Bonn/Ruppichteroth – Es war ein sonniger Herbsttag im Jahr 2020, an dem sich schicksalhaft die Wege von zwei Menschen gekreuzt haben: Ein 48-jähriger Außendienstler aus Ruppichteroth beendete seine Mittagspause an einem Imbiss an der Königswinterer Straße in Bonn und setzte sich in seinen Dienstwagen. Als er rückwärts aus der Parktasche fuhr, übersah er einen 65-Jährigen, der seinem alten Mofa unterwegs war – es kommt zur Kollision, bei der der Rentner stürzt, eine Hirnblutung erleidet und elf Tage später in der Uniklinik stirbt.
„Ich habe ihn einfach nicht gesehen“, beteuerte am Dienstag der 48-Jährige, der sich wegen des tödlichen Unfalls vor dem Amtsgericht verantworten musste. „Erst mit dem Knall habe ich ihn wahrgenommen.“ Der Schock saß noch tief bei dem Angeklagten, der mit dem Tod des Rentners schwer nur zurecht kommt.
Videobilder widerlegen Aussage des Angeklagten
Zugleich ist der 48-Jährige sicher, dass er langsam rausgefahren ist, mehrfach nach links und rechts geschaut hat, bevor er in einem Bogen über Gehweg und Fahrbahn auf die zweite Fahrspur gefahren ist.
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Aber ein Video des gegenüberliegenden Schrotthändlers widerlegt den Angeklagten: Auch wenn es kein „Kamikaze-Stil“ war, wie der Staatsanwalt ihm vorgeworfen hat, so ist er doch zügig auf die Straße gefahren, die damals durchaus befahren gewesen ist. Auch eine 38-jährige Zeugin aus Troisdorf, die in einem Autohaus arbeitet, hat ihn belastet: Zwar habe sie den Unfall nicht gesehen, da ein SUV ihr die Sicht versperrt hatte, aber sie habe „deutlich das laute Quietschen eines Autos gehört, das schnell rückwärts fährt.“ Dann hörte sie den Knall.
Mofafahrer fiel ins Koma
Der Rollerfahrer war zunächst ansprechbar gewesen, bis er ins Koma fiel. Die Witwe, die als Nebenklägerin im Prozess saß, erzählte nicht ohne Bitterkeit: „Ich bin von niemandem informiert worden. Als mein Mann abends immer noch nicht nach Hause gekommen ist, habe ich voller Sorge in Kliniken und bei der Polizei abgefragt, ob es irgendwo einen Unfall gab.“
Keiner habe ihr eine Antwort gegeben. Erst um 2 Uhr nachts kam ein Anruf von der Uniklinik: „Aber mein Mann ist nicht mehr zurückgekommen.“
Die Amtsrichterin hat den Unfallfahrer schließlich wegen fahrlässiger Tötung zu 7800 Euro (120 Tagessätze à 65 Euro) Geldstrafe verurteilt. „Sie haben Ihre Sorgfaltspflicht erheblich verletzt, als Sie trotz beeinträchtigter Sicht in einem Zug rausgefahren sind“, hieß es im Urteil. Er habe sich nicht ausreichend vergewissert, ob die Straße wirklich frei war.
Der Führerschein jedoch wurde dem Außendienstler, der jährlich rund 35.000 Kilometer fährt, nicht entzogen: Ein „Verkehrsrowdy“ sei der Angeklagte nicht, hieß es im Urteil: Er sei weder vorbestraft noch hat er – trotz der langen Fahrkarriere – eine einzige Eintragung im Verkehrsregister.