Bad Münstereifel stellte viele Fehler in den bereitgestellten Daten fest – Kommunen rechnen mit Bürgerbeschwerden im Frühjahr 2025
GrundsteuerreformDarum prüft die Stadt Bad Münstereifel alle 12.000 Daten
Die Grundsteuerreform, die ab 1. Januar 2025 greift, macht den Städten und Gemeinden vor allen Dingen eines: eine Menge Arbeit. Kürzlich schilderte Bad Münstereifels Kämmerer Kurt Reidenbach im Stadtrat, was alles auf die Verwaltung (und später auf die Bürger) zukommt.
Es fängt schon mit der Bereitstellung der Daten an. Da es sich um sensible Informationen handelt, die dem Datenschutz unterliegen, ist die Datei verschlüsselt. Sie musste im Rathaus zunächst lesbar gemacht werden. Als das erledigt war, zeigte sich, dass die bisher eingespielten Messbeträge sich von den Zahlen des Landes (Liste mit aufkommensneutralen Hebesätzen) und des Finanzamtes (aus der Datei) unterschieden. Es gibt also drei unterschiedliche Werte. „Eigentlich sollte es nur einen Wert geben“, sagt Reidenbach.
Bis alle Daten in Bad Münstereifel geprüft sind, vergehen Monate
Jetzt müssen die Kommunen schauen, welche Werte korrekt sind – im Falle von Bad Münstereifel prüft seit August eine Mitarbeiterin alle 12.000 Daten. Mittlerweile ist sie fast bei 5000 Werten angekommen. Die Stadt Bad Münstereifel kommt zu dem Schluss, dass das Finanzamt die Daten ungeprüft bereitgestellt hat. Dabei handelt es sich nicht nur um unterschiedliche Zahlen, sondern auch andere Unstimmigkeiten, die zu falschen oder doppelten Grundsteuerbescheiden führen können.
Denn die Bürger selbst mussten ihre Daten angeben – und dabei sind Fehler entstanden. So wurden irrtümlich Gemarkungsnamen statt Flurbezeichnungen verwendet, was durch die Stadt korrigiert werden muss. Formulare zu Grundstücken, die auf Eheleute im Grundbuch registriert sind, wurden nur von einem Ehepartner unterzeichnet. In dem Fall wird ein neuer Datensatz angelegt, sodass für das Grundstück zwei Bescheide versendet werden: einer mit der Steuerveranlagung an die Einzelperson, ein weiterer mit den übrigen Abgaben wie Müllabfuhr und Winterdienst an die Eheleute.
Stadt Bad Münstereifel rechnet im Frühjahr mit Beschwerden der Bürger
Der Aufwand, den die Stadt vor der Umsetzung der Grundsteuerreform hat, dürfte sich fortsetzen. Denn sie geht davon aus, dass spätestens, wenn die Bescheide verschickt werden, die ersten Beschwerden von Bürgern kommen, die mehr bezahlen müssen. Derzeit geht die Stadt Bad Münstereifel davon aus, dass besonders Menschen, die in reinen Wohngebäuden leben, sei es als Eigentümer oder zur Miete, stärker belastet werden. Wer allerdings in einem Nicht-Wohngebäude lebt – das sind in Bad Münstereifel beispielsweise diejenigen, die über einem Ladenlokal wohnen – dürften in Zukunft entlastet werden.
In der Ratsvorlage hat die Stadt zwei Beispiele errechnet: Für ein Geschäftsgrundstück mit Ladenlokal und Wohnungen an der Orchheimer Straße wird aktuell eine Grundsteuer von 1176 Euro fällig (Messbetrag 169,28 Euro, 695 Prozent Hebesatz). In Zukunft würde bei einem einheitlichen Hebesatz von 906 Prozent die Grundsteuer auf 359 Euro sinken, weil der Messbetrag auf 39,62 Euro sinkt. Selbst bei einem differenzierten Hebesatz von 1237 Prozent läge die Grundsteuer mit 490 Euro unter dem aktuellen Wert.
Beispielrechnung: Grundsteuer in reinem Wohnhaus wird teurer
Anders ein reines Zweifamilienhaus in der Straße Wielersbenden. Dort beträgt die Grundsteuer aktuell 717 Euro (Messbetrag 103,18 Euro, Hebesatz 695 Prozent), in Zukunft 939 Euro (bei einheitlichem Hebesatz) oder 866 Euro (bei differenziertem Hebesatz von 835 Prozent). Der Messbetrag bleibt 2025 annähernd gleich (103,66 Euro).
Die Reform an sich kann Bad Münstereifels Kämmerer nachvollziehen. „Wohnhäuser werden viel öfter verkauft und ändern ihren Wert“, so Reidenbach. Das sei bei Geschäftsimmobilien seltener der Fall. Das Bewertungssystem werde nun alle sieben Jahre erneuert. Mit dem differenzierten Hebesatz sollen die Bürger, die in reinen Wohngebäuden leben, ein wenig entlastet werden, die in Nicht-Wohngebäuden sparen dafür ein bisschen weniger. „Durch den differenzierten Hebesatz haben die Kommunen noch Einfluss, denn der Rat kann ihn selbst bestimmen“, so Reidenbach.
Geplante Erhöhung der Hebesätze durch den Rat nicht berücksichtigt
Was das Land bei seinen jüngst veröffentlichten Referenz-Hebesätzen aber außer Acht gelassen hat: Der Stadtrat hat für Bad Münstereifel in der mittelfristigen Finanzplanung bereits eine leichte Steigerung der Hebesätze eingeplant, weil bis dahin auch Neubauten bewertet seien, die in der Referenzbetrachtung des Ministeriums beim aufkommensneutralen Hebesatz noch nicht berücksichtigt werden. Reidenbach geht davon aus, dass der Hebesatz nicht exakt den veröffentlichten Werten des Landes entsprechen wird. Das liegt aber auch daran, dass die Werte nicht mit den per EDV eingespielten Daten (und damit den veröffentlichten Werten) übereinstimmen. Reidenbach: „Der Referenzwert kann also nicht stimmen. Derzeit liegen wir tendenziell unter den Messwerten des Landes.“
Von der Umsetzung der Grundsteuerreform mit differenzierten Hebesätzen rät der Kämmerer derzeit ab – und zwar aus drei Gründen. Erstens fehle die Rechtssicherheit – NRW-Städtetag und Landesfinanzverwaltung haben unterschiedliche Gutachten erstellt, der kommunale Spitzenverband hat wieder eine andere Sicht. Zweitens sind in den zur Verfügung gestellten Daten zu viele Fehler. Und drittens hapert es auch an der technischen Umsetzung.
Rat muss Hebesätze beschließen, sonst fehlen Steuereinnahmen
Allerdings muss der Stadtrat in naher Zukunft die Hebesätze beschließen – entweder in der Haushaltssatzung oder in einer gesonderten Hebesatzsatzung. Schließlich muss die Stadt ihre Grundsteuerbescheide versenden, damit zum ersten Hauptsteuertermin am 15. Februar die im Haushalt eingeplanten Einnahmen fließen. „Darüber hinaus wollen wir rechtssichere Bescheide haben“, so Reidenbach.
Für Sabine Preiser-Marian (CDU) ist klar: „Die strategischen Ziele gebe ich als Bürgermeisterin vor. Wir wollen die Bürgerschaft so wenig wie möglich belasten.“ Sie weiß aber auch: Jeder Interessensverband sieht das anders. „Wir werden die Meinungen mal sammeln.“
Kurt Reidenbach hat sich auch Gedanken gemacht, wie eine Umsetzung möglich ist: „Man könnte gegebenenfalls auch mehrere Bescheidläufe machen, also nicht alle Bescheide gleichzeitig verschicken, sondern nach Fortschritt der Korrektur der Daten.“
Auch Heimbach, Zülpich und Euskirchen rechnen mit Problemen
Auch andere Kämmerer schildern Probleme. „Sofern eine Kommune aufgrund der Gesamtfinanzsituation 2025 gezwungen sein wird, die Grundsteuerhebesätze nach oben hin anzuheben, also vom aufkommensneutralen Hebesatz abweicht, besteht die Problematik darin, der Bevölkerung diese Thematik im Gesamtkontext verständlich zu vermitteln“, teilt Simon Merget, Kämmerer der Stadt Heimbach, mit. Zwar werde der Messbetrag von den Finanzämtern festgestellt. Erster Ansprechpartner für die Bürger seien aber die Kommunen. „Hieraus folgt ein nicht unerheblicher Beratungsaufwand“, so Merget. In Heimbach will man deshalb ab Mitte November informieren.
Christian Antons, Kämmerer der Stadt Zülpich, stellt wie Kurt Reidenbach fest, dass die Probleme nicht ausschließlich von den Finanzämtern verursacht wurden. Viele Daten seien lückenhaft. So würden teilweise Grundstücke als Leerzeile übermittelt. Auch in Zülpich werden Fehler gesucht – allerdings stichprobenartig. „Das erfordert einen hohen Personalaufwand“, so Antons. Die KDVZ als Rechenzentrum habe bereits angekündigt, dass sich der Versand der Grundbesitzabgabenbescheide 2025 verzögern werde.
Und Antons bereitet noch etwas anderes Sorgen. „Viele Bürgerinnen und Bürger werden erst mit Erhalt der Grundbesitzabgabenbescheide das persönliche Ausmaß der Reform erkennen. Anrufe, die eigentlich den Steuermessbetrag oder den Grundstückswert betreffen, werden dann bei uns landen und nicht beim zuständigen Finanzamt“, so Antons, der für das Frühjahr den Ärger erwartet. Er kommt zu dem Schluss, dass die Grundsteuerreform schwer nachvollziehbar sei und „auf dem Rücken der Kommunen ausgetragen wird“.
Die Stadt Euskirchen schildert das gleiche Problem und ergänzt: „Es wird sich zeigen, ob die vom Gesetzgeber angekündigte Aufkommensneutralität nur bedeutet, dass insgesamt nicht mehr Grundsteuer erhoben wird, die Beträge, die Einzelne zahlen müssen, sich aber durchaus ändern können. Hier kann es folglich auch Verlierer geben, die dann mehr zahlen müssen und sich natürlich mit ihren Fragen zuerst an die Stadtverwaltung wenden.“
Der Schleidener Stadtrat hat sich an Hebesatz des Landes orientiert
Der Schleidener Stadtrat hat in seiner Sitzung am Donnerstagabend einstimmig die Grundsteuer B für 2025 auf einen Hebesatz von 1008 Prozent festgelegt und sich damit für den vom Finanzministerium NRW berechneten „aufkommensneutralen Hebesatz“ entschieden. Die Verwaltung wollte den Hebesatz auf 1100 Prozent anheben, um mit den Mehreinnahmen den Haushalt auszugleichen. Stattdessen wird nun die Gewerbesteuer um 25 Punkte auf 515 Prozent angehoben.
„Manche Grundstücksbesitzer werden ab dem nächsten Jahr mehr, manche weniger Grundsteuern zahlen müssen“, erklärte Jan Griskewitz (FDP). Eine Hebesatz-Anhebung auf 1100 Prozent sei eine Steuererhöhung durch die Stadt, die die FDP ablehne. Damit würden Grundstücksbesitzer, die nach der Reform ohnehin mehr bezahlen müssten, doppelt bestraft.
„Problematisch ist, dass es die Falschen treffen wird. Rentnerehepaare oder alleinstehende Menschen mit alten Häusern und großen Grundstücken werden einen bis zu dreifach höheren Steuersatz bezahlen müssen“, betonte Jochen Kupp (CDU). Auch deshalb solle der Hebesatz nur auf 1008 Prozent steigen.
Einig waren sich die Fraktionen, dass die Anhebung der Gewerbesteuer auf 515 Prozent Hebesatz und damit auf das Niveau von Kall möglich sei, weil Gewerbebetriebe im Gegenzug in den meisten Fällen von der Grundsteuerreform profitieren würden.
Zudem sprach sich der Stadtrat wegen massiver juristischer Bedenken gegen die Möglichkeit eines „differenzierten Hebesatzes“ mit einer Unterscheidung von Privatpersonen und Betrieben aus.