Nideggen-Berg – Was passt besser zu einem lauen, sonnigen Abend in der Eifel als ein leckerer, süffiger Wein, der ebenfalls aus der Region kommt. Allerdings nicht von der als Weinregion bekannten Mosel, sondern aus Berg, das derzeit sozusagen zum „Wein-Berg“ wird.
Im ersten Augenblick hört sich dieser Plan, den Markus Schäfer derzeit in die Tat umsetzt, recht verwegen an. Doch Schäfer weiß tatsächlich, was er tut. Mit viel Leidenschaft und Energie geht er an die Umsetzung seiner Idee. Am Freitag pflanzte er auf einem Hektar 4700 Jungreben, die in drei Jahren die ersten Trauben tragen sollen.
3,8 Hektar Land
Doch das ist erst der Anfang. Insgesamt 3,8 Hektar soll der Schäfersche Weinberg einmal umfassen. Ein Projekt, für das Schäfer mit seiner Verlobten Lisa Soltau voll ins Risiko geht. Denn eine Garantie, dass der Wein, der irgendwann einmal aus diesen Trauben gekeltert wird, tatsächlich nicht nur trinkbar, sondern auch vermarktbar sein wird, gibt es nicht.
Bereits vor drei Jahren haben die beiden Jungwinzer die ersten Probereben auf einem Versuchsgelände gepflanzt. Hier entwickeln sich in zwei Zeilen Rebstöcken die ersten, in diesem Frühjahr noch winzigen Trauben heran. Insgesamt stehen auf dem Versuchsgelände 400 Rebstöcke. Eine erste Weinprobe ist auf Schäfers Hof in Vlatten für das nächste Frühjahr geplant.
Weinbau schon zur Römerzeit
Die Idee, in der Eifel Wein anzubauen, sei überhaupt nicht neu, erzählt Markus Schäfer. Schon bei den Römern sei der Weinanbau in dieser Region völlig normal gewesen. Sogar der Flurname der Fläche, auf der Schäfer seinen Weinberg anlegt, verspricht Tradition: „Wingersberg“ wird das Stück genannt. „Wir machen das, was hier immer gemacht wurde“, erläutert Schäfer.
Bis ins Jahr 1911 habe es Weinbau in der Region gegeben, dann sei er aufgegeben worden. Dass es nun wieder möglich ist, ist einer Änderung des deutschen Weinbaugesetzes zu verdanken, die 2017 umgesetzt wurde. Sie ermöglicht, dass Neuanpflanzungen auch außerhalb der 13 bekannten Weinanbaugebiete, wie etwa Mosel und Ahr, genehmigt werden dürfen.
Die Rebstöcke, die seit drei Jahren stehen, sind von der Sorte Solaris. Die neueren und auch die, die jetzt gepflanzt wurden, sind von der neu gezüchteten Sorte Sauvignac. „Das ist eine Kreuzung aus Riesling und Sauvignon mit Pilzresistenz“, erläutert Schäfer. Besonders die letzte Eigenschaft ist wichtig, denn er möchte hier Bio-Wein produzieren. Nützlinge wie Marienkäfer, die Blattläuse fressen, sollen die Pflanzen gesund halten. Außerdem werden die Rebstöcke nicht, wie üblich, auf 80 Zentimeter hochgebunden, sondern auf einen Meter. „Das gibt eine bessere Durchlüftung“, so Schäfer.
Nicht für Ackerbau geeignet
Für herkömmlichen Ackerbau sei der Boden sowieso nicht geeignet, erläutert er: „Im Sommer verbrennt hier der Acker, das wird zu heiß.“ Wein dagegen mag es gern kuschelig warm. Zudem sei der Boden voller Mineralien, denn er bestehe aus Muschelkalk. „Der Boden macht den Wein“, erklärt er.
Fünf Hektar darf jedes Bundesland zusätzlich zu den bisherigen Weinanbaugebieten ausweisen, 3,8 Hektar des NRW-Anteils konnte sich Schäfer sichern. Allerdings wird der Schäfersche Wein nicht als Qualitätswein oder Qualitätswein mit Prädikat vermarktet werden können. „Er kann nur als Deutscher Landwein in den Handel kommen“, kündigt er an.
Für Schäfer ein großes Abenteuer. Eigentlich hat er einen reinen Ackerbaubetrieb, in dem er gerne biologisch arbeiten würde. „Allerdings ist das wirtschaftlich nicht darstellbar“, bedauert er. Die Preise, die er für biologisch produzierte Waren bekommen würde, seien nicht hoch genug. Doch er versuche, mit einem Minimum an Pflanzenschutzmitteln auszukommen. Außerdem hat er eine kleine, extensiv gehaltene Herde der alten Rinderrasse „Hinterwälder“, die er durch Zucht erhalten will.
Dass sein Traum, einen eigenen Weinberg zu besitzen, Wirklichkeit wird, sei seinem Freund Heinz Berchthold zu verdanken. „Er hat in Portugal 25 Jahre Wein angebaut, bevor er nach Vlatten gezogen ist“, so Schäfer. Außer dem Sachverstand habe Berchthold auch noch einiges an Equipment mit in das Projekt eingebracht.
Schon an die Pflanzen zu gelangen, sei ein Abenteuer gewesen. Denn die Spedition hatte die Setzlinge nicht ausgeliefert, sondern ins Lager gestellt. Doch nun sollte die Pflanzmaschine anrücken. Schäfer musste also selbst nach Köln fahren und die Pflanzen abholen.
Viel Handarbeit wartet nun auf Schäfer und seine Familienangehörigen, die sich bereits auf dem Versuchsfeld als Helfer einbringen. Denn in 14 Tagen, wenn die kleinen Pflanzen sprießen, müssen sie „ausgegeizt“ werden. Das heißt: Sie müssen auf einen starken Trieb reduziert werden – 4700 Mal.
Und so geht es weiter: Immer wieder müssen die Reben geschnitten und festgebunden werden, bis in drei Jahren vielleicht ein guter, leckerer Wein hergestellt werden kann. Doch der Landwirt ist voller Optimismus: „Wir sind fest davon überzeugt, dass es klappt.“ Und einen Plan B hat er auch in der Tasche: „Zur Not trinken wir den Wein selber.“ Wie viele Liter Wein Schäfer ernten kann, weiß er aber noch nicht.