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Boys-Day14-jährige Jungen waren einen Tag lang Erzieher an Euskirchener Kita

Lesezeit 3 Minuten
Kinder, Jugendliche und Erwachsene posieren draußen an einem Spielplatz.

Es war ein anstrengender, aber lehrreicher Tag für Fabian und Paul. Barbara Brieden (v.l.), die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Euskirchen, Bürgermeister Sacha Reichelt und Thilo Fischer, ständige stellvertretende Leitung der Städtischen Kita Robert-Koch-Straße, kamen mit dem Jungen ins Gespräch.

Erziehungsarbeit ist nur was für Frauen? Von wegen! Am Boys-Day konnten Jungen in für sie „untypische“ Berufe hineinschnuppern. 

Kinder sind seine Arbeitgeber. So sieht Thilo Fischer, ständige stellvertretende Leitung der städtischen Kita Robert-Koch-Straße in Euskirchen, seine Arbeit. Nun bekamen die kleinen Chefinnen und Chefs neue Mitarbeiter – auf einen Tag befristet. Die 14-jährigen Paul und Fabian gewannen im Rahmen des Boys-Day Einblicke in einen Beruf, in dem häufiger Frauen als Männer arbeiten. Noch. So heißt es von der Stadt Euskirchen, die sich seit 2012 an der bundesweiten Aktion beteiligt.

25 Plätze an insgesamt elf städtischen Kitas hatte die Stadt der Gleichstellungsbeauftragten Barbara Brieden zufolge für Jungen zum beruflichen Ausprobieren bereitgestellt, alle Plätze seien besetzt worden. Auch die Kindertagesstätten haben laut Brieden sehr positiv auf die Anfragen reagiert.

Der Tag in der Kita in Euskirchen war „stressig, aber schön“

Und wie ist es den Jugendlichen in der Kita an der Robert-Koch-Straße ergangen? Die waren nach ihrem Arbeitstag geschafft. Es sei anspruchsvoll und anstrengend gewesen, berichteten die 14-Jährigen. „Wir hatten alle Hände voll zu tun und jetzt sind die Beine schwer“, so Paul: „Der Akku der Kleinen hing an der Powerbank.“ Fabian pflichtete ihm bei: „Es war stressig, aber schön.“

Fischer und Erzieher Alexander Grzenkowski lobten den Einsatz der beiden. „Nach ein paar Hemmungen sind die Jungs warm geworden“, sagte Grzenkowski: „Das Fangenspielen draußen war besonders schön. Die Jungs haben Empathie gezeigt. Bei einem verletzen Knie waren sie sofort zur Stelle.“

Pappaufsteller eines Mädchens mit Zöpfen und eines Jungen halten Schilder in den Händen, auf denen „Städt. Kita Robert-Koch-Str.“ und „Herzlich Willkommen“ steht.

An der Kita Robert-Koch-Straße konnten die 14-jährigen Paul und Fabian in die Erziehungsarbeit hineinschnuppern.

Fischer und Grzenkowski sind die einzigen Erzieher an der Kita – die restlichen acht Stellen in der Kindererziehung sind dort mit Frauen besetzt. Diese Verteilung ist nicht unüblich. „Im Bereich Erziehung arbeiten auffällig wenige Männer“, sagte Brieden. Das gehe unter anderem auf das Klischee zurück, nach dem Frauen besser zu dieser Arbeit befähigt wären. Auch das geringere Gehalt speise sich aus derartigen Geschlechterklischees, merkte Brieden kritisch an.

Frühkindliche Traumata begleiteten einen ein Leben lang – positive Eindrücke aber auch.
Thilo Fischer

„Das Gehalt kann abschrecken“, räumte Grzenkowski ein: „Man macht den Beruf aus Leidenschaft.“ Letzteres kann Fischer nur unterschreiben. „Die ersten sechs Jahre eines Menschen sind prägend“, so der 38-Jährige: „Das möchte ich nicht irgendjemandem überlassen, sondern mich selber beteiligen. Frühkindliche Traumata begleiteten einen ein Leben lang – positive Eindrücke aber auch.“

Der 40-jährige Grzenkowski ist selbst Vater und möchte auch den Kita-Kindern ein gutes Vorbild sein. Den Leitsatz, dass Jungen Schmerzen aushalten müssten, vermittle man beispielsweise nicht mehr: „Das sind Sprüche von gestern.“ Er ist überzeugt: „Männer und Frauen können bei der Kita alle Aufgaben übernehmen.“

14-Jährige haben ihre Sicht auf den Erziehungsberuf geändert

Bei Paul und Fabian hat sich die Sicht auf den Beruf geändert. Fabian half der Tag, konkrete Einblicke in den Beruf zu erhalten, dem auch seine Mutter nachgeht. „Mit Kindern richtig umzugehen, ist sehr schwer“, schilderte Paul: „Sie sind zerbrechlich, nehmen aber gleichzeitig alles auf wie ein Schwamm.“

Auch Bürgermeister Sacha Reichelt lobte die Arbeit der beiden 14-Jährigen – und bot Paul zugleich an, auch mal einen Tag als Bürgermeister zu arbeiten. Zum Boys-Day generell sagte er: „Ich freue mich jedes Jahr über den Tag. Es ist eine schöne Möglichkeit, ins Berufsleben einzusteigen.“ 


Girls- und Boys-Day

Frauen und Männer sind weiterhin sehr unterschiedlich auf bestimmte Berufsgruppen verteilt. Das machen Girls- und Boys-Day zum Thema. Im Rahmen der bundesweiten Aktionen werden für Jugendliche Impulse gesetzt, um sich mit „geschlechtsuntypischen“ Tätigkeiten auseinanderzusetzen.

Mädchen können in Studienfächer und Berufe hineinschnuppern, bei denen der Frauenanteil unter 40 Prozent liegt. Hierzu zählen Bereiche wie IT, Handwerk und Technik. Die Jugendlichen erhalten außerdem die Gelegenheit, weiblichen Vorbildern in Führungspositionen aus Wirtschaft und Politik zu begegnen.

Die Jungen lernen unter anderem Berufe aus den Sektoren Pflege und Gesundheit sowie Soziales/Erziehung und Bildung kennen. Für sie werden zudem Workshops zu den Themen Lebensplanung und Rollenbildern angeboten.