Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

CoronaBonner Händlern bricht der Umsatz weg

Lesezeit 4 Minuten
Neuer Inhalt

"Lieber öffnen" möchte Jens Fürnkranz sein gleich­na­mi­ges Be­klei­dungs­ge­schäft, "deutlich ge­rin­ge­ren Kun­den­zu­lauf" beklagt er dennoch.

Bonn – Obwohl sie öffnen dürfen, haben viele Bonner Händler im November massive Umsatzverluste erlitten. Die Frage ist also: Lohnt sich die Öffnung im November überhaupt? Immerhin können Betriebe, die wegen des Lockdown schließen müssen, durch die Corona-Hilfen der Regierung bis zu 75 Prozent ihres Umsatzes des letztjährigen Novembers erhalten.

„Aktuell machen wir etwa die Hälfte des Umsatzes vom November 2019“, gibt Erich Beiersdorf preis, Geschäftsleiter des Bonner Kaufhauses Sinn. „Von einem ’Lockdown light’ kann man daher meiner Meinung nach nicht reden“, findet Beiersdorf, der betont, dass in der ganzen Stadt durch die vielen geschlossenen Geschäfte deutlich weniger Kunden unterwegs seien. Laut seiner Frequenzzählanlage sei „die Kundenzahl morgens noch gut, aber nachmittags ab etwa 16 Uhr bricht sie dann ein“, erklärt der Geschäftsleiter (siehe Infokasten).

Jetzt gemeinsam durchstehen

Aktuell ist die Situation laut Beiersdorf zwar noch nicht existenzbedrohend, „wenn das aber lange so weitergeht, wird es für jeden Händler und alle Mitarbeiter eine ganz schwierige Situation“. Besonders problematisch sei zudem, dass November und Dezember durch das bevorstehende Weihnachtsfest „die wichtigsten Monate im Handel“ seien. „Wir müssen das jetzt alle gemeinsam durchstehen“, betont er. Ähnlich geht es dem Bekleidungsgeschäft „Wildezeiten“ von Inhaberin Heike Helbach. Sie glaubt, dass der Grund für die geringe Kundenzahl im November die gesellschaftliche Grundstimmung ist.

„Man spürt in der letzten Zeit eine allgemeine Verunsicherung auf allen Ebenen“, findet Helbach. „Lebensmittel braucht man, meine Artikel aber kauft man, wenn man sich gut fühlt“. Dass die niedrige Kundenfrequenz auch an der Angst vor einer direkten Ansteckung vor Ort liege, glaubt sie nicht. Schließlich befolge man diverse Corona-Regeln, es gibt Desinfektionsmittel am Eingang, Abstandsregeln (ein Kunde pro zehn Quadratmeter) und Maskenpflicht. Sie lasse zur Sicherheit sogar nur maximal fünf Kunden gleichzeitig in den Laden, weniger als sie dürfte. Zudem wird ständig durchgelüftet.

Stammkunden kommen weiter

Auch bei den Umkleidekabinen wird immer eine frei gelassen. Dies ist auch bei den anderen befragten Textilgeschäften der Fall, bei „TK Maxx“ sind sogar alle Umkleiden geschlossen, um den Infektionsschutz zu vergrößern. Anfragen dazu beantwortet der Filialist nicht.

Laut einer Umfrage fühlten sich die meisten der „Wildezeiten“-Kunden im Laden aber sicher, so Inhaberin Helbach. Es gebe auch weiterhin Stammkunden, die wie schon im ersten Lockdown in den Laden kommen, da ihnen der bekannte Händler wichtiger sei als der Internetanbieter. Demzufolge habe sie trotz der starken Einbußen im Umsatz derzeit keine Existenzängste und sei „froh, weiter öffnen zu können“. Sie glaube, dass das auch wirtschaftlich Sinn ergebe.

Zweifel, ob die Hilfszahlungen ankommen

Dieser Meinung ist auch Jens Fürnkranz, Inhaber des Bekleidungsgeschäfts „Fürnkranz“. Zwar könne es sein, dass die Erstattung von 75 Prozent des Vorjahresumsatzes mehr wären als der aktuelle Umsatz, jedoch sei die Frage, „ob diese Hilfszahlungen so auch ankommen und bleiben“, gibt er zu bedenken. Schließlich müsse man die 9000 Euro Hilfszahlungen der Regierung aus dem ersten Corona-Lockdown zwischen März und Mai komplett zurückzahlen.

Grund dafür: Im Mai, nach dem Lockdown, seien die Zahlen des Geschäfts zu gut gewesen. „Da strengt man sich an, damit alles wieder gut läuft, und muss dann alles zurückzahlen. Das ist schon frech“, findet Fürnkranz. „Daher ist uns lieber zu öffnen“. Dennoch bemerkt auch er den „deutlich geringeren Kundenzulauf“.

Hygiene- und Abstandsmaßnahmen haben sich bewährt

Doch nicht nur Modegeschäfte, auch andere Händler klagen über Umsatzrückgänge. Angst vor Corona-Ansteckungen müssen Kunden jedoch nicht unbedingt haben, findet Karina Kröber von City-Marketing Bonn e.V.: „Die Erfahrung zeigt, dass der Einzelhandel kein Hotspot ist. Im Gegenteil: Die Hygiene- und Abstandsmaßnahmen haben sich bewährt und wurden beständig weiterentwickelt. Unsere Kunden können sich in den Geschäften also absolut sicher fühlen.“

Auch Gisbert Weber, Vorsitzender der Wirtschafts- und Gewerbegemeinschaft Hardtberg, appelliert daher „an alle Kundinnen und Kunden: „Halten Sie dem Einzelhandel die Treue und kaufen Sie Ihre Weihnachtsgeschenke vielleicht in diesem Jahr schon früher ein.“

Die Zahl der Passanten in der Remigiusstraße hat das Unternehmen „Hystreet“ mit Sitz in Köln gemessen. Zwischen 15 und 16 Uhr ist hier laut Messung die Anzahl der Passanten mit durchschnittlich 5009 am höchsten, danach fällt sie ab.

Das könnte Sie auch interessieren:

Und auch der Vergleich zum Vorjahr ist eindeutig: Während am Samstag, 23. November, des letzten Jahres 66 469 Passanten gezählt wurden, waren es am vergangenen Samstag (21. November) nur 30 853 Personen, also weniger als die Hälfte.