Der Künstler Kai Niederhauser hat den Treppenturm des Parkhauses Entenpfuhl in Euskirchen mit einem riesigen Gemälde versehen.
GraffitikunstEuskirchener Parkhaus hat einen neuen Blickfang

Kai Niederhausen (3.v.l.), hier mit Förderern des Projekts und Vertreterinnen und Vertretern der Stadt Euskirchen, verwandelte den Treppenhausturm am Parkhaus Entenpfuhl in einen Blickfang.
Copyright: Cedric Arndt
Ist das Kunst oder ist das Schmiererei? Ja, vielerorts sind die illegal dahingesprühten Machwerke nur in die Kategorie Schmiererei einzusortieren. Doch Graffitimalerei ist vielfach Kunst und genießt heutzutage längst auch auf kultureller Ebene einen deutlich besseren Ruf. Immer mehr und mehr Künstlerinnen und Künstler begeistern mit ihren Werken, die oftmals ganze Hausfassaden in ein buntes Farbenmeer tauchen.
Auch im Kreis Euskirchen sind zahlreiche derartige Werke im öffentlichen Raum zu bewundern. Bereits vor Jahren wurde etwa die Unterführung in Kall künstlerisch gestaltet, 2024 geschah dies auch in Schmidtheim, zudem sind zahlreiche Trafohäuschen mit zum Ort passenden Motiven gestaltet worden. Nun war es auch in Euskirchen so weit. Die Entstehung eines solchen Riesengemäldes ließ sich diese Woche am Parkhaus Entenpfuhl beobachten.
Kai „Semor“ Niederhausen bearbeitet schmucklosen Turm in Euskirchen
Graffitikünstler Kai „Semor“ Niederhausen war dort am Werk, um den bislang schmucklosen Treppenhausturm in einen abstrakten Ausdruck seiner Gefühls- und Gedankenwelt zu verwandeln. „Die abstrakte Kunst ist aus meiner Sicht die nackteste Art, in der sich ein Künstler ausdrücken kann“, erklärte der Kölner, dessen Werke bereits in vielen Teilen der Welt bewundert werden können. „Es gibt zwar eine Skizze, wie das fertige Werk aussehen soll, trotzdem lasse ich mich beim Malen immer wieder von der Situation und dem Umfeld beeinflussen.“

In luftiger Höhe von bis zu elf Metern realisiert Kai Niederhausen sein neues Kunstprojekt an der Fassade des Treppenhauses.
Copyright: Cedric Arndt
Rund 140 Quadratmeter messen die beiden Seitenwände des Turmes, die der Künstler in luftiger Höhe von bis zu elf Metern mit einem neuen Anstrich versieht. Seinen Ursprung hatte dieses Projekt in einer vorangegangenen Ausstellung des Euskirchener Stadtmuseums, in der Kai Niederhausen und einige seiner Künstlerkollegen Besuchern die „Urban Art“ nähergebracht haben.
Wir waren daher sehr froh, Kai Niederhausen für dieses Projekt gewinnen zu können.
„Die Graffitikunst gehört unserer Meinung nach jedoch nicht nur in das Museum, sondern getreu ihres Ursprungs auch auf die Straße“, berichtet Museumsleiterin Dr. Heike Lützenkirchen: „Wir waren daher sehr froh, Kai Niederhausen für dieses Projekt gewinnen zu können – und dass wir mit Unterstützung der Stadt und der SVE sowie von Georg Schmiedel und Helga Schmitz als finanzielle Unterstützer so tolle Kooperationspartner gefunden haben.“
Künstler aus Köln möchte die Kunst zu den Menschen bringen
Die Entscheidung, seine Kunst zu jeder Zeit der Öffentlichkeit zugänglich machen zu können, spielte auch Kai Niederhausen selbst in die Karten. „Kunst gehört uns allen, und ich finde, viel mehr Menschen sollten in Museen gehen, um sie sich anzusehen. Das alles gehört auch zur Geschichte einer Stadt, und die müssen wir ganz besonders in Zeiten wie diesen bewahren“, betonte der Kölner: „Leider haben viele noch immer das Gefühl, Museen seien nur etwas für die Elite, für Menschen mit viel Geld. Auch wenn das absolut nicht der Wahrheit entspricht, bin ich froh, dieses Projekt draußen, mitten in der Stadt, zu den Menschen bringen zu können.“
Kunst kann einer Gesellschaft auch in schweren Zeiten helfen.
Genau dieser Aspekt sei es auch, der nicht nur die Verantwortlichen der SVE, sondern auch ihn zu einer Zusammenarbeit bewogen habe, sagte Sponsor Georg Schmiedel. „Es ist gar nicht mal so wichtig, was ein Künstler mit seiner Kunst aussagen möchte, sondern vielmehr, was sie in einem Betrachter auslöst“, so Schmiedel: „Kunst kann einer Gesellschaft auch in schweren Zeiten helfen. Und wenn dieser Turm Fußgänger nur für einen kurzen Augenblick vom Alltag ablenken kann, ist vieles gewonnen.“
Mit mintgrünen und erdigen Farbtönen, die immer wieder durch grelle Neontöne unterbrochen werden, bietet das Treppenhaus im Entenpfuhl nun ausreichend Möglichkeiten, den Blick schweifen zu lassen. Geschwungene Figuren teilen sich die große Wand mit klaren geometrischen Formen und strikten schwarzen Konturen.
„Das alles bin ich, das ist meine Kunst“, erklärte Kai Niederhausen: „Ob Beobachter mich in diesem Bild sehen, ist mir gar nicht wichtig. Hauptsache ist, sie machen sich ein paar eigene Gedanken. Dann dürfen sie in den Formen erkennen, was immer sie wollen.“ Davon machten schon während der Vorstellung des Kunstprojektes zahlreiche Spaziergänger Gebrauch. Euskirchens Bürgermeister Sacha Reichelt denkt schon jetzt über eine mögliche Fortsetzung des Projektes nach – etwa mit einem Street-Art-Festival in der Stadt.