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Region Bonn/Rhein-SiegAusbildung bleibt während Corona-Krise auf der Strecke

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Azubi Symbolbild dpa

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Bonn – Die Folgen der Corona-Pandemie schlagen kräftig auf den Ausbildungsmarkt der Region Bonn/Rhein-Sieg durch. Der Agentur für Arbeit wurden für das Ausbildungsjahr, das im September begonnen hat, 4926 Ausbildungsstellen gemeldet. Das sind zehn Prozent weniger als im Vorjahr. Die Zahl der ausbildungswilligen Bewerber, die sich bei der Agentur gemeldet haben, sank ebenfalls gegenüber dem Vorjahr um 8,7 Prozent auf 5144.

Den Rückgang der Bewerber führt Stefan Krause, Vorsitzender der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Bonn/Rhein-Sieg, vor allem auf den Ausfall von Beratungsterminen an Schulen und Berufsorientierungsmessen zurück: „Vor den Sommerferien waren wir an den Schulen nicht so stark vertreten“.

Krause will deshalb gemeinsam mit der Industrie- und Handelskammer Bonn/Rhein-Sieg, der Kreishandwerkerschaft Bonn/Rhein-Sieg und der Handwerkskammer zu Köln in den kommenden Wochen weitere Anstrengungen unternehmen, um noch für einen Ausbildungsbeginn bis zum 1. Februar 2021 zu werben.

Handwerk schließt mehr Verträge ab

Besonders auffällig ist in diesem Jahr der Unterschied zwischen Handwerk einerseits und den Berufen aus Handel und Industrie andererseits. Das Handwerk in Bonn und dem Rhein-Sieg-Kreis hat nämlich mehr Lehrverträge abgeschlossen als im Vorjahr und sich damit auch deutlich gegenüber anderen Regionen abgesetzt. Die Zahl von 1463 neuen Ausbildungsverträgen reicht fast an den Spitzenwert des Jahres 2018 heran, als es 1533 Verträge waren. 2015 waren es beispielsweise nur 1390. Oliver Krämer, Hauptgeschäftsführer der Kreishandwerkerschaft, geht davon aus, dass die Betriebe sehr genau wüssten, dass Ausbildung das wichtigste Mittel zur Deckung des Fachkräftebedarfs sei. Die Firmen hätten sich offensichtlich von den aktuellen Schwierigkeiten infolge der Corona-Pandemie nicht beeinflussen lassen. Da die Margen im Handwerk eng seien, könne man Fachkräfte kaum aus anderen Branchen abwerben, sondern müsse selbst ausbilden.

„Die Region Bonn/Rhein-Sieg erweist sich einmal mehr als überdurchschnittlich starker Wirtschaftsraum“, sagte Markus Eickhoff, Leiter der Geschäftsstelle Bonn der Handwerkskammer zu Köln. In Köln und den angrenzenden Kreisen seien im Handwerk weniger Verträge abgeschlossen worden als im Vorjahr. Das Ausfallen von Ausbildungsmessen und -börsen, Praktika sowie beruflicher Orientierung in Schulen habe den Abschluss der Lehrverträge um etwa acht Wochen nach hinten verschoben.

Deutliches Minus bei Berufen

Bei den Berufen der IHK gab es hingegen ein deutliches Minus. 2480 neue Ausbildungsverträge, ein Minus von 16,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. „Wie der Vergleich der unbesetzten Ausbildungsstellen mit den unversorgten Bewerbern zeigt, kommen Angebot und Nachfrage in Zeiten der Corona-Pandemie nicht zusammen“, sagt Jürgen Hindenberg, Geschäftsführer Berufsbildung und Fachkräftesicherung der IHK. 519 unbesetzten Ausbildungsstellen stehen 252 unversorgte Bewerber gegenüber. „Dann erkennt man nämlich, dass die unbesetzten Ausbildungsplätze um 54,9 Prozent zugenommen haben“, so Hindenberg. Es sei wichtig, dass Betriebe weiter Schülerpraktika und Berufsfelderkundungen anbieten. Die Prozesse im Übergang Schule-Beruf sind laut Hindenberg „ein analoger Monolith“. Eine systematische Neujustierung sei notwendig. Für viele medienaffine Schüler seien Online-Angebote bei der Ausbildungsplatzsuche attraktiver und leichter handhabbar als Messen oder Speed-Datings in Präsenz-Form. Allerdings bestehe bei einer Umorientierung die Gefahr, dass Bewerber aus sozial schlechter gestellten Familien im Bewerbungsprozess verloren gingen, weil sie von sich aus aktiv werden müssen und ihnen zum Großteil die technische Ausstattung fehle.

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Markus Eickhoff, Leiter der Geschäftsstelle Bonn der Handwerkskammer zu Köln