Aufbauhilfe nach Flut95 Prozent der privaten Anträge für Kreis Euskirchen bearbeitet
Kreis Euskirchen – „Ich bin jetzt ein bisschen ruhiger.“ Deutlich gelassener als Anfang Januar, als der Berg der Anträge auf Wiederaufbauhilfe nach der Flut noch riesig und sie mit heftiger Kritik an der schleppenden Bearbeitung konfrontiert wurde, präsentierte NRW-Heimatministerin Ina Scharrenbach am Freitag den aktuellen Sachstand.
Die Bezirksregierungen haben zwischenzeitlich die Antragsstapel unter sich aufgeteilt und so deutlich mehr Tempo ins Verfahren gebracht. Das ist auch nötig, da jetzt die komplexen Wiederaufbaupläne der Kommunen mit nochmals anderen Dimensionen auf sie zurollen. Fünf Pläne sind bereits eingegangen, vier davon schon bewilligt. Derzeit werden 24 Kommunen vorab bei der Erstellung beraten, bevor sie mit den Plänen in die Räte gehen. Das Volumen: 1,1 Milliarden Euro.
Interkommunales Traumazentrum
Hilfszentrum Schleiden
Das NRW-Heimatministerium wird ein interkommunales Traumazentrum im Schleidener Tal mit einem möglichen Volumen von 540 000 Euro für eine zweijährige Projektlaufzeit finanzieren. Die Mittel stammen aus dem Topf, den das Land für interkommunale Zusammenarbeit vorgesehen hat. Das Hilfszentrum Schleidener Tal in Gemünd ist bereits jetzt Anlaufstelle für viele Bürger. Die rein ehrenamtliche psychosoziale Versorgung der Betroffenen, so Scharrenbach, sei aber aufgrund der hohen Nachfrage nicht leistbar.
Gemeinschaftsprojekt
Das interkommunale Traumazentrum werde hier ansetzen und psychosoziale Unterstützung für von der Flut betroffene Kinder, Erwachsene und Einsatzkräfte durch aufsuchende und stationäre Angebote bereitstellen. Die drei Kommunen Hellenthal, Kall und Schleiden seien derzeit dabei, die Ratsbeschlüsse zu fassen und das Projekt auf die Beine zu stellen.
In der Kreisstadt
Ein großes Traumazentrum für den ganzen Kreis Euskirchen, das die SPD-Landtagsfraktion beantragt hatte, wurde im Landtag mehrheitlich abgelehnt. In Euskirchen nimmt aber kommende Woche die Beratungsstelle für Flutopfer des Arbeiter-Samariter-Bundes ihre Arbeit auf. Auch dort können Menschen psychosoziale Hilfe bekommen.
„Sechs Monate nach dem Start des Antragsverfahrens für die Wiederaufbauhilfe befinden sich über eine halbe Milliarde Euro in der Auszahlung“, sagte Scharrenbach. Insgesamt seien in den NRW-Flutgebieten 14.399 Anträge gestellt worden. Davon seien 13.657 geprüft und/oder bewilligt. Das entspricht 95 Prozent der Anträge.
Eingegangene Anträge
Von den bewilligten 530,1 Millionen Euro entfallen 338,3 Millionen Euro auf private Antragsteller und 106 Millionen auf erste kommunale Wiederaufbaupläne. Enthalten sind auch 45,5 Millionen Euro für Wiederaufbaupläne anderer Einrichtungen, etwa Krankenhäuser, sowie 40,3 Millionen Euro für die Entsorgungskosten der Kommunen.
51 Anträge zu Entsorgungskosten seien bisher eingegangen, davon seien 46 geprüft und/oder bewilligt. Spitzenreiter sei bislang der Kreis Euskirchen mit 10,4 Millionen Euro, gefolgt von der Stadt Eschweiler mit 9,3 Millionen Euro. Swisttal habe knapp 6,8 Millionen Euro erhalten. Der Stadt Schleiden seien bisher zwei Millionen Euro bewilligt worden.
Weitere Verfahrensweise
Immer wieder moniert wurde auch, dass die Antragsteller nach der Online-Einreichung ihrer Anträge lange Zeit nichts mehr hörten. Das soll sich nun ändern. Noch im März sollen alle Antragsteller per Briefpost ein Informationsblatt erhalten, das Hinweise zur Antragstellung, Feststellung des Förderanspruchs, zum Auszahlungsverfahren sowie zur Situation bei Erbschaften oder Verkäufen enthält. Alle Antragsteller, die sich im System angelegt, aber noch keinen Antrag eingereicht haben, seien bereits angemailt worden, sagte Scharrenbach. So werde geprüft, wo es Probleme oder Hemmnisse gebe.
Scharrenbach warb auch noch mal für Verständnis, weshalb es manchmal länger dauere. Sie nannte Beispiele für die Bearbeitungsdauer. So sei ein Antrag aus Schleiden am 13. Februar mit einem Volumen von 701.000 Euro, der vollständig abgegeben worden sei, schon zwei Tage später bewilligt worden.
Mehr Zeit bedarf es jedoch bei Rückgaben wegen weiterem Klärungsbedarf oder der Anforderung zusätzlicher Unterlagen. So wurde ein Antrag aus Bad Münstereifel am 23. Februar in Höhe von 167.000 Euro erst nach neun Tagen Bearbeitungszeit bewilligt. Bei einem Fall in Erftstadt über 967.000 Euro dauerte die Bearbeitung bei einmaliger Rückgabe 23 Tage.
Auszahlung
Eine erneute Änderung gibt es laut Scharrenbach nun auch bei der Auszahlung der Wiederaufbauhilfe bei Gebäudeschäden. Bisher wurden mit dem Versand des Bescheids 40 Prozent der bewilligten Mittel ausgezahlt. Weitere 30 Prozent wurden nach Vorlage einer Zwischenabrechnung ausgezahlt und die restlichen Gelder nach Vorlage des Verwendungsnachweises.
Jetzt werde auf eine Zwischenabrechnung verzichtet. „Benötigt wird allein eine Belegliste, die nachweist, dass die Finanzmittel des ersten Teilbetrags ausgegeben wurden. Rechnungen müssen nicht vorgelegt werden“, sagte Scharrenbach: „Dann erfolgt die Auszahlung eines zweiten Teilbetrags mit 40 Prozent.“ Um den dritten Teilbetrag von 20 Prozent zu erhalten, sei wie bisher der Verwendungsnachweis vorzulegen.
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Auf das Problem des starken Anstiegs der Baustoffpreise angesprochen, die ja oft nicht mehr den Preisen aus dem Herbst entsprechen, erklärte Scharrenbach, sie sei viel vor Ort und wissen um das Problem. Durch einen Änderungsantrag könnten gestiegene Kosten einfach bewilligt werden. Allerdings werde auch hier genau geprüft, damit Betroffene nicht übers Ohr gehauen würden.