Trübes BildTrockenheit und Borkenkäfer setzten auch Meckenheimer Kottenforst zu
Meckenheim – Kahlgefressene Bäume, abgestorbene Äste und sturmgeschädigte Lichtungen, auf denen früher grüner Fichtenwald stand: Spaziergängern bietet sich im Kottenforst gerade ein trübes Bild. Der Grund für die große Anzahl grauer Holzgerippe und baumfreier Stellen ist der Klimawandel, der sich mit Hitzewellen und Stürmen sowie Starkregenereignissen gefolgt von Überschwemmungen bemerkbar macht.
Hinzu kommt, dass die durch Trockenheit gestressten Fichten auch in diesem Jahr nicht in der Lage waren, die Unmengen von Borkenkäfern abzuwehren, die sich als Folge der Dürrephasen explosionsartig vermehrt haben. Die Larven der Borkenkäfer schädigen Bäume, indem sie Gänge in das Gewebe unter der Rinde fressen und auf diese Weise den Wassertransport nach oben unterbrechen. Die Bäume, die wegen der starken Hitze nicht genug Harz produzierten, vertrocknen.
„Mit einigen Käfern kann die Fichte umgehen. Die werden zugeharzt“, erläutert Uwe Schölmerich, Leiter des Regionalforstamtes Rhein-Sieg-Erft, dem mit 27 Revieren und einer Waldfläche von etwa 60 000 Hektar zweitgrößten Regionalforstamt in NRW. Mit Hunderten der unauffällig hell- bis dunkelbraun gefärbten Krabblern sind allerdings selbst gesunde Bäume ohne Wassermangel überfordert: „Wenn 700 Borkenkäfer auf eine Fichte gehen, schafft sie das nicht.“
Ein Ende des Wassermangels ist nicht in Sicht
Von den Schäden des dritten Trockenjahres in Folge ist die Fichte flächenmäßig zwar am stärksten betroffen, zumal die warme Witterung die seit 2018 anhaltende Vermehrung des Borkenkäfers noch förderte, doch sind inzwischen auch andere Baumarten in Mitleidenschaft gezogen. Schäden seien beispielsweise an der Buche zu beobachten, und zwar weit über die übliche Reaktion auf Trockenheit hinaus. „Wir haben viele alte, kaputte Buchen“, bemerkt der Forstingenieur und beschreibt von ihm beobachtete Blattverfärbungen vor allem in den oberen, ungeschützten Bereichen als Reaktion auf intensive Sonneneinstrahlung.
Trockenheit und extreme Hitze von April bis August mit Temperaturen über 40 Grad Celsius führten in diesem Jahr nicht nur zum Absterben von Bäumen in Alt- und mittelalten Beständen, sondern erneut zu einer weiteren dramatischen Vermehrung der Borkenkäferpopulation. Ein Ende des Wassermangels im Wald ist nicht in Sicht, die unteren Bodenschichten seien trotz des feuchten Novembers noch ungewöhnlich trocken, konstatiert der Fachmann, bei dem auch in diesem Jahr wieder Tausende Festmeter Fichtenschadholz angefallen sind: „Der Boden ist bis auf 1,80 Meter immer noch viel zu trocken.“ Die Schwächung und Schädigung der Wälder durch Trockenheit, Stürme und Borkenkäfer bedeutet für die Forstleute eine große Herausforderung. Ihnen fällt nun die Aufgabe zu, die Wälder fit für weitere Extremereignisse zu machen.
Die Schäden
Nur jede achte Fichte im Staatswald Kottenforst und im Revier Buschhoven lebt noch. Von den rund 3300 Hektar Wald entfallen eigentlich 15 Prozent auf Fichten. Doch Ende 2017 gab es laut Forstamtsleiter Uwe Schölmerich in beiden Revieren nur noch 160 000 Festmeter Fichte, von denen aktuell noch etwa 40 000 übrig sind. Die Hälfte sei allerdings abgestorben und „steht ohne Nadeln in der Gegend“. Geht man davon aus, dass ein Festmeter ungefähr einem Baum entspricht, gibt es momentan noch 20 000 gesunde Fichten als einzelne Gruppen. Fichtenmonokulturen sind weitgehend verschwunden. Dies ist laut Schölmerich ein weiterer Beleg dafür, dass Mischwälder widerstandsfähiger sind als Monokulturen und es den Bäumen darin besser geht.
Hilfreiche Tipps und fachliche Empfehlungen bietet auch für private Waldbesitzer das vor kurzem vom Umweltministerium veröffentlichte „Wiederbewaldungskonzept NRW“. Ziel sei der vielfältige Mischwald mit mindestens vier unterschiedlichen Baumarten in verschiedenen Altersstufen, so Schölmerich, der gerade an verschiedenen Stellen Gruppen von Stieleichen, Winterlinden, Esskastanien und Weißtannen pflanzt. Erkennbar sind diese Initialpflanzungen an rot gekennzeichneten Pflöcken.
Gleichzeitig gelte es, wo immer möglich, Strukturen zu erhalten und Naturverjüngung zu ermöglichen. Damit das Wild nicht die Setzlinge auffrisst, sollen die Bestände angepasst werden. Heißt: höhere Abschusszahlen. Aus diesem Grund werden auf freien Flächen Hochsitze errichtet, wie etwa entlang der Autobahn 565 von Meckenheim Richtung Bonn: „Man muss die Flächen, die sich auf natürliche Weise regenerieren sollen, intensiver bejagen, um die Bäume zu schützen“, sagt der Forstamtsleiter.
Lichtungen ziehen Bienen und Falter an
Profiteure der vom Menschen als dramatisch empfundenen klimatischen Entwicklungen sind aktuell tatsächlich die Insekten, die von den freien Flächen angelockt werden. Bienen und lichtliebende Falter etwa würden von Weidenröschen, Fingerhut, Brombeere und Co. angelockt, die sich auf den sogenannten „Schadflächen“ gerne ansiedeln, führt Uwe Schölmerich aus: „Die Natur kennt nur Dynamik, und die ist jetzt dramatisch eingetreten.“ Und warum kann man den Wald dann nicht einfach sich selbst überlassen? „Wenn wir den Anforderungen der Gesellschaft in puncto Naturschutz, Erholung und nachhaltigem Bauen nachkommen wollen, müssen wir uns jetzt um eine nachhaltige Waldwirtschaft kümmern“, bringt es der Förster auf den Punkt.
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Und was können wir selber tun, um unseren Wald auch in den kommenden Jahrzehnten genießen zu können? „Auf Flugreisen und Autofahren verzichten und regional einkaufen“, rät Schölmerich, der etwa sein eigenes Haus inzwischen mit einer Solaranlage ausgestattet hat. Hilfreich sei ebenfalls ein gewisses Maß an Toleranz gegenüber nachhaltiger Holznutzung oder Windrädern: „Nachhaltige Waldwirtschaft ist sinnvoll und mehr als Sicherstellung von Baumaterial.“