Das Werk entstand in Zusammenarbeit mit der Dr. Hans Riegel-Stiftung und steht im Kontext zur Flutkatastrophe, von der die Schule massiv betroffen war.
Hilfsbereitschaft, Solidarität, GemeinschaftHeimerzheimer Swistbachschule erhält Wandgemälde gegen „Flutdemenz“
Bislang erinnern sogenannte „Flutmarken“ daran, welche Gebäude in der Gemeinde Swisttal von den immensen Zerstörungen durch die Hochwasserkatastrophe vom 14. auf den 15. Juli 2021 betroffen sind. Sie sollen der „Flutdemenz“ entgegenwirken, also dafür sorgen, dass die Opfer und die Schäden nicht vergessen werden.
Allerdings kommen diese kleinen Kunstwerke ein wenig nüchtern daher, ganz anders das markante großformatige Kunstwerk, das derzeit an einer Außenfassade an der Heimerzheimer Swistbachschule, die ebenfalls bis heute stark von dem Unwetter betroffen ist, entsteht: „Für uns ist es ein i-Tüpfelchen, das uns an die Flut vor zwei Jahren an exponierter Stelle erinnern wird und uns zugleich mahnen, soll, dass so etwas nicht wieder passiert“, sagte Swisttals Bürgermeisterin Petra Kalkbrenner, als sie gemeinsam mit dem Beigeordneten Tobias Weingartz und Alexander Kukla von der Bonner Dr. Hans-Riegel-Stiftung das Projekt vor Ort vorstellten.
Erstes „Walls of Vision“-Projekt im ländlichen Raum
Lukas Zimmermann studiert derzeit an der Alanus Hochschule Alfter das Fach Kunstpädagogik/Therapie mit dem Schwerpunkt Malerei. Der 24-Jährige hat sich immer schon für Wandmalerei interessiert. An der Alfterer Kunsthochschule fand 2022 erstmals ein sogenannter „Walls of Vision-Wettbewerb“ initiiert von der Dr. Hans-Riegel-Stiftung des ehemaligen Haribo-Mitinhabers statt.
Bei diesem Projekt werden historische Kunstwerke in die Gegenwart transferiert und als Fassadenkunstwerke im öffentlichen Raum frei zugänglich gemacht. Dabei werden die großen Vorbilder aber nicht eins zu eins umgesetzt und kopiert, sondern zeitgenössisch interpretiert unter dem Motto „Hilfsbereitschaft, Solidarität, Gemeinschaft“. Ziel ist es, junge talentierte Kunstschafffende zu fördern und für die Kunst im öffentlichen Raum zu begeistern, erklärte Alexander Kukla.
14 großflächige Wandgemälde sind bereits entstanden, allerdings bislang nur in größeren Städten. Erstmals gibt es nun ein solches Projekt im ländlichen Raum. Die Idee kam von Tobias Weingartz nachdem er in Bonn ein Gemälde des renommierten und weltweit anerkannten Urban Art-Künstlers Case Maclaim (eigentlich Andreas von Chrzanowski) gesehen hatte.
„Hilfsbereitschaft, Solidarität und Gemeinschaft“
Studierende von Alanus konnten sich im Rahmen des Wettbewerbs „Hilfsbereitschaft, Solidarität und Gemeinschaft“ für dieses Kunstprojekt bewerben. Eine siebenköpfige, interdisziplinäre Jury, die sich aus zwei Professoren der Alanus Hochschule, Bürgermeisterin Petra Kalkbrenner, Tobias Weingartz, Case Maclaim und Professorin Ingeborg Henzler vom Stiftungsvorstand zusammensetzte, wählte schließlich den Entwurf von Lukas Zimmermann aus.
Er hatte sich des Gemäldes „Reisende Künstlergesellschaft“ von Carl Spitzweg (1808 – 1885) angenommen. Das Originalbild hängt im Wuppertaler Von-der-Heydt-Museum. Als Mentor steht Lukas Zimmerman Case Maclaim zur Seite, der seit mehr als zwanzig erfolgreich in der Urban Art-Szene unterwegs ist. Wenn das Gemälde fertig ist, voraussichtlich am Sonntag, dürften Kunstliebhabern und -kennern viele Unterschiede zum Original ins Auge springen.
So hatte Spitzweg auf seinem Bild ein Pferd gemalt, an der Fassade der Grundschule wird aber ein Bauwagen zu sehen sein. Statt des Brunnens auf dem ursprünglichen Werk gibt es einen großen Wasserkanister und eine der dargestellten Figuren trägt eine rote Warnweste. Damit wird laut Lukas Zimmermann das Originalwerk in die Gegenwart transportiert, mit Gegenständen, die typisch waren für die Zeit, als viele Menschen spontan herbeieilten, um den Betroffen der Katastrophe zu helfen.
Lobende Worte der Schulleiterin
Aus der „Reisenden Künstlergesellschaft“ werde nun die „Reisende Flutopfergesellschaft“. Insgesamt wird eine Fläche von rund 60 Quadratmetern gestaltet. Zum Vergleich: Das Originalbild misst gerade einmal 42 mal 27,5 Zentimeter. Um die Fassade zu bemalen, bedienen sich die beiden Künstler Hubsteigern und gewöhnlicher Fassadenfarbe.
Lobende Worte gibt es auch von der Schulleiterin der Swistbachschule, Barbara Kolz, die aus ihrem Urlaub grüßte: „Ich freue mich, dass das Gebäude der Swistbachschule für dieses so wertvolle Kunstprojekt ausgewählt wurde. Das Wandgemälde direkt vor Ort bietet unserer Grundschule verschiedene Herangehensweisen für unseren Kunstunterricht: Graffiti-Kunst in Anlehnung an Case Maclaim, Umgestaltung von bestehender Kunst durch Schülerinnen und Schüler, Kennenlernen des Biedermeier, insbesondere Spitzweg und der Genre-Malerei. Kinder sind erfahrungsgemäß offen für die Vielfalt von Kunst.“
Eine Kuriosität am Rande: Die Swistbachschule wurde 1877 eröffnet. Carl Spitzweg malte sein Gemälde etwa im selben Zeitraum „um 1870“ zu Zeiten des Biedermeier.
In der zweiten Augustwoche startet das neue Schuljahr, bis dahin sollen die Sanierungsmaßnahmen abgeschlossen sein und die Schüler können zurück in ihre Klassenräume, so Petra Kalkbrenner.