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FlutkatastropheWiederaufbau wird nach massiver Kritik deutlich erleichtert

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Besitzer von Flutimmobilien können sich über Neuregelungen bei der Wiederaufbauhilfe freuen.

Kreis Euskirchen – Eine bürokratische Hürde, die vielen von der Flutkatastrophe betroffenen Hauseigentümern bei der Bewilligung der Wiederaufbauhilfe auferlegt worden ist, gilt nicht mehr: Es ist nicht mehr notwendig, vor Beginn der Arbeiten zur Beseitigung der Flutschäden drei Angebote einzuholen. Dies teilte NRW-Heimatministerin Ina Scharrenbach am Donnerstag auf Anfrage der Redaktion mit.

Das Land reagiere damit auf die Situation des Mangels an Handwerkern und Baufirmen. Bisher habe zwar die Verpflichtung gegolten, jeweils drei Angebote einzuholen. Aber es habe auch gegolten, dass dann, wenn das nicht möglich ist, es ausreiche, die Angebotsaufforderungen zu dokumentieren. Auch das entfällt mit der Änderung der Förderrichtlinien.

Wiederaufbau nach der Flut: Ein Angebot reicht aus

Künftig, so teilte das Ministerium mit, reiche für den Verwendungsnachweis ein Angebot. Dennoch sei auf die Wirtschaftlichkeit zu achten. Ein Vergleich von Preisen sei sinnvoll und solle da, wo es möglich ist, genutzt werden – auch um den Eigenanteil zu reduzieren.

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An vielen Stellen sind die Schäden des Hochwassers noch sichtbar.

Die Redaktion dieser Zeitung hatte das Ministerium in den vergangenen Monaten mehrfach darauf hingewiesen, dass diese Auflage völlig an der Realität in den Flutgebieten vorbeigeht. Es sei für Flutopfer schon schwierig, überhaupt schnellstmöglich Handwerker für eine Sanierung zu finden. Geschweige denn, drei Angebote zu erhalten, um den preisgünstigsten Handwerker zu beauftragen.

Entgegen der Aussagen von Ina Scharrenbach keine Vorgabe des Bundes

Ina Scharrenbach hatte bisher darauf verwiesen, dass dies eine Auflage des Bundes sei und das Land daher den Bundes- und den Landesrechnungshof im Nacken habe. So wurden auch Politiker aus der Region informiert, die wegen der Unerfüllbarkeit der Auflage nachgefasst hatten. Etwa MdL Klaus Voussem (CDU), als er interveniert hatte.

Nach Informationen der Redaktion war das aber unzutreffend. So hatte SPD-Landtagskandidat Thilo Waasem bereits Mitte Februar aus dem Bundeskanzleramt erfahren, das kein Ministerium des Bundes an der Erstellung der Förderrichtlinien des Landes mitgewirkt habe. Bundesseitig sei dies nicht vorgegeben.

Verkauf von Flutimmobilien

Verkauf nicht mehr ausgeschlossen

Durch den neuen Erlass der Landesregierung ergibt sich auch eine Änderung bei den Antragsberechtigten zum Wiederaufbau für Privathaushalte. Die bisherige Regelung sah vor, dass lediglich diejenigen antragsberechtigt waren, die zum Zeitpunkt der Hochwasserkatastrophe im Grundbuch eingetragen waren. Nun ist es unter bestimmten Voraussetzungen möglich, die Immobilie zu verkaufen oder zu vererben, ohne dass die Inanspruchnahme finanzieller Mittel aus dem Wiederaufbaufonds ausgeschlossen wird. Die alte Regelung stellte insbesondere Senioren, Pflegebedürftige und Menschen mit Behinderungen vor Schwierigkeiten. Ein Verkauf oder eine Schenkung der Immobilie etwa an Familienangehörige schloss die Inanspruchnahme der Wiederaufbauhilfe aus – bisher. (tom)

Landesregierung bessert nach

Die Landesregierung NRW hat nun nachgebessert. „Endlich haben wir die Freigabe des Bundes, um im Rahmen des Wiederaufbaus Eigentümern helfen zu können, die aufgrund ihres hohen Alters oder beispielsweise einer Schwerbehinderung nicht mehr selbst in der Lage sind, das beschädigte oder zerstörte Wohngebäude wiederaufzubauen“, heißt es aus dem Ministerium.

Jetzt sei es möglich, die Flutimmobilien zu vererben oder zu veräußern – ohne dass die Gewährung der Wiederaufbauhilfen ausgeschlossen wird. Liest man sich den Erlass durch, wird aber auch klar: Profitieren werden von der Neuregelung einzig Privathaushalte. Sie können ihre Immobilie innerhalb der Familie unter vorweggenommener Erbfolge oder Verkauf an Ehe- oder Lebenspartner sowie Erben erster und zweiter Ordnung durchführen, ohne dass die Hilfen gestrichen werden. (tom)

Kommunen dürfen auch kaufen

Der Verkauf an Fremde ist aber weiterhin nur dann möglich, wenn gewisse Rahmenbedingungen eintreffen. Etwa wenn der Antragssteller ein hohes Alter erreicht hat. Die Rede ist von 80 Jahren oder mehr. Oder ein Grad der Behinderung von 50 Prozent oder Pflegegrad mindestens der Stufe drei vorliegt.

Auch für Kommunen gibt es neuen Handlungsspielraum. Die können nun bei Flutimmobilien ihr Vorkaufsrecht nutzen, ohne dass der Anspruch auf Wiederaufbauhilfe erlischt. Gleiches gilt bei Grunderwerb ohne Vorkaufsrecht. (tom)

Auch sei das Land NRW nicht an die Bundesregierung herangetreten, die Pflicht zur Einholung von drei Angeboten abzuschaffen. Waasem reagierte empört: „Es ist ärgerlich, dass die Landesregierung hier mit dem Finger fälschlicherweise auf den Bund zeigt, anstatt das Problem in ihrer Zuständigkeit zu lösen. Dieses Kompetenzgerangel um die Pflicht zur Einholung der drei Angebote ist mehr als ärgerlich. Die betroffenen Menschen hier gehen auf dem Zahnfleisch und brauchen dringend Geld.“

Auch Christian Lindner widerspricht Ina Scharrenbach

Der FDP-Bundestagsabgeordnete Markus Herbrand hatte sich aus dem gleichen Grund an Bundesfinanzminister Christian Lindner gewandt. Und von diesem die gleiche Antwort erhalten wie Waasem.

Der Bund habe den Ländern keine Vorgaben zur Einholung von drei Vergleichsangeboten gemacht. „Es gibt kein zentral vom Bund gesteuertes Antrags- und Genehmigungsverfahren, keine vom Bund vorgegebenen Einkommens- und Vermögensüberprüfungen und keine detaillierten Vorgaben für die Auftragsvergabe“, antwortete Lindner: „Die Umsetzung der Förderprogramme erfolgt in der alleinigen Zuständigkeit der Länder. Die Einholung von drei Vergleichsangeboten basiert nach hiesigen Erkenntnissen auf einer Vorgabe des Landes Nordrhein-Westfalen.“

Ina Scharrenbach reagierte überrascht

Ina Scharrenbach, von der Redaktion dieser Zeitung in einer Pressekonferenz am 11. März darauf angesprochen, reagierte überrascht – und überfragt. Sie habe den Hinweis der Redaktion daher zur Klärung ans „Schwesterministerium“ (Finanzministerium) weitergeleitet, sagte sie. Nach der Bekanntgabe der Änderung beantwortete das NRW-Heimatministerium am Donnerstag auch die Fragen der Redaktion.

Bei den drei Angeboten handele es sich nicht um eine Auflage. „Bisher galt zwar die Verpflichtung, jeweils drei Angebote einzuholen. Aber es galt auch von Anfang an, dass dann, wenn das nicht möglich ist, es ausreicht, die Angebotsaufforderungen zu dokumentieren. Dies war von Beginn an in der Anlage zu einem Bewilligungsbescheid verankert und darauf wird auch in den Bewilligungsbescheiden ausdrücklich hingewiesen“, teilte das Ministerium mit.

Wiederaufbauhilfe: So reagiert das NRW-Heimatministerium

Nach erneuten Rücksprachen innerhalb der Landesregierung werde die Anlage zu den Bewilligungsbescheiden jetzt geändert und das Verfahren vereinfacht: Dies werde mit der gerade laufenden Änderung der „ANBest Wiederaufbau“ in Verbindung mit der Überarbeitung der Förderrichtlinien Wiederaufbau klargestellt.

Gleichzeitig möchte das NRW-Heimatministerium die Hinweise der Bundesregierung so nicht im Raum stehen lassen. „Im Hinblick auf den Bund – ganz allgemein: Auch der Bund befindet sich in einem ,lernenden System’. Es ist wiederholt so, dass von Seiten des Bundes in den Abstimmungen auch mit Rheinland-Pfalz Positionen vertreten wurden beziehungsweise werden, die später dann doch im Interesse der Betroffenen eine Änderung erfahren“, teilte das Ministerium mit.

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Zuletzt gab es ein Kompetenzgerangel zwischen Land und Bund.

Bestes Beispiel sei die Möglichkeit zur Veräußerung oder Vererbung der Immobilien. Nach den bisherigen, auch schriftlichen Rückmeldungen des Bundes gegenüber den Ländern betreffe dies grundsätzlich nur solche Eigentümer, die zum Zeitpunkt des Starkregen- beziehungsweise Hochwasserereignisses im Grundbuch als Eigentümer eingetragen waren.

Der Bund habe jetzt aufgrund erneuter Anfragen des Landes Nordrhein-Westfalen seine Position – erfreulicherweise – geändert, so dass die Länder bei der konkreten Definition der Fallgestaltungen, in denen Aufbauhilfe gewährt werden kann, innerhalb des Rechtsrahmens „über einen umfassenden Gestaltungsspielraum“ verfügen. „Dies haben wir sofort aufgegriffen und einen entsprechenden Erlass am 21. März 2022 herausgegeben“, teilte das Ministerium der Redaktion mit.

Markus Herbrand: „Unnötig bürokratische Abfrage purer Sand im Getriebe“

MdB Markus Herbrand kommentierte die Neuregelung am Donnerstag so: „Für einen schnellen Wiederaufbau im Hochwassergebiet war diese unnötig bürokratische Abfrage purer Sand im Getriebe. Es ist richtig, dass diese Fehler bei den eigenen Vergabekriterien nun berichtigt werden. Das Land muss nach der dringend notwendigen Lockerung nun weiter alles daran setzen, die Anträge auf Wiederaufbauhilfe unbürokratisch zu prüfen und die finanziellen Hilfen auch zu den Menschen zu bringen.“

„Die neuen Erlasse sind auch das Ergebnis von ständigem Drängen. Auch durch mich“, kommentierte MdL Klaus Voussem die Neuregelungen: „Das nach der größten Katastrophe nach dem Zweiten Weltkrieg für unsere Region der Amtsschimmel weiter regiert – das ist ärgerlich. Aber dass wir am Ende noch zu Ergebnissen kommen, ist entscheidend.“

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Kommende Woche soll es laut Voussem auch noch mal um die Personalkostenerstattung an die Kommunen gehen. Ein Thema, das man Bundeskanzler Olaf Scholz beim Besuch in Bad Münstereifel mit auf den Weg gegeben habe. Die Personalkosten können die Kommunen aktuell nicht im Rahmen der Wiederaufbauhilfe anmelden. „Die Kommunen haben erhebliche Personalkosten. Vielleicht finden wir auch dafür noch eine Lösung“, so Voussem: „Das Finanzministerium war damals dagegen. Aber das Land mag auch seine Bedenken gehabt haben. Da müssen wir nicht wieder Pingpong spielen.“

Christian Lindner verweist auf ungenutztes Hilfsangebot

Nicht beantwortet wurde bisher die Frage der Redaktion nach Unterstützung der überlasteten Bezirksregierungen durch Bundesbedienstete. Die Bearbeitung der Anträge hatte auch deshalb so lange Zeit in Anspruch genommen, weil die für die Prüfung und Bewilligung zuständigen Bezirksregierungen damit personell überfordert waren. Die Einstellung von zusätzlichem Personal war mangels Bewerbern nicht richtig in Fahrt gekommen. Erst als die fünf Bezirksregierungen in NRW untereinander die kommunalen Zuständigkeiten aufgeteilt hatten, war das Verfahren beschleunigt worden.

Wie aus dem Schreiben von Lindner an Herbrand hervorgeht, sind aber längst nicht alle personellen Ressourcen genutzt worden. „Ich möchte noch darauf hinweisen, dass der Bund den besonders betroffenen Ländern wie Nordrhein-Westfalen das Angebot gemacht hat, sie mit Bundesbediensteten im Rahmen der Abordnung vor Ort zu unterstützen. Diese Angebote wurden jedoch nicht vollständig genutzt, obwohl die unterstützungswilligen Bundesbediensteten unentgeltlich angeboten wurden“, erklärt Lindner.