Seit Tagen „nur noch geklotzt“Viel Arbeit für Meckenheims Friseure vor dem Lockdown
Meckenheim – „Mach es lieber noch ein bisschen kürzer, man weiß ja nie, wie lange der Lockdown dauert.“ Ralph Brinkmann nimmt Schere und Kamm noch mal in die Hand und schneidet einige Millimeter mehr ab von den grauen Haarspitzen seines Stammkunden Hans Christoph Pakleppa. Der Meckenheimer hatte bei Haar- und Photodesign Brinkmann am Dienstag noch einen der heiß begehrten Termine ergattert, bevor der Friseur heute seinen kleinen Salon an der Meckenheimer Bahnhofstraße schließen muss. Seit klar wurde, dass Handel und Dienstleistungen wieder heruntergefahren werden, hat der Haarstylist „ununterbrochen gearbeitet“, wie er sagt – auch am Sonntag.
Noch schnell schön vor Weihnachten
Niemand möchte ungepflegt unter dem Christbaum sitzen, und so hat Brinkmann in den vergangenen Tagen versucht, noch so viele Terminwünsche wie möglich zu erfüllen. „Eigentlich dachte ich, der Lockdown käme schon am Montag“, erzählt der „Bönnsche Jung“ Brinkmann. Auch deshalb habe er am Samstag und Sonntag jeweils neun Stunden lang Haare gewaschen, geschnitten, gefärbt, getönt, gesträhnt und gestutzt. „Am Samstag hab ich ab 8 Uhr den fröhlichen Wecker in Meckenheim gespielt, um neue Termine auszumachen“, schmunzelt Brinkmann. „Mancher mag sich gewundert haben, dass der Frisör Samstagmorgen anruft.“
Schon im ersten Lockdown habe es Anfragen von Kunden gegeben, er möge doch mit Scherenset und Colorationen bei ihnen zu Hause vorbeikommen und wieder für Ordnung im Haupthaar sorgen. Aber das lehnt Ralph Brinkmann dankend ab: „Wir haben ein absolutes Verbot. Daran halte ich mich.“
Ansturm ebbt allmählich ab
Am Dienstag sei der erste Tag gewesen, an dem spürbar geworden sei, dass der große Ansturm vor dem Runterfahren vorbei ist. „Es haben nur noch wenige Leute freundlich angefragt, ob ein Termin möglich sei“, erzählt Brinkmann. Einige bieten auch an, mit gerade gewaschenen, nassen Haaren vorbeizukommen, so dass der Friseur nur noch schneiden muss. Aber auch das geht nicht: „Waschen ist coronabedingt Pflicht“, sagt Brinkmann.
Hans Christoph Pakleppas Haar sitzt wieder top, er zahlt, auch ein Trinkgeld für den Chef, dankt und geht nicht ohne die besten Wünsche für die bevorstehenden Festtage. Die nächste Stammkundin ist an der Reihe. Die ältere Dame hat, wie Brinkmann selbst, großes Verständnis für den Lockdown, er hätte aus ihrer Sicht aber schon früher beginnen sollen.
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„Ich habe vorgearbeitet“, so Brinkmann, „habe meine Januar-Kosten zu 80 Prozent drin“. Er habe dafür aber auch seit 1. Dezember „nur noch geklotzt“. Er wolle nicht bibbern müssen, so der Friseurmeister – und wird nachdenklich. Viele hätten heutzutage nicht mehr gelernt, Rücklagen zu bilden. In der Krise habe er aber auch Entgegenkommen gespürt. Sein Vermieter beispielsweise habe ihm im ersten Lockdown eine Monatsmiete erlassen, eine starke Geste, wie er findet. Was die staatlichen Zuwendungen betrifft, kann Brinkmann mitunter nur den Kopf schütteln. Von den 9000 Euro Soforthilfe habe er einiges nicht verbraucht, müsse die Restsumme aber jetzt zurückzahlen, statt sie für diesen zweiten Lockdown behalten zu können. Die Hilfe müsse wieder neu beantragt werden.
Weil Ralph Brinkmann ein fröhlicher Mensch ist, kann er der unverhofften Freizeit vor den Feiertagen natürlich etwas abgewinnen: „Ich kann meine zweite große Leidenschaft vollends ausleben“, sagt der begeisterte Landschaftsfotograf und zeigt auf seinen neuen Jahreskalender mit Motiven aus der Region. Er verschenkt den Jahresbegleiter gerne, einer hänge sogar in Dubai . Tausende Follower auf Instagram und Facebook begeistern sich bereits für seine Galerie.
Und wie feiert er Weihnachten? „Ganz ruhig“, sagt Ralph Brinkmann. „In ganz kleinem Kreis. Ich will das jetzt mal komplett durchziehen und Verzicht üben.“