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Nach AmoklaufSchütze von Meckenheim fiel durch Hass auf

Lesezeit 3 Minuten

Beamte sichern Spuren an Häusern, die von den Projektilen getroffen worden waren. 

Meckenheim/Wachtberg – Der 44 Jahre alte Amokläufer, der am Sonntagabend in Meckenheim zahlreiche Schüsse abgab, einen Polizeibeamten verletzte und Autos wie Häuser beschädigte, war der Vorsitzende des Vereins „Sportschützen Wachtberg 2018 e.V.“ Anders, als die Polizei zunächst vermutete, sind aber alle fünf scharfen Waffen, die der Mann besaß, in der Waffenbesitzkarte eingetragen, die er als Sportschütze hatte. Bis zu dem Moment, an dem der Meckenheimer ausrastete und mit den geladenen Waffen auf die Straße ging, hatte offenbar also alles seine Ordnung.

Waffen waren regelkonform eingetragen

Die Staatsanwaltschaft sieht deshalb auch nicht mehr viel Ermittlungsbedarf. Den mit aufgesetzter Waffe ausgeführten Schuss, der ihn letztlich tötete, müsse er selbst abgefeuert haben, schloss sie. Die beiden anderen Schüsse, die ihn verletzten, seien von Spezialeinheiten der Polizei abgefeuert worden. Auch die Untersuchung der sichergestellten Waffen lässt den Ermittlungsdrang erlahmen: Zwei Langwaffen, die in der Wohnung des Toten gefunden wurden, waren ein Luftgewehr und eine Soft-Air-Waffe für den Sportbetrieb, aber keine scharfen Großkaliberwaffen, wie die Polizei auf den ersten Blick vermutet hatte. Die Messer, eine Machete und eine Axt, die in seinem Fundus entdeckt worden waren, scheinen ebenfalls keine weiteren Ermittlungen notwendig zu machen.

In Zahlen

5000 Waffenbesitzer sind bei der Kreispolizeibehörde des Rhein-Sieg-Kreises registriert. Für sie sind laut dem Bonner Polizeisprecher Robert Scholten fast 27. 000 Waffen eingetragen. Die Verwaltung sitzt für den linksrheinischen Rhein-Sieg-Kreis im Polizeipräsidium. (mfr)

Wie Polizeisprecher Robert Scholten ausdrücklich bestätigte, waren auch die beiden Kurzfeuerwaffen, mit denen der Mann am Sonntagabend um sich geschossen hatte, regelkonform eingetragen.

Diese Eintragungen erfolgen für den linksrheinischen Rhein-Sieg-Kreis bei der Kreispolizeibehörde, einer Verwaltungseinheit im Polizeipräsidium Bonn. Sportschützen müssen zum Erhalt einer Genehmigung für den Besitz einer Waffe und deren ungeladenen Transport zu einer Sportstätte ein „Bedürfnis“ nachweisen. Dazu führen sie ein Schießbuch mit den regelmäßigen Nachweisen über ihre Teilnahme an Veranstaltungen und Trainings. Das daraus abzuleitende Bedürfnis, eine Sportwaffe besitzen zu dürfen, prüft letztlich einer der zugelassenen Sportverbände, in diesem Fall der Bund Deutscher Sportschützen, dessen Präsident gestern jedoch nicht zu einer Stellungnahme zu erreichen war.

Warum rastete er derart aus?

Der Verein, der die Ortsbezeichnung Wachtberg im Namen führt, ist von seiner Gründung an unter der Wohnadresse des nun toten Vorsitzenden in Meckenheim eingetragen. Obgleich der Verein die Jahreszahl 2018 im Namen führt, wurde er erst am 21. Januar 2019 im Bonner Vereinsregister verzeichnet. Vom Schießkino in Wachtberg, wo auch zahlreiche Jäger trainieren, wollte am Dienstag niemand mit dem Verein des Amokschützen zu tun haben.

Polizeikräfte dokumentierten Einschusslöcher und die damit verbundenen Schäden an Gebäuden.

Die Anmeldung eines Schützenvereins mit einem Ortsnamen, der nicht mit dem Vereinssitz übereinstimmt, scheint nicht ungewöhnlich zu sein. So haben die Sportschützen Bonn zum Beispiel ihren Sitz in Wachtberg.

Bleibt die Frage warum ein Mann so ausrastete, wie der 44-Jährige an jenem Abend? Der Stuckateurmeister, der seinen Beruf in Rheinbach gelernt und sich in Bonn fortgebildet hatte, arbeitete laut den Beobachtungen von Nachbarn viel und lange. Am Sonntagabend soll er aber „deutlich alkoholisiert“ gewesen sein. Dafür hat die Polizei, wie Scholten bestätigte, Anhaltspunkte. Genaueres muss die Obduktion durch Rechtsmediziner ergeben, deren Ergebnis am Dienstag aber noch ausstand.

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Die Polizei sucht weiter im privaten Umfeld des Toten nach der Ursache für eine augenscheinliche Kurzschlussaktion. Nichts deutet auf eine Vorbereitung der Tat hin. „Es haben sich bislang keine Hinweise auf einen beispielsweise politisch motivierten, religiösen oder anderen Hintergrund ergeben“, teilte die Polizei mit. Allerdings hat der Mann im Internet immer wieder Beiträge über junge ausländische Gewalttäter, Muslime und gegen Flüchtlinge geteilt, ebenso über Polizeieinsätze gegen Angreifer, auch einige aus seiner russischen Heimat.