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„Im Wahnsinn verhaftet“Gericht spricht Euskirchener frei und weist ihn in Psychiatrie ein

Lesezeit 3 Minuten
Der Schriftzug „Landgericht“ ist an der Fassade des Gerichtsgebäudes in Bonn zu sehen.

Das Bonner Landgericht hat einen 37-Jährigen eingewiesen.

Unter einer Psychose infolge langen Drogenkonsums leidet ein Euskirchener. Strafrechtlich wurde er daher vom Landgericht Bonn nicht belangt.

Immer wieder hörte der Mann Stimmen. Sie machten sich seit Ende 2022 bemerkbar und ängstigten ihn so sehr, dass er sich mit einer Schreckschusspistole bewaffnete. Unbekannte, so war er sicher, hätten ihm in einer Kölner Klinik einen Chip hinter dem linken Ohr implantiert, durch den ihn die Phantom-Stimmen erreichten. Gesteuert würden sie von einem kriminellen Clan aus dem Raum Euskirchen.

Die Wahrheit war eine andere, wie jetzt eine Strafkammer des Bonner Landgerichts feststellte: Der 37-Jährige aus Euskirchen steckte tief in einer Psychose, offenbar verursacht durch jahrelangen Missbrauch von Cannabis. Die Droge hatte er bereits mit zwölf Jahren konsumiert, später kamen Amphetamine dazu. Nach dem Hauptschulbesuch arbeitete er als Mini-Jobber und rutschte dann mit Mitte 20 in die Obdachlosigkeit ab. Jahrelang lebte er in Köln „auf Platte“ und wurde dort straffällig. So, als er sich mit einem Kontrolleur der KVB prügelte.

Auf der A1 bei Euskirchen lenkte der Mann sein Auto in den Graben

Vor gut zwei Jahren schien der Angeklagte aber gefestigt zu sein. Er hatte nach einer Therapie eine Stelle als Plakatkleber bekommen, hatte eine Wohnung und besaß sogar einen Pkw, als sich plötzlich die Stimmen seiner bemächtigten. Sie sollen ihm befohlen haben, sich am 23. März 2023 nach Feierabend ins Auto zu setzen und auf der A 1 bei Euskirchen auf schnurgerader Strecke den Wagen von der Fahrbahn zu lenken. Er landete auf dem Grünstreifen, überschlug sich – und hatte großes Glück: Das Auto war schrottreif, er aber war unverletzt.

Er raffte seinen Rucksack, in dem 21.000 Euro Bargeld (das er laut Urteil „gehortet“ hatte), Cannabis und die Schreckschusspistole steckten, und versteckte sich in einem 140 Meter entfernten Gebüsch. Polizisten, die ihm helfen wollten, widersetzte er sich mit Gewalt. Sechs Beamte umstellten ihn und brachten ihn zu Boden, ein Teppichmesser wurde sichergestellt.

Landgericht Bonn weist den Mann in psychiatrisches Krankenhaus ein

Zwei Tage danach tauchte der 37-Jährige an einer Bundeswehrkaserne in Euskirchen auf, bat dort um Hilfe wegen der Stimmen im Kopf. Polizisten, die ihn abholen wollten, forderte er auf, ihn zu erschießen. Drei Monate später ärgerte er sich so über einen Nachbarn, der beim Blumengießen ein wenig Wasser auf seinen Balkon getropft hatte, dass er ihm drohte: „Ich steche euch alle ab!“ Der Polizei berichtete der Angeklagte, er habe Waffen im Keller. Bei einer Durchsuchung beschlagnahmten die Beamten ein Gewehr aus dem Jahr 1886, ein Luftgewehr und einiges an Munition.

Ende 2023 schließlich leitete das Amtsgericht Euskirchen ein Betreuungsverfahren ein, im Februar 2024 wies das Bonner Landgericht den Mann in eine Klinik ein. In dem jetzigen Strafprozess wurde der Angeklagte wegen Schuldunfähigkeit von allen Vorwürfen – unter anderem Widerstand, Verstoß gegen das Waffengesetz, Bedrohung und Beleidigung – freigesprochen, jedoch wegen einer paranoiden Schizophrenie in ein psychiatrisches Krankenhaus eingewiesen.

Er sei noch „in einem solchen Wahnsinn verhaftet“, dass dies notwendig geworden sei, so die Kammervorsitzende Claudia Gelber im Urteil. Der Kranke habe aber die Chance auf Heilung, weil er mittlerweile eine medikamentöse Behandlung zulasse.