Rurtal von Düren stromaufwärts. Auch zwischen Swist und belgischer Grenze habe es einzelne Anbauten gegeben, zum Beispiel bei Bad Münstereifel oder am Swistbach bei Meckenheim. Um 1300 seien zum Beispiel bei Malsbenden zwei Weinberge angelegt worden, die aber im 16. Jahrhundert wieder aufgegeben worden seien.

Den Weinbau im Rurtal zwischen Abenden und Heimbach belegt Günther mit Rechnungen der Burggräferei über den jährlich abzuliefernden Weinzehnt. Allgemein seien die geernteten Mengen im 17. Jahrhundert zurückgegangen, vermutlich aus klimatischen Gründen. Trotzdem habe es in Heimbach bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts Weinbau gegeben. Die Pfarrei habe noch 1839 dreiviertel Morgen Weingarten gehabt. Darüber hinaus wurde in Kreuzau-Winden bis 1915 im Schregelschen Weinberg Weinbau betrieben. Auch der Weinberg von Markus Schäfer wurde in früheren Jahrhunderten bereits genutzt, wie der Flurname „Wingersberg“ belegt.