Immobilienmarkt nach der FlutInteresse an Fluthäusern im Kreis Euskirchen ist groß
Kreis Euskirchen/Schleiden – Geräumige Zimmer, großer Garten und von der Terrasse ein Blick auf den Fluss – Jonas Sitta hätte sich gut vorstellen können, das Haus seiner Oma in ein paar Jahren für sich selbst und seine Freundin zu renovieren. Hätte. Dann kam die Flut, und jetzt ist alles anders.
Sitta will das Haus verkaufen und ist damit nicht alleine. Immer wieder finden sich Fluthäuser auf den Webseiten von Immobilienanbietern. Und im Vergleich zu anderen Häusern im Kreis sind sie günstig zu haben: 89.000 Euro für ein Haus mit 270 Quadratmetern Wohnfläche in Oberhausen, 89.000 Euro für ein Einfamilienhaus inklusive Gewerbeeinheit in Blumenthal, 209.000 Euro für einen 165-Quadratmeter-Bungalow in Kall.
„Die Häuser haben einen erheblichen Wertverlust“, weiß Marius Poschen, Geschäftsführer von Vieten Immobilien. Da gelte es, als Verkäufer abzuwägen. Im Prinzip machten die meisten durch einen Verkauf keinen großen Verlust, aber auch keinen großen Gewinn.
Erhebliche Schäden an Häusern im Kreis Euskirchen
„Es sind eher die älteren Eigentümer, die bereit sind zu verkaufen“, sagt Poschen. Menschen jenseits der 60, denen eine Sanierung schlicht zu aufwendig sei. Das bestätigen auch seine Kollegen von S-Finanz in Euskirchen und Glasmacher Immobilien in Mechernich. So gesehen fällt der 24-jährige Sitta aus dem Rahmen.
Vor etwa anderthalb Jahren sei seine Großmutter gestorben, berichtet er. Seitdem gehört das Haus seinem Vater. Sitta hatte damals angekündigt, das Haus in ein paar Jahren sanieren und renovieren zu wollen und selbst dort einzuziehen. Um die Zwischenzeit zu überbrücken, vermietete sein Vater das Haus. Bis zum 14. Juli.
Noch während das Wasser stieg und stieg, waren Sitta und seine Familie am und im Haus. Versuchten gegen die Fluten anzukämpfen. „Nachdem dann auf der Straße 90 Zentimeter Wasser standen, sind wir nur noch hindurch gewatet“, berichtet er. Es habe keinen Sinn mehr gehabt. Am nächsten Tag zeigte sich das ganze Ausmaß des Schadens. Der Keller war vollgelaufen. Links und rechts am Haus hatten sich Wasserstrudel gebildet und metertiefe Löcher in die Erde gerissen.
Angst vor Hochwasser schreckt Kunden ab
Im Erdgeschoss habe das Wasser um die 20 Zentimeter hoch gestanden, draußen deutlich höher. Das könne man noch heute an den Fenstern sehen, die dem Druck der Wassermassen standhielten, sagt Sitta und deutet auf die Scheibe der Terrassentür. „Das ist noch relativ gut gegangen.“ Die Mieterin habe dennoch fast ihre ganze Habe verloren. Sie ist ausgezogen.
Verkaufen will Sitta nun aus zwei Gründen. Es fehle ihm im Moment einfach die Zeit, das Gebäude zu sanieren – und „weil wir jung sind und noch 50 bis 60 Jahre hier wohnen wollen“. Er halte es für gut möglich, dass ein solches Hochwasser in dieser Zeit noch einmal vorkommen könne. „Und der Bach ist ja direkt hier nebenan.“ Große Hochwasserschutzmaßnahmen könne man da gar nicht treffen.
Die Angst vor einem erneuten Hochwasser schrecke auch einige Kunden ab, ein Fluthaus zu kaufen, berichtet Stephan Reinders, Geschäftsführer von S-Finanz in Euskirchen. Aber es gebe auch das Gegenteil: „Die blenden das Thema komplett aus.“ Letzteres seien seiner Erfahrung nach häufig eher Menschen aus dem Speckgürtel von Köln.
Eine Frage des Preises
Für einige sei ein Fluthaus nach jahrelanger Suche die Möglichkeit, günstig an eine Immobilie zu kommen. Gerade für Menschen, die viel in Eigenleistung sanieren könnten, sei das eine Chance. „Von zehn Interessenten, mit denen wir Termine in Fluthäusern hatten, waren acht Handwerker“, sagt auch Dirk Weiermann, Geschäftsführer von Glasmacher Immobilien in Mechernich. Insgesamt, so sind die drei Immobilienmakler sich einig, sei die Nachfrage nach den Fluthäusern weder schlechter noch besser als nach anderen Häusern im Kreis. „Es ist immer eine Frage des Preises“, sagt Reinders.
Einen genauen Preis hat Sitta für das Haus seiner Oma noch nicht festgelegt. Er hat es auch noch nirgendwo inseriert. „Es hat erst mal ewig gedauert, bis ein Gutachter kam“, berichtet er. Zum Glück sei das Haus seiner Großmutter versichert gewesen. Doch das Prozedere habe sich hingezogen. Auch weil nach ein paar Wochen ein neuer Gutachter kommen musste. Inzwischen habe sich seine Verkaufsabsicht aber schon rundgesprochen. Ein paar Leute hätten sich das Haus bereits angesehen.
Manchmal wünscht sich Sitta, das Haus hätte die Flut nicht überstanden
„Wir wollen eigentlich nicht unter Wert verkaufen“, sagt Sitta. Klar ist aber auch, das Gebäude muss umfassend saniert werden. Auf den Böden im Erdgeschoss sind immer noch Reste vom Schlamm zu sehen, an einer Seite ist das Haus etwas abgesackt, die unterspülte Terrasse ist statisch nicht mehr sicher, und in allen Räumen steckt noch die Feuchtigkeit. Er habe einfach bisher keine Zeit gehabt, irgendetwas an dem Haus zu machen, sagt Sitta.
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Der 24-Jährige leitet einen Heizungs- und Sanitärbetrieb. Schon vor der Flut waren seine Auftragsbücher gut gefüllt. Danach habe er erst einmal fast alles verschieben müssen. In den vergangenen Monaten habe er ausschließlich die Heizungen bei seinen Stammkunden repariert, die bei der Flut kaputtgegangen seien, so Sitta. Und auch in den kommenden Monaten werde er einfach keine Zeit für eine Sanierung haben.
Etwas mulmig ist ihm aber dennoch dabei, das Haus seiner Oma zu verkaufen. Wer wisse schon, was der neue Eigentümer damit mache und ob er es dann nicht doch bereue? Manchmal denke er, es wäre ihm fast lieber gewesen, dass Haus hätte die Flut nicht überstanden, sagt Sitta und seufzt. Dann hätte er die Reste einfach abreißen können. Das wäre vermutlich weniger Arbeit gewesen.