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Expertin berichtetSo ist es um die Wirtschaft im Kreis Euskirchen bestellt

Lesezeit 4 Minuten
Das Bild zeigt einen Metallbauer, der eine Metallkonstruktion abschleift.

Die Stimmung in der Wirtschaft versprüht aktuell keine Funken. Rund 7000 Unternehmen gibt es im Kreis Euskirchen.

Die Wirtschaftsförderin des Kreises Euskirchen, Iris Poth, berichtet über Herausforderungen und Chancen. Ideenfabrik soll fortgesetzt werden.

Hohe Energiekosten, Fachkräftemangel und hohe Rohstoffkosten – die Wirtschaft hat auch im Kreis Euskirchen zu knapsen. „Die Stimmung ist auch bei uns eingetrübt“, sagt Iris Poth, Wirtschaftsförderin des Kreises Euskirchen.

Die wirtschaftliche Landkarte des Kreises Euskirchen wird laut Poth durch Branchenvielfalt geprägt. Rund 7000 große und kleine Unternehmen haben der Wirtschaftsexpertin hier ihren Sitz. Mit mehr als 3000 Betrieben trage das Handwerk maßgeblich zur Wertschöpfung bei. Es generiert jährlich mehr als 1,5 Milliarden Euro Umsatz und beschäftigt mehr als 12.000 Menschen.

Kleine und mittlere Unternehmen bilden die Basis im Kreis Euskirchen

Im Kreisgebiet angesiedelt seien vor allem kleine und mittlere Unternehmen (KMU). Rund 80 Prozent der Betriebe am Standort beschäftigen zwischen ein und neun Personen.

„Der Kreis Euskirchen steht vor tiefgreifenden wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Veränderungen, die durch den Strukturwandel, die Energiewende und den demografischen Wandel geprägt sind“, so Poth. Mit klarem Fokus auf nachhaltige Wirtschaftsentwicklung und Innovationsförderung arbeite die Wirtschaftsförderung des Kreises daran, „die Region als attraktiven Wirtschafts- und Lebensstandort zu positionieren.“

Karriereportal des Kreises Euskirchen ist eine Erfolgsgeschichte

Strategien wie das wirtschaftliche Entwicklungskonzept, ein aktives Strukturwandelmanagement und Maßnahmen zur Bewältigung des demografischen Wandels seien wichtige Bausteine, um den Kreis Euskirchen langfristig zu stärken.

Seit April 2024 bietet das Karriereportal Unternehmen im Kreisgebiet die Möglichkeit, offene Stellen und Ausbildungsplätze kostenlos zu veröffentlichen. Das innovative Portal wurde im Rahmen der Fachkräfteoffensive ins Leben gerufen und soll Unternehmen und Arbeitssuchende effizient zusammenbringen. Die Resonanz auf das neue Angebot sei beeindruckend, sagt Poth: Bis Mitte Dezember haben sich 174 Unternehmen registriert, die insgesamt 426 aktive Ausschreibungen veröffentlichten.

Das Bild zeigt Iris Poth und einen Teil des Teams der Wirtschaftsförderung im Kreis Euskirchen an Laptops.

Iris Poth ist seit 33 Jahren in der Wirtschaftsförderung des Kreises Euskirchen. Aktuell wird ein Konzept für die Zukunft der Ideenfabrik in der Alten Tuchfabrik entwickelt.

Über das Portal sind bisher 3100 Bewerbungen eingegangen – ein starkes Zeichen für die Attraktivität und Wirksamkeit der Plattform. Um die Funktionen und Vorteile des Portals vorzustellen, wurden zwei Online-Informationsveranstaltungen durch die Kreiswirtschaftsförderung angeboten, an denen mehr als 180 Unternehmen teilgenommen haben. Das zeigt das große Interesse der Wirtschaft an diesem neuen Werkzeug zur Fachkräftegewinnung.

Aus 26 Gesprächen folgten neun Unternehmensgründungen

Im vergangenen Jahr führte der Kreis nach eigenen Angaben sechs Beratungstage durch. Das Angebot der branchenspezifischen Beratungssprechtage, insbesondere für Existenzgründende im Bereich touristischer Übernachtungsbetriebe, sei „ein voller Erfolg“ gewesen. Geführt wurden 26 individuelle Beratungsgespräche. Neun neue Gründungen konnten dadurch laut Poth realisiert werden.

Bis Mai will das Team der Wirtschaftsförderung der Kreis-Politik ein Folgekonzept für die Ideenfabrik in der Alten Tuchfabrik in Euskirchen vorlegen. Aktuell laufe eine Befragung mithilfe eines umfangreichen und individuellen Fragebogens unter den Nutzern, berichtet Poth.

Wir wollen das Projekt fortsetzen. Zunächst für einen befristeten Zeitraum.
Iris Poth, Wirtschaftsförderin

1,9 Millionen Euro hat das Projekt gekostet, das vor allem eines sein soll: eine Startrampe für innovative Projekte, Nachhaltigkeitsstrategien, Co-Working und Veranstaltungen. Mit 1,5 Millionen Euro ist der Bund mit von der Partie, den Rest übernimmt der Kreis.

„Wir wollen das Projekt fortsetzen. Zunächst für einen befristeten Zeitraum“, sagt Poth: „Wir werden dafür die Mehrwerte für die Unternehmen herausarbeiten.“ Die Wirtschaftsförderin geht davon aus, dass das Konzept die Politik überzeugen wird – trotz aktueller Sparrunden beim Kreishaushalt.

Isabelle Jeschke, Projektleiterin der Ideenfabrik, hat die Ideenfabrik verlassen. Der Vertrag sei befristet gewesen, so Poth. Die Stelle sei aktuell wieder ausgeschrieben – befristet auf ein Jahr, weil der Bund grünes Licht für eine Verlängerung des Durchführungszeitraums der Ideenfabrik signalisiert habe.

Gewerbeflächen sind im Kreis Euskirchen knapp

Gewerbeflächen im Kreis Euskirchen sind knapp. Nicht selten wird deshalb der Wunsch geäußert, die Prime-Site-Rhine-Region zu einem interkommunalen Gewerbegebiet herabzustufen.

Die Prime Site Rhine Region, die 205 Hektar große Gewerbefläche zwischen Euskirchen und Weilerswist im Bereich des Ipas, sei nach wie vor „eine der attraktivsten verfügbaren Industrie- und Gewerbeflächen für Großvorhaben in ganz Deutschland“, heißt es von der Global Business GmbH. Die ist die Außenwirtschaftsförderungsgesellschaft des Landes NRW und versucht, die Fläche zu vermarkten – bisher vergebens.

Denn so attraktiv sie auch ist, attraktiv genug war sie noch nicht. In regelmäßigen Abständen war sie in der engeren Auswahl für eine millionenschwere Investition. Haribo, BMW, Tesla und zuletzt das schwedische Batterieunternehmen Northvolt haben sehr intensiv über eine Ansiedlung in Euskirchen nachgedacht, sich letztlich aber anders entschieden. „Das ist nicht meine Baustelle. Was wir aber feststellen ist, dass schon lange keine großflächigen Anfragen für Gewerbegebiete im gesamten Kreis an die Wirtschaftsförderung herangetragen worden sind“, sagt Iris Poth.

„Bei den Themen wie Digitalisierung und Künstliche Intelligenz müssen wir mitreden können. Wir haben ein junges Team. Aktuell schreiben wir an einem Leistungsverzeichnis für eine Digitalisierungsstrategie für kleine Unternehmen“, sagt Poth: „Wir haben vier Mitarbeiter, die regelmäßig Seminare zur Künstlichen Intelligenz besuchen. Das Thema wird die Wirtschaft im Kreis Euskirchen in den kommenden Jahren beeinflussen.“