Kall-Steinfeld – Es ist schon ein ungewöhnlicher Anblick, der nicht nur regelmäßig ihren Mitschwestern die Schweißperlen auf die Stirn treibt: Wenn Schwester Veronika eine hohe Leiter erklimmt, um die bewachsene Mauerkrone rund um ihren Garten am Kloster Steinfeld zu säubern, staunen die Zaungäste, denn schließlich hat die gebürtige Bayerin schon fast 85 Jahre auf dem Buckel. Für die Schwester ist das aber keine große Sache: „Ich fühle mich sicher und habe keine Angst, schließlich habe ich meinen Schutzengel immer dabei.“ Die Frohnatur kann auf ein bewegtes Leben zurückblicken und ist auch im hohen Alter immer noch sehr agil.
Geboren wurde Veronika Rupp am 20. April 1936 in Beilngries. Sie war das zehnte von insgesamt zwölf Kindern der Familie Rupp. In und auch nach ihrer Schulzeit half sie zunächst in dem kleinen landwirtschaftlichen Betrieb ihrer Eltern. „Mit 17 habe ich dann an einer Führung im Kloster Marienstift Donauhof in Passau teilgenommen, ohne dass meine Eltern etwas davon wussten“, erinnert sich die Schwester. „Unmittelbar nach der Führung habe ich mich dann gleich angemeldet. Ich habe gedacht: Jetzt oder nie.“ Aber sie brauchte die Unterschrift der Eltern, und ihr Vater war der Meinung, sie sollte noch etwas warten. Erst nachdem ihre Mutter unterschrieben hatte, konnte er umgestimmt werden.
Mit Jungs gerauft
Den Orden der Salvatorianer kannte das Mädchen, weil in Beilngries zwei Patres in der Seelsorge arbeiteten. „Meine Geschwister und Schulkameraden waren von meiner Entscheidung sehr überrascht, denn ich war damals ein sehr lustiges und übermütiges Mädchen und habe auch schon mal mit Jungs gerauft“, erzählt die Schwester. Mit der Familie wurde der Abschied zünftig gefeiert. Ihr ältester Bruder habe damals gesagt: „Ich brauche mich erst gar nicht von dir zu verabschieden, denn die werden dich schnell wieder nach Hause schicken.“ Doch da hatte er sich getäuscht.
Am 6. Februar 1954 trat sie noch als 17-Jährige in Passau in den Orden der Salvatorianerinnen ein. Nach ein paar Monaten wurde sie bereits in ein Krankenhaus in Haßfurt in Unterfranken versetzt. „Alle wollten von Beginn an aus mir eine Krankenschwester machen. Ich wollte das zwar nicht, aber es hat mir dann doch gefallen.“ Nach ihrer Einkleidung in Passau kam sie mit 23 weiteren Novizinnen in ein Kloster der Salvatorianerinnen nach Kerpen-Horrem. Am Ende des Noviziats seien dann alle gefragt worden, was sie in Zukunft machen wollten. „Die Oberin hat mir zur Krankenpflege geraten, ich aber habe mich für die Arbeit in einem Kindergarten entschieden“, berichtet Schwester Veronika. Bereits während ihrer Ausbildungszeit habe sie zwei Kindergärten in Horrem geleitet: „Da wurde gar nicht lange gefragt, ob ich das kann.“ Für sie war es trotzdem eine Zeit, an die sie sich gerne zurückerinnert: „Wir haben sehr viel mit den Kindern gespielt.“
13 Jahre in Berliner Kindergärten
Schwer fiel ihr dagegen der anschließende Wechsel in ein Heim für schwer erziehbare Jungen: „Das sollte nur für ein Jahr sein, am Ende waren es mehr als sechs.“ Der Grund für die lange Zeit: Die Provinzoberin war mit der Arbeit von Schwester Veronika sehr zufrieden. In der Folge arbeitete die Frau aus Bayern 13 Jahre lang in Kindergärten in Berlin, ehe sie dann vor knapp 25 Jahren nach Urft kam. „Dort habe ich viele Jahre im Hermann-Josef-Haus gearbeitet.“ Als sie dort aufgehört hatte, zog Schwester Veronika nach Steinfeld. „Da habe ich in der Pfarrei geholfen und die Krankenkommunion mit ausgeteilt.“ Zuletzt habe sie den Dienst an der Pforte übernommen. Auch heute besuche sie noch kranke und alleinstehende Menschen: „Wir gehen dann spazieren oder spielen miteinander.“
In Steinfeld entdeckte die Schwester auch eine neue Leidenschaft: die Arbeit im Garten. „Eine Freundin mit einem tollen Garten hat mich mal eingeladen. Als ich die Pracht sah, habe ich mir gedacht: So etwas willst du auch“, erklärt die fast 85-Jährige. Seit nunmehr rund acht Jahren bearbeitet sie in dem Gartenstück hinter der Basilika mehrere Beete. Stolz ist sie dabei auf ihre Himbeersträucher und die blühenden Blumen in verschiedenen Farben.
Doch eine Sache störte die gottesfürchtige Frau von Beginn an: dass auf der Mauer, die den Garten umgibt, Gras, wilde Rosen und sogar kleine Bäume wachsen. „Die Mauerkrone hat schon sehr lange niemand mehr sauber gemacht.“ Also holte sie sich eine lange Leiter und fing an, den Bewuchs mit einem Unkrautstecher und einer Harke zu entfernen. Viele Meter hat sie schon vom Grün befreit. „Die Erdklumpen setze ich dann als Humus auf meinen Beeten ein. Es ist eine schwere Arbeit, und ich staune, dass ich das noch so gut kann.“ Aber die rüstige Seniorin hält sich auch fit: „Ich gehe viel wandern und mache regelmäßig Gymnastik und Kneipp-Kuren.“ Auf ihren mehr als zwei Stunden langen Wanderungen trifft sie immer wieder Bekannte. Auch an den Osterfeiertagen wird die Schwester unterwegs sein, denn dann ruht natürlich die Arbeit im Garten.