Verbindlichkeiten in MillionenhöheStreit um Lohn auf Spargelhof Ritter geht weiter
Bornheim – Die allermeisten der etwa 250 rumänischen Erntehelfer des insolventen Ritter-Betriebs haben am Donnerstagmittag das Containerdorf im Ühlchen verlassen. Einige fanden auf anderen Höfen eine neue Arbeit, viele der Frauen und Männer wollten aber nach den Aufregungen der letzten Tage zurück nach Rumänien.
„Dieses Jahr ist es hier extrem schwierig gewesen“, meinte eine 51-jährige Rumänin, die seit elf Jahren zur Spargel- und Erdbeerernte nach Bornheim gekommen war. Am Ende sei für sie die ganze Angelegenheit gut ausgegangen. „Ich habe gestern meinen komplett noch ausstehenden Lohn bekommen“, sagte sie, „nächstes Jahr komme ich wieder“. Andere Erntehelfer wollen erst einmal in Deutschland bleiben: So freute sich eine Gruppe von etwa zehn Rumänen, als es für sie am Donnerstag zu einem neuen Betrieb ins Ahrtal ging.
Wie es bei einer Pressekonferenz der Gewerkschaft Freie Arbeiter Union (FAU) vor Ort hieß, warten immer noch etwa 50 bis 60 Rumänen im Containerdorf auf eine weitere Vermittlung oder auf ihre Heimreise. Die Gewerkschaft hat sich nach eigenen Worten vorgenommen, alle rechtlichen Ansprüche einzuklagen, die durchsetzbar sind. Mehr als 100 rumänische Saisonkräfte hätten eine Vollmacht dafür unterschrieben.
Dass sich die Situation für viele der rumänischen Arbeiter nach einem Streik und tagelangem Protest doch noch zum Guten wendete, schrieb FAU-Sprecher Eric Hagedorn in erster Linie deren Mut zu. Geholfen habe auch, dass am Mittwoch die rumänische Arbeitsministerin Violeta Alexandru nach Bornheim gekommen war. Im Vorfeld ihres Besuchs seien Toiletten geputzt und der Müll mit dem Bagger vom Hof gekarrt worden.
Christian Leye, Landessprecher der Linken in NRW, kritisierte gestern, dass die Düsseldorfer Landesregierung sich für die „unhaltbaren Zustände“ bei Spargel Ritter überhaupt nicht interessiert habe.
Deutlich weniger Geld im Umschlag überreicht
Laut der von der Gewerkschaft eingeschalteten Fachanwälten für Arbeitsrecht, Harald Klinke und Stefan Hübner, seien die Lohnzahlungen nach dem Besuch der Arbeitsministerin am Mittwoch nach „Wildwestmethoden“ abgelaufen. So seien die Erntehelfer in Bussen in die Felder und auf öffentliche Parkplätze gefahren worden, wo ihnen Umschläge mit Geld überreicht worden seien; meist deutlich weniger als vertraglich vereinbart, so die Juristen. 200 Arbeiter hätten ihre Abrechnungen prüfen lassen, die Abweichungen seien für den Juristen bisher nicht nachvollziehbar.
Es würden weitere Unterlagen vom Insolvenzverwalter benötigt, der selbst betont habe, dass allen Erntehelfern der gesetzliche Mindestlohn von 9,35 Euro gezahlt worden sei. Laut Klinke und Hübner sollen deutsche Helfer bei der Erdbeerernte auf den Ritter-Feldern zehn Euro erhalten. Diese Ungleichbehandlung von deutschen und rumänischen Arbeitnehmern für die gleiche Arbeit müsse der Insolvenzverwalter ebenfalls erklären.
Das könnte Sie auch interessieren:
Der wiederum ist auf die Freie Arbeiterinnen- und Arbeiter-Union nicht gut zu sprechen. Aktivisten seien mit Erntehelfern über die Felder gezogen und hätten dort arbeitende Erntehelfer angegangen. So schildert es der Sprecher des Insolvenzverwalters Dr. Andreas Schulte-Beckhausen. Dies sei auch der Grund gewesen, allen Helfern zu kündigen, weil deren Sicherheit nicht mehr garantiert werden konnte. Bis auf sechs Mitarbeiter, die schon abgereist waren, hätten jetzt alle Helfer ihr Geld bekommen, der Betrieb sei geschlossen. Es gebe einen Interessenten, der Obst und Gemüse auf eigene Faust ernten würde. Eine Einigung stehe noch aus.
Jetzt werden die Vermögensgegenstände geprüft und es wird eine Quote errechnet, was jeder Gläubiger zu bekommen hat. Die Rede ist von angemeldeten Forderungen in Höhe von zehn Millionen Euro, Schulte-Beckhausen habe schon 14 Millionen Euro ermittelt.
Er widerspricht auch Angaben, die Arbeiter hätten zu wenig Lohn bekommen, und legt seine Berechnung vor: Demnach wurden 39 857 Arbeitsstunden geleistet, dafür wurde eine Bruttolohnsumme von rund 562 136 Euro fällig; 14,10 Euro sei der durchschnittliche Bruttostundensatz. Davon seien 11,15 Euro ausgezahlt worden. Sechs Euro gingen pro Tag ab für die Unterkunft, sieben Euro für die Verpflegung. (mkl/jr)